Ökologische Aspekte von Senf
Zwischensaat-Mischungen beinhalten häufig Senf – das hat Vor- und Nachteile. Welche das sind, lest ihr hier. Außerdem vergleichen wir die drei für den Senf relevantesten Verpackungen miteinander: Aluminium, Glas, Kunststoff.
Senfpflanze – ökologischer Mehrwert auf Österreichs Äckern?
Aufgrund des Klimawandels gedeiht heute die wärmeliebende Senfpflanze in unseren Breitengraden besser als noch vor 20 Jahren. Insbesondere Schwarzer und Brauner Senf, deren Blüten etwas zarter sind, haben relativ hohe Temperaturansprüche und sind nach wie vor hierzulande eine Herausforderung. Gelber Senf ist in unseren Breiten einfacher anzubauen, weil seine Ansprüche nicht so hoch sind. Früher – vor allem vor 2009 – importierten die meisten die Senfsaat aus wärmeren Gebieten wie Ungarn, Tschechien, Ukraine oder Rumänien. Seither ist der heimische Anbau gestiegen.
Als Sommerkultur serviert der Senf einigen Insekten wie Bienen leckeres Futter – er besitzt nämlich reichlich Nektar. Der Senf wird also vor allem fremdbestäubt, in einigen Fällen bestäubt er sich aber auch selbst. Insgesamt ist die Familie der Kreuzblütler ein Segen für Honigbienen: „Für die Bestäuber ist die Senfpflanze ganz wichtig. Auf der einen Seite bringt es mir was, wenn die Pflanzen bestäubt werden und auf der anderen Seite haben die Bienen ein Futter“, so Alexandra Reiss, die selbst Senf auf ihren Feldern anbaut.
Für Wildtiere stellt die scharfe Pflanze allerdings kein geeignetes Futter dar. Rehe und andere Tiere, die zu viel von der Pflanze erwischen, leiden unter Blähungen. Grund für die Verdauungsprobleme dürften der hohe Eiweißgehalt der Pflanze sowie weitere Stoffe wie die Erucasäure sein.
Teilweise wird Senf als Grünpflanze in ganz geringen Mengen als Futtermittel für Nutztiere eingesetzt.
Zwischenfruchtanbau
Nach der Ernte bauen viele Bäuerinnen und Bauern im Herbst eine sogenannte Gründüngung an. Statt den Boden kahl zu lassen, wird er mit unterschiedlichen Pflanzen begrünt. Dieser Zwischenfruchtanbau verbessert den Boden, indem er ihn vor Erosion schützt, Unkraut unterdrückt, das Bodenleben fördert und den Boden lockert. Zum Bodenleben gehören Mikroorganismen wie Pilze, Bakterien oder Nematoden, aber auch Regenwürmer und Insekten wie etwa Käfer. Zuletzt binden die Pflanzen Stickstoff und andere noch vorhandene Nährstoffe. Meist werden Zwischenfrüchte im Spätsommer gesät, die über den Winter abfrieren, sodass sich ein bodenschützender Mulch bildet. Im Frühling oder teilweise noch im Spätherbst wird der Mulch in den Boden eingearbeitet oder verbleibt an der Bodenoberfläche. Dieser dient so als Dünger für den nächsten Fruchtanbau.
In den Zwischensaat-Mischungen findet sich neben Buchweizen, Phacelia, Ölrettich und weiteren auch häufig der Gelbe und der Braune Senf wieder. Ein weiterer, wichtiger Bestandteil der Mischungen sind Leguminosen wie Klee, Ackerbohnen, Wicken oder Erbsen. Diese produzieren Stickstoff, der anderen Pflanzen zur Verfügung steht. Die meisten Landwirtinnen und Landwirte kaufen fertige Mischungen, nur wenige mischen das Saatgut selbst. Durch die Pfahlwurzel des Senfs wird der Boden gelockert. Außerdem keimen Senfsamen sicher, gehen schnell auf und wachsen schnell. Diese Eigenschaften sorgen für einen raschen Schutz des Bodens. Ein weiterer Grund dürfte der niedrige Preis des Senf-Saatguts sein.
Mittlerweile wird versucht, durch die Reduzierung des Senfanteils die Mischungen vielfältiger zu gestalten. Die Erucasäure kann sich in großen Mengen nämlich negativ auf das Bodenleben auswirken. Da die Pflanze nicht zwischen nützlichem und schädlichem Bodenleben unterscheiden kann, drängt der Senf zum Eigenschutz sämtliches Bodenleben zurück. Er wirkt also antibakteriell in jeglicher Hinsicht. „Außerdem gibt der Senf relativ viel Stickstoff an die Luft ab, wenn er stirbt. Den Stickstoff wollen wir aber eigentlich im Boden halten – deswegen sollte man ihn nur in geringen Mengen als Zwischenfrucht einsetzen“, erklärt Hans Gnauer vom Verein Boden.Leben. Deshalb raten viele von einer Senf-Reinsaat als Gründüngung ab, was in seltenen Fällen trotzdem noch praktiziert wird.
Senfsaat aus dem Zwischenfruchtanbau wird nicht zur Herstellung von Speisesenf verwendet. Die gesamte Pflanze dient vor allem der Bodengesundheit. Meist handelt es sich auch um Sorten, die speziell für die Gründüngung gezüchtet werden. Diese bilden mehr Blattmasse und weniger Kornertrag als solche für die Körnerproduktion.
Blüten im Oktober: Gefahr für Bienen?
Üblicherweise erfolgt die Gründüngung nach der Ernte, das heißt je nach Reife ist das zwischen Juli und Oktober. Imkerinnen und Imker kritisieren zum Teil solche spätblühenden Gründüngungen. Die Pflanzen blühen meist erst im Spätherbst (Oktober/November) – in einer eher kühlen Zeit, in der es eigentlich kaum mehr Pollen und Nektar gibt und sich Bienen schon für die Winterruhe zurückziehen. Durch die intensiven gelben Senfblüten beginnen sie aber wieder auszufliegen sowie Nektar zu sammeln und die Königin legt wieder Eier. Das innere System eines Bienenstocks wird dadurch durcheinandergebracht und viel Energie geht verloren. Das bedeutet nicht nur eine enorme Belastung für ein Volk, sondern kann auch zu Bienenverlusten führen.
Das geschilderte Problem besteht vor allem bei Zwischenfrüchten, die aufgrund des späten Anbaus auch sehr spät in Blüte gehen. Früh angebaute Zwischenfrüchte, die noch im September blühen, können wiederum einen positiven Nutzen für Bienenvölker haben. Da können sie zum letzten Mal zuschlagen und Wintervorrat sammeln.
Welche Verpackungen sind ökologisch sinnvoll?
Welche Verpackung wofür eingesetzt wird, ist heute mehr denn je nicht nur eine Vermarktungs-Strategie, sondern auch eine Frage der ökologischen Nachhaltigkeit. Der Aspekt der Kreislaufwirtschaft spielt eine wichtige Rolle. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, Stoffe so lange es geht in Umlauf zu halten und immer wieder in Umlauf zu bringen, etwa mit dem Wiederverwerten von Verpackungen.
Innerhalb der EU soll diese Wirtschaftsweise im Green Deal gefördert werden. 2021 haben sich dazu die Mitgliedsstaaten neue Anforderungen für auf dem EU-Markt zugelassene Verpackungen zum Ziel gesetzt. Deshalb sind sowohl Herstellung von Verpackungen als auch deren Recycling-Fähigkeit wichtige Nachhaltigkeits-Faktoren. Im Lebensmittelsektor wird zusätzlich auf die Eignung der Verpackung für das jeweilige Lebensmittel geachtet – beispielswiese, inwiefern die Verpackung die Haltbarkeit des Senfs beeinflusst.
Senf wird in Österreich am liebsten in Tuben aus Aluminium verpackt. Er ist aber auch im Glas oder in Plastikbehältern erhältlich. Wir vergleichen die drei für den Senf relevantesten Verpackungen miteinander. Um das Fazit vorwegzunehmen: Entgegen der allgemeinen Annahme ist Einweg-Glas nicht das nachhaltigste Gebinde. Die Nachhaltigkeit von Verpackungen hängt von verschiedensten Faktoren ab, deshalb gibt es die eine richtige Verpackung nicht – es ist ein Abwägen der Vor- und Nachteile.
Aluminium (Tube)
Die Tuben aus Aluminium haben sich nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund von Rohstoff-Knappheit etabliert. Sie haben einige Vorteile: Sie sind stabil, leicht, einfach zu transportieren und der Senf behält durch die Lichtundurchlässigkeit lange seinen Geschmack. Durch das Ausdrücken der Tube kommen außerdem weder Luft noch Fremdstoffe dazu, wodurch der Geschmack ebenfalls länger erhalten bleibt.
Aluminium kommt natürlicherweise in der Umwelt vor, weshalb wir es auch über die Nahrung aufnehmen – beispielsweise über Getreideprodukte. Laut der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) ist das Material bei einem normalen Lebensstil unbedenklich. Bei einer höheren Aufnahme kann jedoch das menschliche Nervensystem beeinträchtigt werden. Um Kontamination zu vermeiden, wird bei sauren oder salzhaltigen Lebensmitteln von der Verwendung von unbeschichtetem Aluminium abgeraten. Senftuben sind immer beschichtet.
Aluminium wird aus dem nicht-erneuerbaren Bodenschatz Bauxit gewonnen. Lediglich 60 Prozent des Rohstoffes werden bei der Aluminium-Produktion verwendet, der Rest landet auf Deponien. Nicht nur deshalb steht Aluminium in Kritik, die Herstellung benötigt auch sehr viel Energie. Deshalb ist aus ökologischer sowie ökonomischer Perspektive das Recycling von Aluminium-Verpackungen auf jeden Fall sinnvoll und auch möglich: Aluminium braucht für seine Wiederaufbereitung nur etwa fünf Prozent der Energie, die es bei der Herstellung benötigt, und es kann unbegrenzt sowie ohne Verlust der spezifischen Eigenschaften wiederverwertet werden. Lediglich die Innenbeschichtung ist nicht wiederverwertbar. Diese verbrennt während der Wiederaufbereitung von Aluminium.
Auch bei langlebigen Produkten wird es als vertretbar angesehen, auf dieses Material zurückzugreifen, weil es dann meist einen längeren Lebenszyklus aufweist. Außerdem verkleinert das leichte Gewicht des Materials den Energieaufwand beim Transport. Restentleerte Aluminium-Tuben werden gemeinsam mit dem Alt-Metall entsorgt.
Glas
Vor allem der Dijon-Senf sowie österreichische Spezialsenfe sind in Glas verpackt. Glas wird oft als Qualitätszeichen angesehen, was Marketingabteilungen gerne für ihre Produkte nutzen. Laut Katrin Segel, Geschäftsführerin von Ramsa, hat die Verpackungswahl aber nicht nur marketingtechnische Gründe, sondern auch pragmatische: “Es gibt Spezialsenfe – beispielsweise mit Apfelstücken veredelt –, die man nicht in Tuben füllen kann. Die Apfelstücke würden alles verstopfen und Konsumentinnen und Konsumenten würden den Inhalt nicht mehr aus der Tube kriegen. Da ist Glas sinnvoller.”
Der Senf im Glas kann jedoch schneller an Geschmack verlieren, weil das Material einerseits lichtdurchlässig ist und andererseits bei jedem Öffnen Luft dazu kommt. Je nach Gebrauch kann der Senf zudem verunreinigt werden, etwa wenn man ihn mit einem gebrauchten Löffel herausnimmt. Positiv zu bewerten ist, dass vom Material Glas selbst keine gesundheitliche Gefahr ausgeht – weder kommt es zu Geschmacksveränderungen noch zur Abgabe von Chemikalien.
Die ökologische Nachhaltigkeit ist bei Glas nur zum Teil gegeben. Recycling ist zwar möglich, aber nur unter relativ hohem Wasser- und Energieeinsatz. Entscheidend ist deshalb, ob es sich um eine Einweg- oder Mehrwegverpackung handelt: Verpackungen, die nach einmaligem Gebrauch rezykliert werden, verbrauchen mehr Energie als solche, die getrennt gesammelt, gereinigt und wiederverwendet werden. Senfgläser sind ausschließlich Einwegverpackungen. Laut einer Studie von Greenpeace und der Wirtschaftsuniversität Wien ist außerdem der Energieaufwand für kleinere Glasverpackungen, wie sie häufig beim Senf vorkommen, höher als für größere Glasverpackungen.
Kunststoff
Kunststoffgebinde sind für Konsumentinnen und Konsumenten billig, stabil, leicht und brechen nicht. Deswegen werden sie trotz der regelmäßig auftretenden Kritik bezüglich Nachhaltigkeit und Gesundheit gerne verwendet. Senf in größeren Gebinden, etwa für die Gastronomie, ist überwiegend in Kunststoff-Flaschen oder -Kübeln abgefüllt. Jedoch besteht, wie beim Aluminium, auch bei Kunststoff die Gefahr, dass gesundheitsschädliche Stoffe wie Bisphenol A in die darin enthaltenen Lebensmittel gelangen. Verpackungs-Herstellerinnen und -Hersteller müssen daher bestimmte Grenzwerte einhalten.
Kunststoffe werden aus dem fossilen Rohstoff Erdöl gewonnen und ihre Herstellung benötigt einiges an Energie. Dafür ist die für den Transport einzusetzende Energie durch das geringe Gewicht niedrig. Aufgrund der Erdölknappheit und der Entsorgungsproblematik ist ein Recyclingsystem für Plastik wichtig. Wird Plastik nicht rezykliert, dann wird es verbrannt. Die Recycling-Fähigkeit des Stoffes ist allerdings begrenzt, denn Kunststoff kann sehr unterschiedlich zusammengesetzt sein. Gemische sind schwierig zu rezyklieren, weil meist nicht die gewünschte Qualität des wiederaufbereiteten Produktes gewährleistet werden kann.
Als Alternative zu Kunststoffen werden heute teilweise Bio-Kunststoffe eingesetzt. In ihren Eigenschaften ähneln diese den herkömmlichen: Sie sind leicht, stabil und brechen kaum. Bei Speisesenf sind Bio-Kunststoffe allerdings kaum Thema. Ohnehin sind sie nicht per se nachhaltig. Weder sind sie immer aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt noch stets biologisch abbaubar. Zudem bringen diese Kunststoffe einen ethischen Zielkonflikt mit sich, denn sie werden unter anderem aus direkt essbaren Rohstoffen wie Mais oder Kartoffeln produziert. Hier kommt die Frage auf, was sinnvoller ist: Sollen Lebensmittel derart zweckentfremdet werden oder sollen sie als direkte menschliche Nahrung dienen?