Karottenerzeuger
Der typische österreichische Karottenerzeuger baut mehrere Gemüsearten an, hat seine Felder im Marchfeld und arbeitet im Vollerwerb. Kleinere Bauern schließen sich zu Erzeugerorganisationen zusammen, um gemeinsam gegenüber dem Handel auftreten zu können. Die Erzeugerorganisation Marchfeld EOM verkauft als solche Frischkarotten. Die Erzeugerorganisation Tiefkühlgemüse ETG verarbeitet zu Tiefkühlkarotten. Einige wenige große Betriebe in Österreich vermarkten ihr Gemüse direkt. Insgesamt wird der überwiegende Anteil österreichischer Karotten über den Lebensmitteleinzelhandel vermarktet. Üblicherweise baut ein Karottenbauer auf drei Hektar oder mehr Karotten an. Etwa 18 Prozent der Karotten-Anbaufläche im Hauptanbaubundesland Niederösterreich sind Bio.
Die Karotte gehört nach Zwiebel und Lauch, gemessen an der Produktionsmenge, zu den wichtigsten Gemüsearten in Österreich. In Hinblick auf die gesamte Gemüseernte in Österreich hat die Karotte einen Anteil von 18 Prozent, also fast einem Fünftel.
Voraussetzungen und Anbauregion
Karotten gedeihen am besten in leichten, sandigen Böden. Sie mögen es eher warm und brauchen regelmäßig Wasser, aus Regenwolken oder Bewässerungssystemen. Das alles gibt es im Marchfeld, Österreichs wichtigste Gemüseregion. Das Marchfeld liegt im Wiener Becken östlich von Wien. Den östlichen Rand bildet die March, im Süden fließt die Donau. Das Grundwassersystem im Marchfeld ist mit den beiden Flüssen verbunden und das größte in Österreich. Die Marchfelder Bauern können das Wasser mit einfachen Schachtbrunnen, die in bis zu neun Metern Tiefe reichen, das Grundwasser entnehmen. Im professionellen Karottenanbau in Österreich wird immer bewässert, um die Qualität der Ernte sicherzustellen.
Vor allem durch das Marchfeld ist Niederösterreich das mit Abstand wichtigste Bundesland im Karottenanbau. 83 Prozent der 2019 in Österreich geernteten Karotten kamen aus Niederösterreich. Anbauregionen in anderen Bundesländern sind von vergleichsweise geringer Bedeutung, zum Beispiel das Eferdinger Becken in Oberösterreich und die Region rund um Innsbruck.
83 Prozent der Karotten in Österreich kommen aus Niederösterreich. Den Großteil davon macht wiederum das Marchfeld aus. Insgesamt werden pro Jahr 108 000 Tonnen Karotten in Österreich geerntet.
NÄHRSTOFFVERSORGUNG
Die Karotte ist keine besonders anspruchsvolle Pflanze, was den Nährstoffbedarf betrifft. Um gute Erträge zu erhalten, versorgen die Gemüsebauern die Karotten während dem Anbau in geringem Ausmaß mit zusätzlichen Nährstoffen. Gesetzliche Düngeobergrenzen sollen verhindern, dass sich das negativ auf das Grundwasser auswirkt.
Nährstoffe sind von Natur aus im Boden enthalten, Düngemittel sollen die Karotten mit der optimalen Menge an Nährstoffen versorgen. Das klassische Düngen mit Mineraldüngern und organischen Düngemitteln während dem Anbau ist nur eine von vielen Maßnahmen, mit denen der Bauer kurz- und langfristig die Nährstoffversorgung der Karotte sicherstellt. Um langfristig gesunde, fruchtbare Böden zu haben, ist eine Fruchtfolge entscheidend. Eine weitere Maßnahme ist der Anbau von Zwischenbegrünungen. Der Bauer baut dabei Pflanzen an, die später zur Gänze in den Boden eingearbeitet werden. Sie sind gut für Bodenlebewesen und -struktur wirken gegen Erosion, konservieren den Stickstoff und bereiten den Boden so für den Gemüseanbau vor.
Karotte braucht vergleichsweise wenig
Immer wieder in der Kritik steht das Düngen mit Mineraldünger. Diese stellen den möglichst optimalen Nährstoffbedarf für die Karotten sicher. Anhand von Düngemittelempfehlungen und seiner Erfahrung weiß der Bauer, welche Nährstoffe die Karotten in welchem Ausmaß brauchen. Zudem besteht die Möglichkeit, alle paar Jahre Bodenproben an ein Labor zu senden und den Gehalt an Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Kalium analysieren zu lassen. Diese kann er bei Bedarf mit Mineraldünger und Kompost ergänzen. Phosphor wird als Bestandteil von Phosphat in der Erdkruste abgebaut und ist in dieser Form ein endlicher Rohstoff. Kalium wird in vielen verschiedenen Ländern abgebaut. Weltweit ist die konventionelle Landwirtschaft auf phosphorhaltige Mineraldünger angewiesen. Karotten ziehen im Vergleich zu anderen Kulturen wenige Nährstoffe aus dem Boden, dementsprechend wenig muss gedüngt werden.
Karotte schadet dem Grundwasser nicht
Ein weiterer wichtiger Pflanzennährstoff und -baustein ist Nitrat. Es entsteht unter anderem aus mineralischen Stickstoffdüngern. Das Nitrat löst sich ins Wasser auf und wird von den Wurzeln aufgenommen. Pflanzen leiden unter zu wenig Nitrat, aber auch zu viel tut ihnen nicht gut und schadet den Bodenlebewesen. Ist zu viel Nitrat vorhanden, kann der Überschuss ins Grundwasser ausgewaschen werden. Auch Fehler beim Ausbringen, zum Beispiel vor einem starken Niederschlag, können ein Grund dafür sein. Die EU-Nitratverordnung definiert Grenzwerte, an die sich die Bauern beim Düngen halten müssen. Da bei der Karotte ohnehin wenig oder gar kein Stickstoffdünger ausgebracht wird, hat deren Anbau kaum Auswirkung auf die Nitratwerte im Grundwasser, wie uns Experten versichern. Im Trinkwasser dürfen nicht mehr als 50 Milligramm Nitrat pro Liter enthalten sein, ansonsten ist es keine Trinkwasserqualität. Laut Wasserrechtsgesetz von 1990 muss alles Grundwasser in Österreich Trinkwasserqualität haben. Diese Vorgabe verlangt einen gezielten Einsatz von Düngemitteln.
Alle Karottenerzeuger in Österreich arbeiten mit einer Fruchtfolge. Karotten werden nie zwei Jahre hintereinander auf einem Feld angebaut, meist nur alle fünf bis sieben Jahre. Man nehme ein Feld, auf dem 2017 Karotten gedeihen. Fruchtfolge bedeutet, dass in den Jahren darauf am selben Feld zum Beispiel Mais, Weizen, Zuckerrübe und wieder Weizen angebaut werden. Erst 2022 kommt wieder die Karotte an die Reihe. Dem Boden werden so nicht jedes Jahr dieselben Nährstoffe entzogen. Krankheiten würden ohne Fruchtfolge im darauffolgenden Jahr gleich wieder auftreten, wenn die gleiche Kultur angebaut würde. In der Fruchtfolge meidet man Kulturen wie Hülsenfrüchte, die von denselben Krankheiten wie die Karotte befallen werden können.
Anbau im Jahresverlauf
Unkraut entfernen
Durch die so genannte Grundbodenbearbeitung im Herbst und noch vor dem Karottenanbau im Frühjahr wird der Boden durchgelüftet und gelockert. Ein Großteil der Pflanzen, die am Karottenfeld wachsen, aber keine Karotten sind, werden dabei entfernt. Karotten entwickeln sich im Vergleich zu anderen Pflanzen langsam und hätten es ohne die Hilfe des Bauern schwer, sich gegen das Unkraut im Kampf um Feuchtigkeit und Nährstoffe durchzusetzen. Die Unkrautentfernung in der Kultur erfolgt mit einem Herbizid oder mechanisch. Letzteres bedeutet, dass man mit dem Traktor den Boden seicht bearbeitet und die ersten Unkräuter zerstört. Nicht-Karottenpflanzen, die trotzdem am Feld aufgehen, müssen Bio-Bauern händisch ausreißen oder abflammen, weil sie kein Herbizid einsetzen dürfen. Auf einem Hektar fallen bei der mechanischen Unkrautentfernung ungleich mehr Arbeitsstunden und damit verbundener Personalaufwand an. Dieser trägt dazu bei, dass Bio-Karotten teurer sind als konventionelle.
Aussaat
Vor der Aussaat lockert der Bauer den Boden und bereitet ihn für den Karottenanbau vor. Karotten werden üblicherweise in kleinen Dämmen am Acker angebaut. Mit einer speziellen Maschine formt der Bauer Dämme, die längs über das Feld verlaufen. Durch das Anhäufen des Damms ist die Erde lockerer. Außerdem ist er für Aussaat und Ernte sehr praktikabel. In zwei bis vier Reihen und in einer Tiefe von zwei Zentimetern werden die Samen in die Dämme gelegt. Die Saatgutproduzenten sieben das von ihnen hergestellte Saatgut so aus, dass einheitlich große Körner übrig bleiben.
Auch der regelmäßige Abstand von einem Samenkorn zum nächsten ist für eine gleichmäßige Größe der Karotten wichtig. Aus den winzigen Körnern wächst nach unten in die Erde die Karotte und nach oben das so genannte “Kraut” oder “Laub”, der grüne Teil der Karottenpflanze. Für einen Hektar Karottenfeld braucht man eine bis eineinhalb Millionen Saatkörner. Die Aussaat erfolgt zwischen März und Juni, bei Frühkarotten oft schon im Februar. Frühkarotten werden unter einem Vlies angebaut. Darunter ist es wärmer und feuchter als außerhalb des Vlieses.
Bewässerung
Rund 500 Liter natürlicher Niederschlag fallen pro Jahr im Marchfeld. Um die 150 bis 180 Liter Wasser braucht eine Karottenkultur vom Setzen bis zur Ernte pro Quadratmeter im Marchfeld zusätzlich. Jeder Karottenerzeuger muss künstlich bewässern. Üblich sind so genannte “Kleinregner”, wie man sie von der Bewässerung am privaten Rasen kennt. Nur wenige Bauern arbeiten mit dem System der Tröpfchenbewässerung. Es bringt das Wasser direkt zur Pflanze, wodurch der grüne Teil der Pflanze weniger nass wird.
Pflanzenschutz
Wächst der Grünanteil der Karottenpflanze, schützen konventionelle Bauern die Pflanzen bei Bedarf mit Fungiziden gegen Pilzkrankheiten. Bio-Bauern dürfen diese nicht einsetzen. Umweltchemiker Helmut Burtscher von Global 2000 untersucht seit 15 Jahren im Rahmen eines Pestizidreduktionsprogrammes Lebensmittel auf Rückstände. “Bei der Karotte hatten wir von Anfang an keine Probleme. Sie sind in der Erde, während man mit dem Spritzwagen fährt, deshalb sind die Rückstände gering”, fasst Burtscher zusammen.
> Saatgut mit Pestiziden vorbehandelt
> HINTERGRÜNDE: Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel
Auf Bio-Proben dürfen nur Rückstände von Bio-Pflanzenschutzmitteln vorhanden sein. Für konventionelle und biologische Lebensmittel gelten gesetzliche Höchstwerte und zusätzlich Programme des Lebensmitteleinzelhandels. Werden auf biologischen Lebensmitteln Rückstände von Pestiziden gefunden, dürfen sie noch als konventionelle Ware verkauft werden. Ein Grund dafür kann Abdrift von einem konventionell bewirtschafteten Feld sein.
Bereits in einem Interview für den Artikel der Rubrik "Hintergründe" über Pestizide merkte Helmut Burtscher an, dass nicht nur Rückstände auf Lebensmitteln das Problem seien. Auch die Auswirkung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel auf die Umwelt sei zu beachten. Sowohl inländische als auch ausländische Karotten werden von unabhängigen Kontrollstellen kontrolliert. Heimische Karotten, die in den Export gehen, kontrolliert das Zielland.
Schädlinge und Krankheiten
Im Karottenanbau sind eine Reihe verschiedener Blatt- und Wurzelkrankheiten sowie tierische Schädlinge von Bedeutung. Ob, wann und wo die Schaderreger auftreten, hängt vor allem von Region und Witterung ab. Dementsprechend unterscheidet sich der Pflanzenschutz von Region zu Region und von Jahr zu Jahr.
Pilze im Boden verursachen die Schwarzfäule “Altanaria radicina” und die Chalaropsisfäule “Chalaropsis thielavioides”. Beide sind erkennbar durch schwarze Flecken auf der Karottenoberfläche. Die Schwarzfäule ist mitunter schon am Feld zu sehen, tritt aber vor allem erst während der Lagerung auf. Der Bauer sollte befallene Karotten so weit wie möglich entfernen. Befallene Karotten können umliegende infizieren. Wärme, Feuchtigkeit, Verletzungen der Karotten und die Verpackung im Folienbeutel fördern die Ausbreitung von Schwarzfäule und Chalaropsisfäule. Schwarze Stellen der Karotte soll man entfernen. Gegen die Schwarzfäule können konventionelle Bauern die Karotten mit einem Fungizid schützen. Im Anbau von Karotten für die Lagerung, werden mehr Fungizide eingesetzt, weil die Ware auch die Lagerung überstehen muss.
> Tipps
Die Möhrenschwärze ist ein Pilz mit dem lateinischen Namen “Alternaria dauci”. Er befällt nur das Laub der Karotte und verursacht darauf dunkelbraune bis schwarze Flecken. Älteres Laub ist anfälliger auf den Pilz. Das kann bei der Ernte Probleme verursachen, weil die Karotte am Laub aus der Erde gezogen wird. Vorbeugende Maßnahmen gegen die Möhrenschwärze sind eine Fruchtfolge und eine Düngung des Karottenlaubs.
Der Echte Mehltau ist ebenfalls ein Pilz, befällt aber den grünen Teil der Karottenpflanze. Dennoch wirkt er sich negativ auf den Ernteertrag aus. Das Kraut wird bei einem Befall geschwächt und anfällig für Infektionen. Ein gesundes Kraut ist außerdem wichtig, um die Karotte bei der Ernte aus der Erde ziehen zu können. Konventionelle Bauern können die Karottenpflanzen mit einem Fungizid gegen den Echten Mehltau schützen. Bio-Bauern dürfen keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel einsetzen.
Das schädlichste Insekt für die Karotte ist die Möhrenfliege. Sie kommt regional in sehr unterschiedlichem Ausmaß vor. Im Marchfeld ist sie kein großes Problem, weil es dort sehr windig ist. Die weißen Maden der Möhrenfliege fressen Gänge in die Karotte, vor allem an der Oberfläche. Ein früher Befall kann die ganze Pflanze zum Absterben bringen. Ältere Larven der Möhrenfliege dringen in die Hauptwurzel ein und fressen Gänge in die untere Karottenhälfte. Liegt die Karotte zur Gänze unter der Erde, kann das einen Möhrenfliegenbefall verhindern. Betroffene Bauern häufen deshalb die Erde so an, dass sie die Karotte ganz bedeckt. Konventionelle Bauern können die Möhrenfliege zudem mit einem Insektizid bekämpfen. Sie streuen dazu ein Insektizid in Form von Granulat. Nach Angaben eines Karottenbauern wird die Möhrenfliege nur dann mit einem chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel bekämpft, wenn sie in großer Zahl am Feld sichtbar ist.
Ein Problem im Karottenanbau ist auch der Drahtwurm. Er ist die Larve des Schnellkäfers. Der Drahtwurm schädigt durch seinen Fraß die kleinen, jungen Karottenpflanzen. Später, wenn die Karotte ausgebildet ist, frisst der Drahtwurm Gänge in die Karotte. Wird eine Karotte beschädigt, werden jene daneben zu groß. So kann der Drahtwurm zu ungleichmäßigem Pflanzenwachstum führen. Fruchtfolge und mechanische Bodenbearbeitung wirken vorbeugend gegen den Drahtwurm.
Ein weiterer tierischer Feind der Karotte ist die Maus. Um Mäusen das Leben schwer zu machen, bringen Karottenbauern etwa Sitzstangen für Raubvögel an, damit diese gern zum Feld fliegen und auf Mäusejagd gehen.
Die Schwarzfäule (Bild links) tritt vor allem im Karottenlager auf, dem Drahtwurm (Mitte) und den Larven der Möhrenfliege (rechts) schmecken Karotten besonders gut
Kontrollen
Ob ein Bauer die Richtlinien von AMA G.A.P. und AMA-Gütesiegel einhält, ob ein Bio-Betrieb biologisch arbeitet und die Nitratwerte im Boden unter den gesetzlichen Grenzwerten liegen, all das und vieles mehr wird regelmäßig kontrolliert. Unabhängige Kontrollen führen die Unternehmen SLK, Lacon, SGS und agroVet für die jeweiligen Auftraggeber durch. Beim Verarbeitungsbetrieb wesentliche Punkte, die kontrolliert werden, sind die Etikettierung, die Hygiene und Arbeitnehmersicherheit sowie die Herkunft der Rohware. Letztere muss der Bauer mittels Zertifikaten und einer entsprechenden Kistenbeschriftung kennzeichnen.
Forschung
In Österreich gibt es kaum Forschung zum Karottenanbau. Das Saatgut kommt aus dem Ausland, das Anbausystem unterscheidet sich grundsätzlich kaum von jenem in anderen Ländern. Wolfgang Palme, Forscher an der HBLFA für Gartenbau in Schönbrunn forscht mit seinem Team der Versuchsstation Zinsenhof an einer Karottenanbauform, bei der man die Karotten im Winter ernten und mit dem grünen Kraut frisch verkaufen kann. Vor allem kleinere Direktvermarkter sollen so ein besonderes Produkt erzeugen können.
Bildung
Vier landwirtschaftliche Schulen bilden Gemüsebauern aus und lehren im Rahmen dessen den professionellen Karottenanbau. Schulen mit Maturaabschluss in diesem Bereich sind die HBLFA Francisco Josephinum Wieselburg, die HLBLA St. Florian, die HBLFA Raumberg-Gumpenstein und die HBLFA Schönbrunn. Fachschulen gibt es etwa in Langenlois und Obersiebenbrunn.