Ökonomische Aspekte von Senf
Senf-Markt in Österreich und weltweit
Im Jahr 2020 wurde in Österreich auf knapp 1.600 Hektar Senf angebaut – der größte Teil davon in Niederösterreich mit 1.300 Hektar. Inwieweit diese Flächen tatsächlich ausreichen, um den Bedarf in Österreich zu decken, ist aufgrund der starken Ertragsschwankungen jedes Jahr unterschiedlich.
Grundsätzlich ist das Bedürfnis seitens der Produzentinnen und Produzenten in den letzten Jahren gewachsen, mehr heimischen Senf in die Tube zu bringen. Die Nachfrage nach Senfsamen ist stabil, da es regionale Vorlieben und keine kostengünstigen Ersatzprodukte gibt. Senfsaat wird grundsätzlich nicht länger als zwei Jahre gelagert.
In einem erfolgreichen Erntejahr und folgender Überproduktion gibt es kaum Alternativmärkte. Die Senfbäuerinnen und -bauern können in Folge Mühe haben, ihre Senfsaat zu verkaufen. Im Erntejahr 2015 war dies in Österreich der Fall, woraufhin der Preis gefallen ist. In den Folgejahren ist der Senfanbau eingebrochen. Der Anbau schwankt seither zwischen 1.000 und knapp 2.000 Hektar. Dabei spielen auch andere Gründe wie beispielsweise der Wegfall von Pflanzenschutzmitteln eine Rolle. Von einem Rekordjahr kann man im Jahr 2009 sprechen: Damals wurde auf 3.300 Hektar Fläche Senf angebaut. Wahrscheinlich ist das auf das wachsende Bedürfnis nach mehr heimischem Senf seitens der Verarbeitungsbetriebe zurückzuführen.
Heimischer Senf ist aber auch eine Preisfrage. Nach wie vor ist jener aus dem Ausland meist billiger. Hinzu kommt, dass im Inland der Anbau von Braunem oder Schwarzem Senf eine Herausforderung ist und nur in kleinem Stil erfolgt. Auch der Ertrag von Gelbem Senf schwankt stark. Senfsamen kommen deshalb auch aus dem Ausland.
Senf wird grundsätzlich rund um den Globus gerne verzehrt – in einigen Teilen der Welt verspeisen die Menschen die Blätter, andere wiederum stellen Senfpaste oder Senföl her. Aufgrund der weltweiten Nachfrage wird auch überall Senf angepflanzt. Die drei größten Senfsaatproduzenten weltweit sind Nepal mit rund 220.000 Tonnen, Russland mit ungefähr 145.000 Tonnen und Kanada mit 61.000 Tonnen.
Ist der Senfanbau rentabel?
Eine 200 Gramm Estragon-Senftube kostet heute im Supermarkt rund 1,40 Euro. In einer solchen Tube befinden sich ungefähr 40 Gramm Senfsamen – das sind in etwa 20 Prozent des Inhalts. Hans Gnauer rechnet pro Kilogramm Senfsamen zwischen 60 Cent und einem Euro für die Bäuerinnen und Bauern. Er fasst diese Preiseinschätzung folgendermaßen zusammen: „In einigen Jahren hat man gute Deckungsbeiträge, in anderen weniger. Im Mittelwert über die Jahre gesehen, sind wir schwer an der Rentabilitätsgrenze gegenüber anderen Kulturen.“
Die Bäuerinnen und Bauern haben früher für den Senfanbau Förderungen im Rahmen vom Österreichischen Programm für umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) erhalten. Um die Biodiversität auf den Feldern zu erhöhen, wurde der Anbau von Blühkulturen und Heil- und Gewürzpflanzen gefördert. Derzeit gibt es keine. Insbesondere in Jahren, in denen der Ertrag sehr gering ist, stellen die Förderungen eine wichtige Stütze für die Senflandwirtinnen und -landwirte dar.
Die Rentabilität des Senfanbaus ist von unterschiedlichen Faktoren wie dem Ertrag des jeweiligen Jahres und dem Preis abhängig. Außerdem müssen Kosten für die Pflanzenschutzmittel, den Anbau oder die Pflege gedeckt werden.
Wertschöpfungskette von Senf
Zwar gibt es bei der AMA ein eigenes Gütesiegel für Verarbeitungsprodukte – für Senf aber nicht. Üblicherweise ist es auch nicht möglich, alle notwendigen Zutaten aus Österreich zu beziehen. Beispielsweise ist es für Herstellerinnen und Hersteller schwierig, braune Senfkörner aus regionalem Anbau zu erhalten. Die Verfügbarkeit spielt also eine Rolle, aber auch der niedrigere Preis. Der Senf wird unter anderem aus Osteuropa, der Ukraine, Russland, Kanada oder Indien importiert.
Auch bei der Senfsaat ist es derzeit nicht einfach, die gesamte Wertschöpfung in Österreich zu halten. Bereits die Züchtung der Senfsorten findet im Ausland statt. Die Saatgutproduktion sprich die Vermehrung aber teilweise in Österreich.
Vertragsanbau
Die meisten österreichischen Betriebe, die Senf anbauen, sind klassische Ackerbaubetriebe. Bevor der Gelbe oder Braune Senf angepflanzt wird, wird das in über der Hälfte der Fälle vertraglich geregelt. Dieser sogenannte Vertragsanbau wird keineswegs nur in Österreich praktiziert, sondern ist auch in anderen Ländern gang und gäbe. Die zwei Parteien des Vertrages sind hierzulande: die Bäuerin respektive der Bauer und die RWA.
Der Anbauvertrag regelt, welche Senfsorte auf den Feldern wächst, wie groß die Anbaufläche ist, wer am Ende die Ernte erhält und wie diese monetär abgegolten wird. Während es für jene Landwirtinnen und Landwirte, die keinen Vertrag abgeschlossen haben, schwierig ist, Saatgut zu erhalten, wird es für die mit Vertrag zur Verfügung gestellt. Dasselbe gilt auch für die Abnahme: Beim Vertragsanbau ist die Abnahme gesichert – beim freien Anbau muss man sich selbst um die Abnahme kümmern.
Die RWA übernimmt nach der Ernte die möglicherweise nötige Trocknung der Senfsamen, die Reinigung sowie die Lagerung. Sie liefert die Ware bei Bedarf an die Speisesenf-Produzentinnen und -Produzenten, mit denen sie eine entsprechende Kooperation haben. Durch den Vertragsanbau entsteht ein neuer Händler zwischen Landwirtinnen und Landwirten und Speisesenf-Herstellerinnen und -Herstellern, der auch einen Teil des Geldes erhält.
Kleinere Senfmanufakturen arbeiten teilweise direkt mit Senf-Bäuerinnen und -Bauern zusammen. In diesem Fall wird der Senf von sogenannten Landesproduktenhändlern gereinigt. Die Bäuerinnen und Bauern nehmen das Erntegut nach der Reinigung wieder mit und lagern es auf dem eigenen Betrieb, wofür auch Platz vorhanden sein muss. Sobald die Senfmanufaktur wieder Senfsamen benötigt, liefern sie die entsprechende Menge.
Arbeitskräfte
Die Produktion von Speisesenf erfolgt heute mehrheitlich maschinell. Noch in den 1950er Jahren wurde rein händisch abgefüllt. Sowohl die Abfüllung als auch die Etikettierung und die Verpackung wird insbesondere bei industriellen Senfherstellerinnen und -herstellern maschinell erledigt. Bei kleineren Produzentinnen und Produzenten erfolgt die Abfüllung von Eigenkreationen häufig noch händisch.
Der Anbau von Senf erfolgt ebenfalls mit Maschinen: Die Aussaat, die Kulturpflege sowie auch die Ernte werden mit dem Traktor und entsprechenden Geräten wie dem Mähdrescher gemacht.