Anforderung an Optik sorgt für hohen “Ausschuss” bzw. geringere Wertschöpfung
Vermarktungsstandards, Qualitätskriterien, Produktspezifikationen: Egal mit welchem wohlklingenden Begriff man das Ding beim Namen nennt, die Tatsache, dass es geschmacklich einwandfreie Produkte letztlich nicht in den Verkauf schaffen und dadurch keinen oder wesentlich geringeren Wert schöpfen, beschäftigt NGOs und Produzenten seit langem. Der Lebensmitteleinzelhandel insbesondere gebe hier allzu rigide Vorgaben hinsichtlich Größe, Form und makellosem Äußeren. Dies führt dazu, dass große Teile der voll genusstauglichen Ernte auf dem Weg zum Konsumenten aussortiert werden. Auch die “inneren Werte” der Karotte, wenn es um die Reduktion von Pflanzenschutzmittelrückständen geht, werden vom Lebensmitteleinzelhandel zunehmend schärfer definiert, was die Produktionskosten steigert, wie Bauern und Erzeugerorganisationen betonen. Der Handel, auf diese “Vorwürfe” angesprochen, beruft sich auf internationale Standards und Vermarktungsvorgaben, vor allem aber auf den Wunsch des Kunden.
Letzterer wolle eindeutig in jeder Hinsicht makellose Ware. Ob nun der Konsumentengeschmack über Jahre und Jahrzehnte von der Werbung im Auftrag und Interesse des Handels auf optische Makellosigkeit hin programmiert worden ist, wie Kritiker behaupten, oder der Handel umgekehrt in seiner Werbung und Produktauslobung nur dem sich “natürlich” in diese Richtung bewegenden Geschmack des Konsumenten gefolgt ist, bleibt ein Streitpunkt. Unstrittig sorgt dieser Umstand dafür, dass ein großer Teil der Karotten nicht im Packerl für den Konsumenten landet, weil diese zu dick, zu dünn, zu kurz, zu lang sind, oder sonstige optische Mängel aufweisen. Laut Herbert Bucher, Geschäftsführer der EOM (Erzeugerorganisation Marchfeld), beläuft sich dieser Anteil auf annähernd 40 Prozent. Zwar wird der Großteil dieser “aussortierten” Karotten anderen Zwecken zugeführt (Biogasanlage, Tierfutter, Saftindustrie), die Erzeugerpreise, die hierbei erzielt werden, machen aber nur einen Bruchteil der für den Frischmarkt tauglichen Karotten aus.
Die Karotte in den Großküchen des Landes
Starker internationaler Konkurrenz sieht sich die heimische Karotte im Bereich Gastronomie und generell Außer-Haus-Konsum ausgesetzt. Manfred Kröswang, Geschäftsführer des gleichnamigen Großhandelsunternehmens, stellt fest, dass Einkäufer für öffentliche Verpfleger “auf den Preis schauen”. Schulen, Altersheime, Krankenhäuser oder auch das Bundesheer mehr noch als die Gastronomie. Da hat die österreichische Karotte oft das Nachsehen. In die Gastronomie, so der Großhändler, verkauft er vor allem küchenfertig vorgeschnittene Karotten entweder frisch oder tiefgefroren. Auch in diesem Segment wetteifert die heimische Karotte um Marktanteile. Dies oft vergeblich. Der Preis sowie die gebotene Verarbeitungsqualität und nicht die Herkunft sind für den Gastronomen ausschlaggebend, meint Kröswang.
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