Der spannende Weg des Paprika in die heimische Esskultur
Der Paprika kam sozusagen zweimal nach Europa. Seine erste Ankunft als Direktimport aus dem für die europäische Welt neu entdeckten Amerika war nicht erfolgreich. Erst ein „Umweg“ über die Küchen Asiens und die allmähliche Entschärfung ebneten dem Paprika seinen Siegeszug in die europäische und damit auch österreichische Kulinarik.
Als Christoph Kolumbus im Jahr 1493 von seiner Expedition zurückkehrte, hatte sein Schiff auch Paprika geladen, um sie am spanischen Königshof zu präsentieren. Doch der scharfen Frucht blieb der erhoffte Erfolg versagt. Dem Adel am spanischen Hof war dieses Gewürz zu scharf. Auch galt der Paprika ob seiner Anspruchslosigkeit als zu wenig exklusiv. Er gedieh nämlich im warmen Mittelemeerklima prächtig. Anders als seinem Konkurrenten auf dem Feld der Schärfe, dem Pfeffer, oder anderen von der damaligen adeligen Elite heiß begehrten Gewürzen aus Indien und den Molukken, fehlte es dem Paprika an Prestige. Oder anders ausgedrückt: Es war mit seinem Handel kein Geld zu machen, weil er auch in Europa wuchs. Oder noch einmal anders ausgedrückt: Der Paprika verweigerte sich einer adeligen Exklusivität und wurde deshalb als Gewürz für die Armen erst so richtig populär. Zunächst aber eben nicht in Europa sondern Indien. Dorthin hatten ihn die Portugiesen im Zuge ihrer Kolonisierung Goas und der ganzen westindischen Küste gebracht. Besonders in Südindien erkannte man bald das Potenzial der Paprika und integrierte ihn in die dortige Küche. So wurde der Paprika eine wichtige Speisezutat. Er verfeinert Reis, Gemüse und Linsen – so sehr, dass er zu einem Charakteristikum der indischen Küche aufstieg.
Der Paprika verbreitete sich also erst von Indien aus weltweit. Entlang der Seidenstraße zuerst nach Afghanistan und schließlich Nepal und China. Nach Ungarn und Serbien, die man bis heute in unseren Breiten vor allem mit dem Paprika assoziiert, brachten ihn die Türken. Und über Ungarn eroberte der Paprika schließlich mit klassischen Rezepten wie dem Gulasch die Küchen der Doppelmonarchie, aus denen er bis heute nicht wegzudenken ist.
Paprika als Gemüse gibt es erst seit der Nachkriegszeit
Bis weit ins 20. Jahrhundert kannte die Küche Paprika nur als Gewürz. Der süße Gemüsepaprika, dem seine ursprüngliche Schärfe weggezüchtet wurde, hielt erst nach dem zweiten Weltkrieg Einzug in die Gemüseabteilung. Was vor allem jüngeren Gemüse-Begeisterten ebenfalls seltsam erscheinen mag, ist der Umstand, dass bis in die 90er Jahre des letzten Jahrhunderts fast ausschließlich der grüne, also unreife Paprika im Supermarktregal lag. Seit damals hat dieser jedoch deutlich an Käufergunst verloren. Während der grüne Paprika früher noch fixer Bestandteil der Tricolore war, wird er heute immer mehr vom orangen Paprika verdrängt.
Migration nach Österreich führt zu mehr Paprika-Vielfalt
Andere Völker, andere Paprika! In dieser kleinen Abwandlung der Redewendung „Andere Völker, andere Sitten“, steckt etwas Wahres. Unsere Experten weisen immer wieder darauf hin, dass der für uns typische Blockpaprika in rot, gelb und – immer mehr auch – in orange alles andere als typisch für Menschen aus anderen Ländern ist. Gemüse-Experte Wolfgang Palme hat mit einem Verkäufer beim Viktor Adler-Markt im Wiener 10. Bezirk gesprochen: „Der Verkäufer hatte verschiedenste Paprikaorten im Sortiment und meinte, er könne am Kauf der Paprika ablesen, woher die Menschen kommen. Serben kaufen zum Beispiel laut ihm tendenziell eher länglichen Spitzpaprika, Türken eher wachsfrüchtige Sorten und Österreicher greifen eher zu gelbem oder rotem Blockpaprika.“ Die Tricolore ist vor allem in Mittel- und Nordeuropa die Norm, andernorts gehört sie zu den Exoten.