Boden und Düngen,
Kreisläufe und Sackgassen
Auch Pflanzen haben Hunger und brauchen Nährstoffe, um heranzuwachsen. Wir zeigen und beschreiben, wie Nährstoffe zu den Pflanzen kommen, wie die unterschiedlichen Düngemittel funktionieren, warum tierische wie menschliche Ausscheidungen sehr wertvoll sein können, welche Nährstoffkreisläufe und -sackgassen es gibt und wie Wasser und Umwelt gefährdet und geschützt werden.
Veröffentlicht im September 2017
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In einer Handvoll Boden befinden sich mehr Lebewesen als Menschen auf der Erde leben. Pflanzen freunden sich mit Mikroorganismen an, damit diese bei den Wurzeln ihr Geschäft verrichten und Nährstoffe hinterlassen. Die Wurzeln von Pflanzen erreichen unterirdisch ungeahnte Ausmaße, wenn sie der Boden lässt. Auf einer Reise durch die Unterwelt trifft man alte Bekannte wie den Regenwurm oder die weniger berühmten Springschwänze. “Wunderwelt Boden” zeigt, was sich unter unseren Füßen abspielt und warum diese verborgene Welt für die Erzeugung unserer Lebensmittel wichtig ist.
Mineraldünger liefern am schnellsten jene Nährstoffe, die Pflanzen brauchen. Um herauszufinden, worauf Getreide und Co gerade Appetit haben, gibt es immer modernere Technologien. Im Chemiepark Linz werden Stickstoff, Phosphat und Kali zu Nahrung für Nutzpflanzen auf konventionellen Feldern verarbeitet. Der unverzichtbare Nährstoff Phosphor wird heutzutage zum Beispiel in Marokko abgebaut und zu Düngemitteln verarbeitet. Die Reserven sind endlich. Über die Landwirtschaft, unsere Ernährung, über Toiletten und Kanalsystem landet der Phosphor im Klärschlamm und kommt bisher zumeist nicht zurück in den Kreislauf. Auch Nutztiere produzieren Düngemittel. Sie müssen sich dazu nur erleichtern, und schon liefern sie dem Bauern einen wertvollen Dünger.
Nährstoffe, die im Bio-Abfall Haushalte und öffentliche Einrichtungen verlassen, kommen über den Kompost zurück in den Boden. Auch Pflanzen können wertvollen Stickstoff im Boden anreichern, mithilfe der so genannten Knöllchenbakterien. Der Anteil an organischen Substanzen, kurz Humus, ist ein wichtiger Indikator für Bodengesundheit. Den Boden langfristig fruchtbar zu halten und die Pflanzen mit Nährstoffen zu versorgen bedeutet viel mehr als einfach nur Düngen, wie uns Experten erklären.
Dieser Artikel widmet sich den zentralen Themen rund um die Hauptnährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kali sowie den verschiedenen Formen der Pflanzenernährung.
Phosphor-Reserven endlich und in wenigen Ländern
Einer der drei Hauptnährstoffe für das Pflanzenwachstum ist Phosphor. Ohne Phosphor würde es kein Leben geben. Das chemische Element ist für den Aufbau von Organismen wesentlich. Menschen, Tiere und Pflanzen sind auf Phosphor angewiesen. Über Lebens- und Futtermittel nehmen Menschen und Tiere Phosphor auf und scheiden ihn wieder aus. Die Pflanzen verwerten die Ausscheidungen und wachsen heran. Mit der Ernte von Lebensmitteln verlässt Phosphor das Feld und damit den Kreislauf am Betrieb. Im konventionellen Ackerbau verwenden die meisten Bauern daher chemisch produzierte Phosphor-Dünger, Bio-Bauern dürfen Rohphosphat einsetzen.
Weltweit ist die moderne Landwirtschaft von Phosphat abhängig, das das lebenswichtige Element Phosphor enthält. Der Rohstoff entstand aus der organischen Substanz von Meeresbewohnern und Vögeln, wird im Tagebau gewonnen und zu Phosphordüngemitteln verarbeitet. Die Menschheit braucht immer mehr Phosphat, während die Ressourcen schwinden. Dietrich Pradt, Hauptgeschäftsführer des deutschen Industrieverbandes Agrar, erwähnt eine Kalkulation der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, die von einer Verfügbarkeit von 400 Jahren ausgeht. Einzelne Schätzungen kämen sogar auf über 1.000 Jahre. “Das würde ich im ökonomischen Sinne nicht als knapp bezeichnen”, so Pradt im Interview mit Land schafft Leben. Andere Schätzungen rechnen mit einer Erschöpfung der Reserven noch in diesem Jahrhundert. Laut der Global Phosphorus Research Initiative internationaler Forscher dürfte der “Peak Phosphor” schon um das Jahr 2040 erreicht sein. Das ist jener Zeitpunkt, ab dem die Fördermenge nicht mehr zunehmen kann - was den Preis in die Höhe treibt. Der Bedarf der Menschheit nach möglichst billigem Phosphor steigt aber an.
China, die USA und Marokko sind derzeit die wichtigsten Abbauländer. Die chinesische und die US-Landwirtschaft haben aber selbst einen hohen Bedarf. Europa bezieht den Rohstoff hauptsächlich aus Nordafrika. Andreas Baumgarten von der Abteilung Bodengesundheit und Pflanzenernährung der AGES spricht ein weiteres Problem an. Die Phosphat-Abbauländer, die an Europa liefern, seien teilweise in politisch unsicheren Regionen. “Selbst wenn es dort noch Lagerstätten gibt, die man verwenden könnte, weiß man nicht, ob es überhaupt möglich ist, diesen Rohstoff dann noch zu beziehen”, so Baumgarten. Die weltweit mit Abstand größten derzeit bekannten Reserven befinden sich in Westsahara, das seit Jahrzehnten in einem territorialen Konflikt ist und von Marokko beansprucht wird. Wird Phosphat in anderen Abbauländern knapp, hat Marokko ein gewichtiges politisches Druckmittel.
Aus der Sicht von Andreas Baumgarten macht es Sinn, schon jetzt an Alternativen zu Phosphat aus Abbauländern zu forschen. In verschiedenen Forschungsprojekten, unter anderem in Wien, werden Möglichkeiten erarbeitet, den Phosphor aus der Asche von verbranntem Klärschlamm zu gewinnen und zurück aufs Feld zu bringen. Durch Erhitzen werden unerwünschte Substanzen, wie Antibiotika-Rückstände, abgetötet. So soll aus einer Sackgasse wieder ein Kreislauf werden.
“Phosphor ist eine sehr knappe Ressource. Man sollte sich schon jetzt darüber Gedanken machen, wie man ihn zurückgewinnt.”
Andreas Baumgarten, AGES
Dietrich Pradt vom Industrieverband Agrar hält Phosphor-Recycling ebenfalls für einen praktikablen Weg, bezweifelt aber, dass es in absehbarer Zeit wettbewerbsfähig ist. Noch ist die Herstellung von Recycling-Phosphat wesentlich teurer als den Rohstoff aus Nordafrika zu beziehen.
Mineraldünger liefern den Pflanzen von allen Düngemittelarten am schnellsten die Hauptnährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kali sowie weitere Nährstoffe. Phosphat und Kali werden bergmännisch abgebaut, Stickstoff mit einem sehr energieaufwändigen Verfahren aus der Luft gewonnen. Meist in kleinen Kügelchen kommt der Mineraldünger aufs Feld. Die Feuchtigkeit von Luft und Boden sowie Niederschläge lösen die Nährstoffe aus den Kügelchen und befördern sie in den Boden. Chemisch erzeugte Mineraldünger sind in der Bio-Landwirtschaft verboten. Das mineralische Rohphosphat darf jedoch eingesetzt werden.
Stickstoff gilt als Motor des Pflanzenwachstums. Luft besteht auf Meereshöhe zu 78 Prozent aus Stickstoff. Pflanzen brauchen Stickstoff für ihr Wachstum und holen ihn mit Hilfe ihrer Wurzeln aus dem Boden, weil die Blätter selbst Luftstickstoff nicht aufnehmen können. Nur wenige Pflanzen, allen voran Leguminosen, wie zum Beispiel Klee und Erbsen, können mithilfe von Bakterien den Stickstoff aus der Luft nutzen. Mineraldünger stellen Stickstoff direkt zur Verfügung. Mit dem Haber-Bosch-Verfahren wird Stickstoff aus der Luft in die Düngerkügelchen gebracht und pflanzenverfügbar gemacht.
Anfang des 20. Jahrhunderts erfanden die Deutschen Fritz Haber und Carl Bosch ein Verfahren, dass die konventionelle Landwirtschaft auch über hundert Jahre später noch prägt. Sie fanden eine Möglichkeit, den Stickstoff in der Luft mit einem künstlichen Verfahren pflanzenverfügbar zu machen. Mit viel Druck und Energie werden die N-Moleküle auseinander gerissen und Wasserstoff wird hineingeschoben. Es entsteht NH3 - der für Pflanzen verfügbare Ammoniak.
Energiebilanz von Stickstoffdüngern
Der Preis von Mineraldüngern hängt stark mit dem weltweiten Ölpreis zusammen. Ist Erdöl gerade billig, sind auch Mineraldünger billig. Am stärksten wirkt sich der Ölpreis auf den Preis von Stickstoffdüngern aus. Der Grund: Stickstoffdünger sind jene Form von Mineraldüngern, deren Produktion die mit Abstand energieaufwändigste ist. Dietrich Pradt vom Industrieverband Agrar schätzt den Anteil der Energiekosten auf 70 bis 90 Prozent der Herstellungskosten. Das Haber-Bosch-Verfahren, mit dem Stickstoffdünger hergestellt werden, funktioniert mit einem Druck von 300 Bar und einer Temperatur von etwa 500 Grad. Die Energiebilanz muss man aus der Sicht von Dietrich Pradt aber mit der Ernte machen. Jene Energie, die in die Stickstoffdüngerproduktion fließe, stecke vervielfacht in den Pflanzen, die man gedüngt hat und später als Lebensmittel ernten wird.
“Man kann sagen, ich ernte am Ende die fünf- bis sechsfache Menge an Energie. Das ist dann natürlich nicht dieselbe Energie, sondern Nahrungsenergie.”
Dietrich Pradt, Industrieverband Agrar
Der deutsche Toxikologe Peter Clausing, Autor von “Die grüne Matrix: Naturschutz und Welternährung am Scheideweg” weist auf wissenschaftliche Arbeiten hin, die eine deutlich bessere Energiebilanz von biologischer Landwirtschaft belegen, selbst wenn man die niedrigeren Erträge in Rechnung stellt. Die mit hohem Energieaufwand hergestellten Stickstoffdünger sind in der Bio-Landwirtschaft verboten. Dass konventionelle Lebensmittel dennoch billiger sind, führt er auf die aktuellen Energiepreise zurück. “Solange fossile Energieträger so billig sind, wird das immer zutreffen“, so Peter Clausing. Er ergänzt: “Würde man Umweltschäden (vor allem Treibhausgas-Emissionen, Anm.) durch die Nutzung fossiler Energieträger miteinberechnen, würde die Preisrechnung anders aussehen.”
Schutz von Grundwasser und Gewässern
Düngemittel, mineralische wie organische, konventionelle wie biologische, bringen Nährstoffe in den Boden. Wenn dabei zu viel gedüngt wird, besteht die Gefahr, dass Pflanzen nur einen Teil davon aufnehmen und der Rest ins Grundwasser oder in Flüsse gelangt. Einen gesetzlichen Höchstwert gibt es für Nitrat. Es kommt durch alle Düngemittelarten, die Stickstoff enthalten, in den Boden. Der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Grundwasser darf in ganz Europa nicht überschritten werden. Wird der Grenzwert überschritten, dürfen Gemeinden oder Genossenschaften das betroffene Wasser ihren BürgerInnen nicht als Trinkwasser zur Verfügung stellen.
Um Bauern zu beraten, wie sie Einträge in Grundwasser und Oberflächenwasser vermeiden und Böden schützen können, gibt es das Referat Boden.Wasser.Schutz.Beratung des Landes Oberösterreich mit Sitz an der Landwirtschaftskammer. Das BWSB-Team mit Franz Xaver Hölzl erarbeitet konkrete Maßnahmen und vermittelt sie den Bauern. So genannte Wasserbauern geben das vermittelte Wissen an Berufskollegen in ihrer Region weiter. Auch in anderen Bundesländern gibt es Einrichtungen, die Bauern unter anderem zu diesen Themen beraten. Für einige Maßnahmen zum Boden- und Wasserschutz gibt es Anreize in Form von Förderungen.
Wichtig ist beispielsweise, dass Böden möglichst dauerhaft von Pflanzen bedeckt sind. Nach der Ernte und vor der nächsten Aussaat werden Zwischenfrüchte angebaut. Sie nehmen Nährstoffe auf, wenn diese im Boden freigesetzt werden. So werden deutlich weniger Nährstoffe ausgewaschen. Darüber hinaus wird der Boden vor Erosion geschützt. Der Regen prallt nicht auf die nackte Erde und kann diese nicht einfach wegschwemmen, wie Hölzl von der Boden.Wasser.Schutz.Beratung erklärt. Wiesen und Weiden sind ohnehin ganzjährig von Pflanzen bedeckt. Diese nehmen den Stickstoff vom Frühjahr bis zum Spätherbst auf und verhindern eine Auswaschung ins Grundwasser.
“Die Bauern haben in den vergangenen Jahren ein wesentlich höheres Bewusstsein in Richtung Bodenschutz, Bodenfruchtbarkeit und Gewässerschutz entwickelt.”
Franz Xaver Hölzl, Referat Boden.Wasser.Schutz.Beratung
Hölzl nennt zwei Gründe für das höhere Bewusstsein der Bauern, die allgemein steigende Sensibilisierung für das Thema und das Bewusstsein für die Bedeutung von Bodenfruchtbarkeit für eine effiziente Landwirtschaft.
Wie viel man düngen darf und sollte, ist in der Richtlinie für sachgerechte Düngung beschrieben. Sie zeigt, in welcher Menge eine Kultur die Nährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kali benötigt, wie viel Wirtschaftsdünger unterschiedliche Nutztiere produzieren und vieles mehr rund ums Düngen. Die Richtlinie gibt Düngeobergrenzen vor und enthält eine ausführliche Anleitung für die Erstellung eines Düngeplans für unterschiedliche Böden und Kulturarten. Optimale Basis für die Anwendung der Empfehlungen ist eine Bodenprobe. Erstellt wird die Richtlinie für die sachgerechte Düngung im Ackerbau und Grünland von den führenden österreichischen Dünge- und Bodenexperten, herausgegeben vom Landwirtschaftsministerium. Der Bauer muss die Richtlinie einhalten, sonst drohen Strafen.
Baut man auf einem Acker Jahr für Jahr dasselbe an, entzieht man ihm immer die gleichen Nährstoffe. Krankheiten und Schaderreger können es sich am Feld gemütlich machen und auf die nächste Anbausaison warten. In Österreich ist es längst üblich abzuwechseln, in der biologischen wie in der konventionellen Landwirtschaft. Werden über die Jahre zum Beispiel Mais, Winterweizen, Soja und Kürbis angebaut, so nennt man das Fruchtfolge. Zwischen diesen Hauptkulturen stehen meist noch Zwischenfrüchte, die die Bodenfruchtbarkeit verbessern und das Wasser sauber halten.
> KAROTTE: Fruchtfolge
Gülle und Mist: Kostbare Ausscheidungen der Nutztiere
Nährstoffe, die in Kot und Urin einer Kuh von einem Jahr enthalten sind, haben, wenn man sie mit den Preisen von Nährstoffen in Mineraldüngern vergleicht, einen Wert von etwa 200 Euro. Hat ein Bauer 18 Kühe, ergibt das 3.600 Euro pro Jahr. Ein Kubikmeter Milchkuhgülle hat, mit den im langjährigen Vergleich niedrigen Mineraldünger-Preisen im August 2017 gerechnet, einen Nährstoffwert von 7,65 €. Auch Schweine und andere Tierarten produzieren wertvolle Gülle. Mist hat eine höhere Nährstoffdichte, weil er kompakter ist. Spitzenreiter ist Hühnermist mit einem Nährstoffwert von 37,69 € pro Kubikmeter. Die Ausscheidungen der Nutztiere sind also viel mehr als Abfall und spielen bei der Pflanzenernährung eine wichtige Rolle. Neben den Nährstoffwerten ist auch die organische Masse wertvoll, die mit Gülle und Mist in den Boden kommt und als Nahrung für die Bodenlebewesen dient.
Mit dem Mist größerer Tiere wie Rinder fällt zusätzlich Jauche an - der flüssige Bestandteil der Ausscheidungen. Jauche wird vergoren ausgebracht und wirkt sehr rasch. Gülle ist die Mischung aus festen und flüssigen Ausscheidungen. Sie fällt vor allem bei der Haltung auf Spaltenböden an. Gesammelt wird Gülle unterirdisch in einer Grube oder in einem offenen Becken. Nach dem Ausbringen von Gülle können die Pflanzen die darin enthaltenen Nährstoffe relativ schnell aufnehmen, beim Festmist dauert dies länger.
In Österreich, wie in vielen anderen Ländern, steigen die Anzahl der Tiere und die Fläche pro Bauernhof stetig an. Karl Steinmann, Geschäftsführer von Vakutec Gülletechnik, weist darauf hin, dass nur steigende Tierzahlen pro Hektar das Grundwasser gefährden, nicht pro Bauernhof. “Wenn zu viele Tiere auf zu kleiner Fläche gehalten werden, kommt es zu einer Überdüngung der Flächen und damit zu einer Belastung des Grundwassers”, erklärt Steinmann. Wachsen die Flächen mit den Tierbeständen mit, sei das kein Problem.
Wie viel Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern anfallen darf ist gesetzlich geregelt. Hat ein Bauer zu viele Tiere für zu wenig Fläche, kann er Verträge mit anderen Bauern abschließen, die ihm die Ausscheidungen seiner Nutztiere abnehmen. Eine Güllegrube oder ein Mistplatz, der schnell voll wird, zwingt den Bauern zum Ausbringen von Gülle oder Mist zu einem nicht optimalen Zeitpunkt. Daher ist beim Stallneubau eine ausreichende Lagerkapazität vorgeschrieben. Für Nutztierhalter ist es wichtig, den Zeitpunkt des Ausbringens richtig zu wählen und an äußere Faktoren wie das Wetter anzupassen. Von November bis Jänner ist das Ausbringen generell verboten. Nur Grünlandbauern dürfen bis Mitte November Gülle, Mist und Jauche ausbringen. Während der Vegetationsperiode darf nicht gedüngt werden, wenn die Böden gefroren oder zugeschneit sind oder wenn sie nach starken Niederschlägen viel Wasser enthalten.
Bauernhöfe mit Tierhaltung haben einen innerbetrieblichen Kreislauf. Die Nährstoffe kommen über die Ausscheidungen der Nutztiere zurück auf die Felder, Wiesen und Weiden. Bei diesen Betrieben werden laut dem Grünlandexperten Karl Buchgraber kaum Mineraldünger eingesetzt.
Grundwasser, Emissionen und Verkehr
Karl Steinmann von Vakutec nennt Grundwasser, Emissionen und Verkehr als Berührungspunkte der Landwirtschaft mit der Bevölkerung, wenn es um das Ausbringen tierischer Ausscheidungen geht. Im Interview mit Land schafft Leben sagt Steinmann zum Thema Grundwasserschutz: “Ein Großteil der österreichischen Landwirte nimmt freiwillig an Programmen Teil, die sie zur optimalen Nutzung des hofeigenen Düngers verpflichten.” Bei der Verminderung von Emissionen sieht er aus technischer Sicht noch Potenzial.
Bei den Emissionen gibt es noch Handlungsbedarf. Die emissionsmindernde streifenförmige Ausbringung von Gülle wird noch nicht flächendeckend angewendet.
Karl Steinmann, Vakutec Gülletechnik
Grundsätzlich ist es für den Boden besser öfter Gülle auszubringen als weniger oft und große Mengen auf einmal. Beschwerden, dass der Bauer “so oft ausbringt”, gehen daher in die falsche Richtung. Auch beim Thema Verkehr sieht Karl Steinmann Handlungsbedarf, egal ob Güllefässer längere oder nur kurze Strecken auf öffentlichen Straßen zurücklegen. “Die verkehrsrechtlich sichere Ausstattung der landwirtschaftlichen Fahrzeuge ist (...) noch eine Baustelle”, so Steinmann.
Beim Ausbringen selbst gibt es technische Möglichkeiten, Emissionen zu reduzieren. Wird die Gülle nicht in hohem Bogen durch die Luft geschleudert, gehen weniger Nährstoffe verloren und der Gestank wird deutlich reduziert. Immer mehr Bauern setzen auf die so genannte bodennahe Ausbringung. Sind die Flächen nicht zu steil, bietet sich das Ausbringen mit der Schleppschlauch-Technologie an. Die Gülle fließt dabei durch viele Schläuche, die am Heck des Güllefasses angebracht sind. Sie enden direkt am Boden und ziehen Gülle-Streifen am Feld. Für steile Flächen im Berggebiet gibt es spezielle Güllefässer.
“Wir düngen nicht die Pflanzen, sondern den Boden, der ernährt dann die Pflanzen”
Es gibt auch nützliche Pflanzen, die man anbaut, aber nicht erntet. Bei der Gründüngung baut man zwischen zwei Hauptkulturen Pflanzen an, die den Boden verbessern. Sie bringen energiereiche Nahrung über ihre Wurzeln zu den Bodenorganismen. Diese lösen gemeinsam mit den Wurzeln festgelegte Nährstoffe im Boden, welche den nachfolgenden Kulturpflanzen zugute kommen. Typische Pflanzen zur Gründüngung sind tiefwurzelnde Arten und Leguminosen wie Klee oder Wicken. Sie verbessern die Struktur des Bodens und seine Fähigkeit, Wasser aufzunehmen und zu speichern.
Bio Forschung Austria forscht unter anderem an Pflanzen, die für die Gründüngung in der österreichischen Landwirtschaft optimal geeignet sind. Institutsleiter Wilfried Hartl betont: “Im biologischen Landbau düngen wir nicht die Pflanzen, sondern den Boden. Das heißt, wir verbessern die Bodenfruchtbarkeit. Der Boden ernährt dann die Pflanzen." Ein sehr gut bewirtschafteter Boden und beste Bodenstruktur seien die Grundvoraussetzung für hohe Erträge, so Hartl.
“Mit guter Fruchtfolge und Bodenbewirtschaftung erhalten wir gute Bodenstruktur und haben leistungsfähige Pflanzenbestände, die hohe und stabile Erträge liefern.“
Wilfried Hartl, Bio Forschung Austria
“Zur Bodenverbesserung kann man organische Dünger verwenden, wie Kompost oder Stallmist”, sagt Wilfried Hartl. Auch jene mineralischen Dünger, die im Bio-Landbau zugelassen sind, könnten hilfreich sein. Oft seien diese aber gar nicht notwendig. Wilfried Hartl sagt: “Wir haben genügend Nährstoffe im Boden, aber sie sind nicht pflanzenverfügbar.”
Gründüngungspflanzen wie die Wintererbse seien ein wertvoller Ersatz für mineralische Stickstoffdünger, so Hartl. Dem Land schafft Leben-Filmteam zeigt er einen Versuch mit Wintererbsen. Wintererbsen, wie alle Leguminosen, können, was andere Pflanzen nicht können - sich den Stickstoffdünger selbst machen. Sie bieten in ihren Wurzeln Knöllchenbakterien Heimat und Nahrung. Diese holen im Gegenzug den Stickstoff aus der Luft und stellen ihn den Erbsen zur Verfügung. Um die Stickstoffausbeute noch zu steigern, wurden in dem Versuch die Wintererbsen in Kombination mit einem Wintergetreide angebaut. Das Getreide nimmt den im Boden vorhandenen Stickstoff schnell auf. Um nicht zu „hungern“, müssen die Erbsen daraufhin mehr Stickstoff aus der Luft ziehen. Die Erbsen ernähren sich durch diese Symbiose selbst von diesem Stickstoff und hinterlassen durch Wurzeln und Stroh einen Teil für folgende Kulturen im Boden. Pflanzen haben somit den Boden ernährt, der wiederum Pflanzen ernährt.
Besonders für Bio-Bauern, die keine chemisch veränderten Mineraldünger ausbringen dürfen, gibt es eine Reihe organischer Dünger, die im Fachhandel erhältlich sind. Dabei handelt es sich um tierische Nebenprodukte wie Hornspäne oder um pflanzliche Reste aus der Lebensmittelproduktion. Nachteil dieser Art von Düngemitteln ist, dass sie langsamer und ungenauer wirken als Kunstdünger. Die Nährstoffe müssen erst vom Bodenleben abgebaut werden, um für Pflanzen verfügbar zu sein. Welche Nährstoffe die einzelnen Produkte enthalten, kann nur ungefähr angegeben werden und unterliegt natürlichen Schwankungen. Durch die Verwendung von Düngemitteln organischen Ursprungs können aber erstrebenswerte Kreisläufe entstehen.
Von der Küche zurück aufs Feld
Was Hobbygärtner im kleinen Stil machen, betreiben Komposthersteller professionell. Sie verwandeln Bio-Abfälle in Komposterde. Etwa 90 Prozent der Bio-Abfälle in Österreich werden zu Kompost, 10 Prozent kommen in Biogasanlagen. Der hergestellte Kompost wird zur Hälfte in der Landwirtschaft verwendet. Die andere Hälfte landet in Haus- und Landschaftsgärten. Auch in Blumenerde und Pflanzwürfeln für den Gemüsebau ist vermehrt Kompost enthalten, weil er Torf ersetzt und auch in diesem Bereich einen Nährstoffkreislauf herstellt.
Die Gemeinden sammeln die Bio-Abfälle von Haushalten sowie von öffentlichen Einrichtungen und Parks und liefern sie zu Kompostbetrieben. Dort werden sie zu länglichen Haufen, so genannten Kompostmieten, angehäuft. Eine Maschine setzt die Kompostmieten immer je eine Reihe weiter und wendet und durchmischt sie dabei. Die Mieten wandern so von einer Seite auf die andere. Damit die Kompostierung funktioniert, sind Luft, Wasser und Hitze notwendig. Durch ein Belüftungssystem am Boden gelangt Luft in das Innere der Mieten. Beim Wenden wird Wasser hinzugefügt. Die Hitze entsteht beim Abbau der organischen Substanz durch Bakterien und Pilze. Nach acht bis zehn Wochen ist ein Haufen auf der anderen Seite angelangt und - wenn alles richtig gemacht wurde - fertig kompostiert.
Kompost ist laut Hubert Seiringer, Obmann des österreichischen Kompost & Biogas Verbandes, “der Humusträger schlechthin”, könne aber nur ein Teil des gesamten Konzeptes sein. Seiringer erwähnt Fruchtfolge, Begrünungen und Wirtschaftsdünger als “wichtigste Säulen parallel zum Kompost.”
“Man kann den Humusgehalt mit kaum etwas so schnell wieder aufbauen wie mit Kompost.”
Hubert Seiringer, Kompost & Biogas Verband
Der Humus-Anteil im Boden ist ein wichtiger Faktor für Bodengesundheit und -fruchtbarkeit. Um diesen zu steigern, sei Kompost besonders gut geeignet, auf konventionellen wie biologischen Flächen, so Seiringer.
Entwicklung der Humusgehalte in Österreich
Hubert Seiringer, Obmann des österreichischen Kompost & Biogas Verbandes spricht eine problematische Entwicklung im Ackerbau im 20. Jahrhundert an: “Die Humusgehalte in den Ackerböden sind in den letzten zwei, drei Generationen massiv zurückgegangen. Das bringt natürlich große langfristige Probleme mit sich. Das Wasserhaltevermögen sowie eine natürliche Fruchtbarkeit sind dadurch massiv verloren gegangen.”
Die Intensivierung der Landwirtschaft in den 1960ern, 70ern und Anfang der 80er-Jahre mit wenig bodenschonenden Arbeitsweisen hat dazu geführt, dass die Humusgehalte von Österreichs Ackerflächen deutlich zurückgegangen sind. Eine Publikation der AGES zeigt, dass sich dieser Trend in den vergangenen Jahren insgesamt umgekehrt hat. Im Vergleich der Zeiträume 1991 bis 1995 und 2006 bis 2009 sind die Humusgehalte leicht angestiegen. AGES-Bodenexperte Andreas Baumgarten erklärt, dass verschiedene Maßnahmen und Anreize durch ÖPUL-Förderprogramme dazu beigetragen hätten. Kompost könne auf Feldern mit einem zu geringen Humusgehalt diesen erhöhen. Auf Standorten mit guten Humus-Werten helfe Kompost, diese zu stabilisieren, so Baumgarten.
Wir als Konsumenten können mithelfen, dass unsere Bio- und Gartenabfälle zurück in einen Nährstoffkreislauf gelangen und zur Herstellung unserer Lebensmittel beitragen. Es gibt Abfälle, die im Bio-Abfall sowieso nichts verloren haben, weil sie nur sehr langsam oder überhaupt nicht in Komposterde umgewandelt werden können. Bei anderen Dingen überlegt man, ob sie nun hinein gehören oder nicht. Wir haben Hubert Seiringer gefragt, was für ihn und seine Kollegen im Bio-Abfall brauchbar ist und was nicht. Grundsätzlich gilt: Alles, was natürlich gewachsen ist, gehört in den Bio-Abfall, außer Fleisch und Knochen.
Das gehört hinein: | Das gehört besser nicht oder keinesfalls hinein - alles, was “nicht natürlich gewachsen ist”: |
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nur kompostierbare Biosammelbeutel mindestens Norm DIN EN 13432, besser mit dem Siegel “OK compost” Holz- und Gartenabfälle Obstkerne aller Größen Obst- und Gemüseschalen, auch von tropischen Früchten und auch aus konventioneller Landwirtschaft Teebeutel Kaffeesud Taschentücher, Küchenrolle nach herkömmlichem Gebrauch Eierschalen |
jeglicher Restmüll und Sonderabfall Glas Kunststoff, Kunststoff-Müllbeutel und Verpackungsfolien Metalle Altpapier Kunststoff-Verpackungsfolien Katzenstreu |
Autor: Martin Pötz