Von der Aussaat…
Die wärmeliebende Sojapflanze kommt ursprünglich aus China und wird seit vielen Jahrzehnten in Österreich angebaut. Verstärkt findet man die Pflanze vor allem seit den 1990er Jahren auf heimischen Äckern. Seither hat sie eine steile Karriere hinter sich: In den vergangenen Jahren ist die Sojafläche deutlich gewachsen und belegt mittlerweile nach Mais, Weizen und Gerste Rang 4 der Anbaufläche. Dieser Anstieg ist etwa auf die hohe Nachfrage nach GVO-freien Sojabohnen zurückzuführen. In Österreich spielt Bio-Soja eine wichtige Rolle: Hierzulande wurden 2020 fast 40 Prozent der Soja-Flächen biologisch bewirtschaftet.
Die Sojabohne zählt zu den Leguminosen wie etwa auch Wicken, Erbsen, Lupinen, Bohnen und Kleearten. Das Besondere an dieser als Hülsenfrüchtler benannten Familie sind ihr hoher Eiweißgehalt und die damit verbundenen essenziellen Aminosäuren, die sowohl für die menschliche als auch für die tierische Ernährung bedeutend sind. Außerdem sind Leguminosen dank der Knöllchenbakterien im Wurzelbereich in der Lage, Stickstoff aus der Luft zu binden.
Soja und andere Leguminosen bieten an ihren Wurzeln Knöllchenbakterien Heimat und Nahrung. Diese holen im Gegenzug den Stickstoff aus der Luft und stellen ihn der Pflanze zur Verfügung. Stickstoff ist ein wichtiger Nährstoff und für das Wachstum der Pflanzen essenziell. Damit die Feldkulturen wachsen, bringen viele Bäuerinnen und Bauern Stickstoff als Dünger aus. Werden jedoch Leguminosen wie Soja in der Fruchtfolge berücksichtigt, führt dies zu einem niedrigeren Bedarf an Stickstoffdünger. Der Anbau von Leguminosen kann dadurch die CO2-Bilanz verbessern: Die Stickstoffdüngung steht oft in Kritik, denn sie ist gemäß offiziellen Berechnungen für rund 25 Prozent der gesamten direkten Treibhausgasemissionen der EU-Landwirtschaft zuständig.
Durch den hohen Eiweißgehalt der Sojabohne wird bei der Ernte viel Stickstoff vom Acker abgeführt. Bei anderen Leguminosen wie Ackerbohnen und Erbsen bleibt mehr Stickstoff für die Folgekultur im Boden vorhanden. Bei diesen kann somit ein Teil der Stickstoffdüngung auch bei der nachfolgenden Pflanze eingespart werden.
Zudem führt die Einbindung von Leguminosen in Fruchtfolgen zu einer verbesserten Bodenbeschaffenheit. So lockern die Pfahlwurzeln beispielsweise den Boden auf natürliche Weise auf.
Soja in der Fruchtfolge
Obwohl Soja selbstverträglich ist, sollte eine Fruchtfolge eingehalten werden. Selbstverträglichkeit bedeutet, dass die Pflanze auch nach mehrjährigem Anbau auf demselben Feld nur wenig empfindlich gegenüber Fruchtfolgekrankheiten ist. Werden Kulturen über mehrere Jahre hinweg auf demselben Acker angebaut, können bestimmte Schädlinge wie etwa Nematoden bei Zuckerrüben oder Krankheiten wie Kohlhernie bei Senf verstärkt auftreten.
In Soja-Kulturen kann bei zu enger Fruchtfolge die Pilzkrankheit Sclerotinia vorkommen. Deshalb wird eine Anbaupause von drei bis vier Jahren empfohlen. In diesem Zeitraum sollten auch keine anderen Leguminosen angebaut werden, da sie das Auftreten von Krankheiten begünstigen können.
An die Vorfrucht – also die Pflanze, die im Vorjahr auf dem Acker wächst – stellt Soja keine besonderen Ansprüche, außer: Der Stickstoffvorrat im Boden soll möglichst gering sein, damit sich die Knöllchenbakterien gut entwickeln können. Zudem ist vor allem für Bio-Betriebe eine Vorkultur hilfreich, die das Unkraut gut unterdrückt. Wildkräuter und -gräser können im Sojaanbau eine besondere Herausforderung darstellen. Das liegt daran, dass die jungen Sojapflänzchen zu Beginn eher langsam wachsen und daher leicht von schnell sprießendem Unkraut unterdrückt werden können.
Eine in Österreich beliebte Fruchtfolge ist: Mais – Soja – Wintergetreide. Soja hinterlässt einen lockeren und gut durchlüfteten Boden, der sich für Getreide eignet. Bei Bio wiederum wird statt Mais vor Soja eher Wintergetreide oder andere Kulturen, die Unkraut unterdrücken, angebaut.
Aussaat ohne Düngung
Da Soja eine sehr wärmeliebende Pflanze ist, wird sie erst in der Zeit zwischen Mitte April und Anfang Mai ausgesät. Im Bioanbau erfolgt die Aussaat etwas später. Zu diesem Zeitpunkt entwickelt sich die Pflanze bereits etwas schneller und Unkräuter auf dem Feld werden besser unterdrückt.
„Beim Anbau von Soja spielt die Bodentemperatur eine wichtige Rolle. Je wärmer der Boden, desto schneller wächst die Pflanze: Deshalb wird im Bio-Bereich später angebaut – jedenfalls sollte es im Boden mindestens für mehrere Tage zehn Grad haben“, erklärt Marion Gerstl, Bioberaterin der Boden.Wasser.Schutz.Beratung Landwirtschaftskammer Oberösterreich.
Während beim konventionellen Anbau auch die Drillsaat Anwendung findet, wird beim Bioanbau vor allem auf eine Einzelkornsaat gesetzt. Durch die gerade Anbaureihe der Körner und den größeren Reihenabstand ist die mechanische Unkrautbekämpfung bei der Einzelkornsaat leichter möglich. Auf einem Hektar werden bis zu 150 Kilogramm Soja-Saatgut ausgebracht, was wiederum ungefähr 40 bis 70 Pflanzen pro Quadratmeter ergibt.
Bei vielen Pflanzen wie beispielsweise Getreide, Kartoffeln, Mais oder Zuckerrüben wird vor dem Ansäen eine Stickstoffdüngung ausgebracht. Da Soja aber rund 80 Prozent des Stickstoffbedarfes über die Knöllchenbakterien deckt, ist weder ein entsprechender mineralischer noch ein Wirtschaftsdünger notwendig. Im Gegenteil: Eine Stickstoffdüngung würde sogar die Entwicklung der Knöllchenbakterien nachteilig beeinflussen.
Fehlt jedoch zu Beginn der Blüte der Knöllchenansatz, wird in seltenen Fällen nachgedüngt. Die Entwicklung der Knöllchenbakterien kann etwa durch eine unzureichende Beimpfung des Saatgutes, Trockenheit bei der Aussaat oder zu viel Stickstoff im Boden beeinträchtigt werden. Meist kann der entstandene Startnachteil trotz einer Nachdüngung nicht mehr ausgeglichen werden und widerspiegelt sich am Ende in einem niedrigeren Ertrag.
Auch auf die Düngung von Phosphor und Kalium kann bei gut versorgten Böden verzichtet werden. Teilweise wird Kalk gedüngt, der einen zu niedrigen pH-Wert des Bodens etwas korrigieren kann.
Weiters ist Soja eine Pflanze, die Cadmium und Nickel verstärkt aufnehmen kann. Diese zwei Schwermetalle können natürlicherweise im Boden vorhanden sein, aber auch durch Düngemittel oder Klärschlamm in den Boden eingebracht werden.
Je nach Sojasorte können die Wuchshöhe, der Reifezeitpunkt und weitere Merkmale, wie etwa die Aufnahmefähigkeit von Cadmium, stark variieren. Dies ist auf die Züchtungen zurückzuführen, die es in Österreich in einer großen Vielfalt gibt.
Züchtung auf Erfolgskurs
In der österreichischen Sortenliste sind derzeit 84 Sojasorten eingetragen, wovon ein Großteil auch hierzulande gezüchtet wurde. Das ist eher eine Besonderheit und auf einen bestimmten österreichischen Forscher zurückzuführen: Friedrich Haberlandt.
Die Züchtungsarbeit erfolgt in Österreich nicht wie in vielen anderen Ländern mit der Hilfe von Gentechnik, sondern durch Kreuzungszüchtung. Durch gezielte Kreuzung wird versucht, die gewünschten Eigenschaften zweier Sojapflanzen zu vereinen. Dies setzt eine sehr vorsichtige Arbeit voraus: Die Sojapflanze hat eine sehr kleine Blüte, die über männliche und weibliche Geschlechtsorgane verfügt. Das heißt, die Pflanze kann sich durch die räumliche Nähe des Staubbeutels (männlich) und der Narbe (weiblich) normalerweise selbst bestäuben. Somit ist sie auf keine Insekten oder andere tierische Bestäuber angewiesen. Bei Kreuzungen werden deshalb zuerst die Staubbeutel mit dem Pollen entfernt. Anschließend wird die überbleibende Narbe mit dem Pollen einer anderen – der gewünschten – Pflanze befruchtet.
Damit ist der Zuchtprozess jedoch noch lange nicht abgeschlossen. Bevor eine neu gezüchtete Sorte tatsächlich auf den Markt kommt, kann über ein Jahrzehnt vergehen. Da Soja in Österreich ausschließlich während der warmen Jahreszeit wächst und damit die Winterzeit nicht zur Verfügung steht, wird die Züchtungsarbeit deshalb teilweise nach Südamerika verlegt. Dort wächst die Pflanze, während es in unseren Breitengraden Winter ist. Im Frühling wird das Saatgut der nächsten Generation dann wieder in Österreich angebaut. Somit kann Zeit eingespart werden.
„Die Züchtungsarbeit erfordert viel Geduld. Einerseits ist die Durchführung der Kreuzung schwierig, weil die Blüten so klein sind. Wird auch nur ein Staubbeutel übersehen, dann wird die Narbe durch eine normale Selbstbestäubung und nicht mit dem fremden Pollen befruchtet. Andererseits ist die Züchtungsarbeit sehr langwierig: Die Züchtung einer neuen Sorte kann bis zu 15 Jahre dauern“, so Johann Vollmann vom Institut für Pflanzenzüchtung der BOKU Wien.
In Österreich züchten zwei Unternehmen Soja: Saatzucht Gleisdorf und Saatzucht Donau. Beide Saatzüchtungsfirmen machen einen Teil der Züchtung in Südamerika. In Österreich beschäftigt sich zudem die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) intensiv mit der Forschung und Züchtung der Sojabohne.
Bei Soja sind die wichtigsten Zuchtziele:
- Ertrag: Ziel ist ein möglichst hohes Endgewicht an Bohnen mit den gewünschten Eigenschaften wie etwa einem hohen Proteingehalt.
- Reifezeit: Sojasorten werden generell in Reifegruppen unterteilt. Dass wir in unseren Breitengraden Soja anbauen und erfolgreich ernten können, ist dem frühen Reifezeitpunkt zu verdanken. Ab Oktober wird es hierzulande immer feuchter und damit verschlechtern sich die Erntebedingungen. Deshalb werden vor allem frühreife Sorten eingesetzt. Die Reifung von Sojabohnen dauert zwischen 150 und 180 Tage.
- Damit die Pflanzen nicht bei einer bestimmten Größe einknicken, ist die Standfestigkeit wichtig. Diese sichert einen aufrechten Wuchs und soll dadurch verhindern, dass die Hülsen am Boden liegen. Damit wird der Ertrag sowie die Qualität sichergestellt.
- Um bei der Ernte möglichst alle Bohnen mit dem Mähdrescher zu erwischen, werden die Sorten mit einer möglichst hohen Ansatzstelle der ersten Hülsen gezüchtet. Das heißt, die Hülsen mit den Bohnen wachsen möglichst weit vom Boden entfernt.
- Der Proteingehalt, der sich je nach Sorte unterscheiden kann, die Krankheitsresistenz sowie die Stresstoleranz bei Trockenheit oder Kälte spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.
- Zuletzt kann sich die Nabelfarbe der Sojabohnen unterscheiden. Der Nabel ist der Teil der Bohne, der innen mit der Hülse verbunden ist. Wird aus dem angebauten Soja Futter für Tiere, so spielt die Nabelfarbe kaum eine Rolle und ist oft dunkel. Bei Speisesorten ist der Nabel meist hell. Würde man beispielsweise Tofu aus Sojabohnen mit einem dunklen Nabel herstellen, dann wäre dieser nicht so weiß, wie wir ihn kennen, sondern dunkler.
Die Knöllchenbakterien in den Wurzeln haben eine wichtige Funktion: Durch die Symbiose zwischen Knöllchenbakterien und Pflanze wird die Sojapflanze mit Stickstoff versorgt. Die für die Sojapflanzen benötigten Bakterien (Bradyrhizobium japonicum) sind allerdings nicht von Natur aus in europäischen Böden vorhanden. Heimisch sind sie in Asien. Deshalb wird das Saatgut standardmäßig mit diesem Bakterium behandelt, so dass es an der Oberfläche der Bohne haftet.
Die meisten Bäuerinnen und Bauern in Österreich kaufen ein fertig beimpftes Saatgut. Biologische und konventionelle Landwirtinnen und Landwirte verwenden meist das gleiche Beimpfungsmittel. Nur ein paar wenige Beimpfungsmittel dürfen im biologischen Anbau nicht eingesetzt werden, da diese für Bio nicht zugelassene Zusatzstoffe enthalten. Die Bakterien bauen sich bei Wärme und UV-Licht relativ schnell ab, weshalb manche Bäuerinnen und Bauern vor der Aussaat nochmals zusätzlich impfen. Eine andere Variante ist die Ausbringung eines Granulats. Dieses wird bei der Aussaat direkt in den Boden miteingestreut.
Grundsätzlich kann man nach zirka zehnjährigem Anbau davon ausgehen, dass die Bakterien dauerhaft im Boden vorhanden sind. Das heißt, nach zehn Jahren könnte man auf eine Impfung des Saatgutes verzichten. Allerdings müsste für diesen Fall auch die Fruchtfolge ignoriert und durchgehend Soja angebaut werden. Da dies von den Bäuerinnen und Bauern nicht praktiziert wird, beimpfen sie auch weiterhin ihr Saatgut. Der Ertrag hängt wesentlich von den Knöllchenbakterien ab.