Sortenwahl und Züchtung

Schon seit Jahrhunderten entwickelten sich die Wildpflanzen durch den Menschen immer weiter und wurden nach und nach zu Kulturpflanzen, wie wir sie heute kennen. Auch die Vorfahren der Paprikapflanzen, wie wir sie heute verwenden, waren irgendwann Wildpflanzen. Immer wieder wurden neue Technologien entwickelt, welche die intensive Züchtung und den effizienten Paprika-Anbau, wie es sie seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt, erst ermöglicht haben.

Acht Jahre bis zur "perfekten" Pflanze

Vom Start der Züchtung bis zur Einführung der Sorte brauchen Zuchtunternehmen etwa sieben bis acht Jahre. In dieser Zeit durchläuft man im Züchtungsprozess verschiedene Phasen. Als erstes werden Zuchtziele bestimmt. Diese können unterschiedlicher Natur sein und sich zum Beispiel auf den Geschmack, die Farbe oder auch die Form beziehen. Die Form spielt vor allem für die Verpackungsindustrie eine Rolle. Züchtet man eine Pflanze neu, werden zuerst zwei verschiedene Pflanzen gekreuzt und im Anschluss werden immer wieder nur die Pflanzen weiterverwendet, die den Zuchtzielen entsprechen. Züchten bedeutet also immer wieder auszusortieren und Mut zum Wegwerfen zu besitzen. Nach etwa fünf Pflanzengenerationen ist die „perfekte“ Pflanze dann fertig und es erfolgt die Anmeldung für den Sortenschutz. In Österreich erfolgt diese bei der AGES – der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit.

Züchtung zur Erhaltung von Pflanzen

Hat man eine gute Sorte gezüchtet, die hinsichtlich des Ertrags, Geschmacks, Form und Farbe genau den Wünschen entspricht, reicht es nicht, die Samen der Pflanzen jedes Jahr nachzubauen. Die Leistung der Pflanzen würde nachlassen und man könnte nicht den gleichen Ertrag erzielen.
Die Erhaltungszucht funktioniert vom Prinzip her ähnlich wie die Zucht neuer Pflanzensorten. Die gewünschte Sorte wird angebaut und dann werden immer wieder nur die schönsten Pflanzen ausgewählt. Bei diesem Prozess erhält man nicht nur die Sorte, sondern verbessert sie immer wieder weiter. Diese Erhaltungszucht wird, so lange die Nachfrage nach der Sorte besteht, fortgesetzt. 
 

Züchtung in Österreich

In Österreich gibt es die zwei Zuchtunternehmen Austrosaat und Reinsaat. Diese züchten Paprika-Saatgut für den Freilandanbau wie auch für Hobby-Gärtnerinnen und -Gärtner. Zu den bekanntesten Sorten der Austrosaat zählen der Neusiedler Ideal und der Austrocapi. Das Saatgut für den Paprika-Anbau im Glashaus ist jedoch Hybridsaatgut, das aus internationaler Züchtung, vor allem aus den Niederlanden, stammt. „Allgemein ist die Züchtung sehr aufwändig“, erklärt uns Gerald Raser, Züchter bei Austrosaat. „In internationalen Zuchtunternehmen sind teilweise 50 Personen an der Züchtung von nur einer Kultur beteiligt.“

Hybridsaatgut aus internationaler Zucht

Paprika-Anbau im Glashaus | © Land schafft Leben, (2020)

Wie in vielen Bereichen der Landwirtschaft züchten einige wenige internationale Unternehmen das Saatgut für die meisten Betriebe auf der ganzen Welt. Die internationalen Züchterinnen und Züchter entwickeln Sorten, die für die jeweilige Anbauform, den Geschmack der Konsumenten und den Transport optimiert sind. Sie stellen sogenanntes Hybridsaatgut her, das hohe Erträge hervorbringt.

Samenfeste Sorten

Samenfeste Sorten sind sozusagen das Gegenstück zum Hybridsaatgut. Der Hauptunterschied liegt darin, dass das Saatgut samenfester Sorten nicht jedes Jahr neu gekauft werden muss, sondern die Samen der Pflanzen immer weiterverwendet werden können und die Sorte die etwa die gleichen Eigenschaften beibehält. Einbußen im Ertrag und eine Veränderung der Sorte können trotzdem im Laufe der Zeit auftreten. Denn besonders im Freiland kann Fremdbestäubung nicht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund kommt auch bei samenfesten Sorten die Erhaltungszucht zum Einsatz.

Jungpflanzenanzucht meist im Ausland

Paprika-Anbau im Folientunnel | © Land schafft Leben, (2020)

Die meisten Jungpflanzenbetriebe, von denen österreichische Betriebe Paprika-Pflänzchen beziehen, befinden sich im Ausland. In Österreich gibt es zwar auch einige Jungpflanzenbetriebe, doch arbeitet man im hochprofessionalisierten Glashausanbau mit speziellen Sorten, welche meistens aus den Niederlanden, Belgien oder Deutschland kommen. Diese internationale Arbeitsteilung hat vor allem ökonomische Vorteile. Denn die Maschinen, die in großen Anlagen für die Jungpflanzenzucht im Ausland verwendet werden, sind sehr teuer. Da sich die Anschaffung nicht rentieren würde, kommen diese in Österreich nicht zur Anwendung. Das sogenannte „Pikieren“ ist in Österreich also Handarbeit. "Pikieren" beschreibt dabei das Versetzen von Gemüsekeimlingen aus der Saatschale in einzelne Töpfchen.  In den großen Anlagen in den Niederlanden, Belgien und Deutschland passiert dieser Prozess maschinell.

Aus Samen werden Pflänzchen

Damit aus Samen Pflänzchen werden, werden die Samen in Keimkammern eingesetzt. In diesen Kammern herrschen warme Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad. Sind aus den Samen dann Jungpflanzen geworden, werden diese für den Glashaus-Anbau in Kokosfaser- oder Steinwollwürfeln herangezogen. Keimung und Jungpflanzenanzucht für den Glashaus-Anbau in Österreich erfolgen meist in den Niederlanden oder in Deutschland. Dennoch gibt es auch einige österreichische Betriebe, die selbst Samen keimen lassen und Jungpflanzen ziehen. Der größte Unterschied zwischen Österreich und der Jungpflanzenanzucht im Ausland besteht in der Größe der Betriebe. Österreichische Betriebe setzen im Gegensatz zu Deutschland und den Niederlanden kaum Maschinen ein und produzieren allgemein im kleineren Stil für das Freiland oder den Anbau im Folientunnel.

Sortenauswahl

Eine wichtige Entscheidung, die Paprika-Erzeuger einmal im Jahr treffen, ist die Sortenauswahl. Selbst große Betriebe bauen oft nur ein bis drei Sorten an. Drei Monate vor dem Setzen bestellen die Paprika-Betriebe beim Jungpflanzenproduzenten. Sie wählen die Sorten nicht einfach nach Gefühl in einem Katalog aus, sondern testen diese vorher.

Einige Betriebe führen Sortentests in kleinem Rahmen durch, andere ziehen Testergebnisse von ihren Erzeugerorganisationen heran. Diese testen über das ganze Jahr hinweg Sorten und beurteilen sie unter anderem nach Lagerfähigkeit und Geschmack. Dabei müssen die Sorten Mindeststandards erfüllen, um überhaupt in großem Stil angebaut werden zu können.

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