Boden und düngen
Der Boden ist für den Apfelbaum nicht nur als Verankerung wichtig. Er liefert Nährstoffe und Wasser. Die Bäuerinnen und Bauern können Bodenproben einschicken, etwa an das Referat für Boden- und Pflanzenanalytik in Haidegg an der Stadtgrenze von Graz.
> HINTERGRÜNDE: Weg der Nährstoffe
Es stellt die Qualität der Böden fest und wie viele Nährstoffe diese benötigen. Dr. Wolfgang Krainer, Leiter des Referats, erklärt: “Die Düngeempfehlung wird darauf abgestimmt, welche Frucht angebaut wird, wieviel an Nährstoffen schon im Boden vorhanden ist, und wie viel diese Frucht, die geplant ist, benötigt. Da wird für jeden Bauern eine spezielle Düngeberatung vorgenommen.”
Gras, das in den Plantagen wächst, wird gemäht, zerkleinert (“mulchen”) als Dünger auf den Boden neben dem Stammansatz gelegt. Das machen nicht alle Apfelbäuerinnen und Apfelbauern. Zusätzlich müssen sie organische oder mineralische Düngemittel ausbringen. “Bei der Ernte wird mehr aus der Anlage entnommen als durch die Kreislaufwirtschaft in den Boden hinein kommt”, erklärt Apfelbauer Thomas Nestelberger. Wichtig sei eine genaue Abstimmung: “Man muss sich die Kultur ansehen, wie viel sie genau benötigt.”
Bio-Bäuerinnen und -Bauern müssen vorwiegend Düngemittel verwenden, die vom eigenen Betrieb stammen und somit biologisch sind. Nur in Ausnahmefällen dürfen sie betriebsfremde organische oder mineralische Düngemittel verwenden. Von welchem Betrieb ein Bio-Bauernhof die Düngemittel bezieht, muss er genau aufzeichnen. Bio Austria verbietet konventionellen Schweine- und Hühnermist.
Die Bedürfnisse eines Bio-Apfelbaumes sind die gleichen. Bio-Bauer Fritz Prem sagt, seine Bäume brauchen “genauso Kalium, Phosphor, Stickstoff, Spurenelemente, Kalzium und all diese Dinge.” Er muss auf jene Dünger zurückgreifen, die im Bio-Anbau zugelassen sind. Prem verwende vor allem Ölschrote, die bei der Herstellung von Ölen wie Sonnenblumen- und Kürbiskernöl anfallen.
Im Apfelanbau gibt es keine klassische Fruchtfolge, die Bäume stehen immer über mehrere Jahre am selben Platz. Besonders im Bio-Bereich ist die Fruchtfolge ein wesentlicher Punkt, im Obstbau aber schwierig einzuhalten. Bio Austria schreibt daher vor, dass der Boden zwischen den Bäumen ganzjährig begrünt ist. Ein unbepflanzter Boden würde zu viele Nährstoffe verlieren. Auch konventionelle Bäuerinnen und Bauern begrünen in der Regel ihre Böden.
Klima und Bewässerung
Äpfel gibt es nur aus Freilandanbau. Die klimatischen Bedingungen sind nicht nur für den Ernteerfolg wichtig, sondern finden sich im Geschmack des Apfels wieder. In Mitteleuropa herrschen grundsätzlich gute Bedingungen für den Apfelanbau. Zu große Hitze im Sommer ist ein Problem für den Apfelbaum. “Bei einer gewissen Temperatur schaltet die Pflanze ab”, erklärt Apfelbauer Thomas Nestelberger. Der Baum braucht seine Energie für die Kühlung und setzt das Pflanzen- und Fruchtwachstum aus.
Um in Österreich Äpfel erwerbsmäßig anzubauen, braucht man keine oder zumindest keine intensive Bewässerung. Ein Teil der Apfelbäuerinnen und Apfelbauern bewässert die Anlagen. Im Hauptanbaugebiet, der Oststeiermark, hält die Bewässerung laut Apfelbauer Thomas Nestelberger langsam Einzug. Aber vor allem dort, wo es möglich oder dringend notwendig ist. Dafür gibt es zwei Systeme, die Tröpfchenbewässerung über Schläuche und die in Österreich seltene Beregnung. Bei der Beregnung kommt das Wasser von oben und kühlt die Pflanze bei großer Hitze im Sommer. Beide Systeme sind sowohl im konventionellen als auch im Bio-Bereich erlaubt.
Bestäuber
Apfelblüten müssen bestäubt werden, dazu brauchen sie Insekten. Auch bei der Bestäubung gibt es keinen Unterschied zwischen konventionellem und Bio-Anbau. Die Bäuerinnen und Bauern arbeiten mit Imkerinnen und Imkern zusammen oder haben eigene Bienenvölker. Viel Honig produzieren die Bienen in den Apfelanlagen nicht, die Imker müssen den Bienen im Gegenteil zufüttern. Die Bestäubung funktioniert wie bei allen anderen Pflanzen auch. Die Biene saugt Nektar aus den Blüten. Dabei bleibt Blütenstaub an ihren Beinen hängen und gelangt so zur nächsten Blüte, die das Insekt anfliegt.
Apfelbauer Gerhard Schiefermüller hat wie viele seiner Kolleginnen und Kollegen zwischen den Apfelanlagen auch Insektenhotels für andere Fluginsekten aufgestellt. Die willkommenen Gäste kommen von selbst und helfen der Biene beim Bestäuben. “Wenn das Wetter während der Blüte schlecht ist, fliegen die Bienen meistens nicht. Dann sind wir doch sehr froh, wenn wir auch Wildbienen, Hummeln und andere Insekten haben, die einen maßgeblichen Anteil zur Bestäubung der Blüten beitragen”, erklärt Gerhard Schiefermüller.
Schaderreger
Schaderreger, also Umwelteinflüsse, die dem Apfelbaum oder Apfel Schaden zufügen, werden in drei Kategorien eingeteilt. Es gibt Pilzerkrankungen wie Schorf und Mehltau, bakterielle Erkrankungen wie den Feuerbrand und Schädlinge wie den Apfelwickler und die Wühlmaus. Dazu kommen Virosen – Viruserkrankungen von Pflanzen – und Unkräuter. Wir haben uns fünf häufige Schaderreger angesehen.
Pflanzenschutz
Um die Pflanzen vor den verschiedenen Schaderregern zu schützen, gibt es unzählige Mittel und Methoden. Wir unterscheiden zwischen chemisch-synthetischen und nicht-chemisch-synthetischen Mitteln sowie mechanische Maßnahmen. Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern dürfen nur nicht chemisch-synthetische Mittel und Nützlinge verwenden. Konventionelle Bäuerinnen und Bauern verwenden neben den chemisch-synthetischen die bei Bio erlaubten Mittel. Sie integrieren also organische Pflanzenschutzmittel und verwenden diese nach eigenen Angaben bevorzugt. Daher ist für den konventionellen Apfelanbau mittlerweile auch der Begriff “integrierter Anbau” gebräuchlich.
Chemisch-synthetische Mittel
Mittel, die in der Natur nicht vorkommen und nicht organisch sind, werden als chemisch-synthetisch bezeichnet. Pestizide ist der Sammelbegriff für chemische Substanzen, die Schädlinge töten. Insektizide vergiften Insekten und Fungizide wirken gegen Pilzbefall. Ein wichtiges Fungizid ist beispielsweise Captan.
Diese chemische Verbindung wirkt gegen Apfelschorf und beugt einer Fäulnis bei der Lagerung vor. Der Wirkstoff wurde 1949 in den USA erstmals zugelassen, in den 1960er-Jahren in Europa. Seitdem verwenden ihn Bäuerinnen und Bauern weltweit. In Österreich schreibt die Zulassung vor, dass Captan fünfmal und im Abstand von vier bis zehn Tagen ausgebracht werden darf. Es muss in Wasser gelöst und dann verspritzt oder versprüht werden. Captan steht im Verdacht, krebserregend zu sein.
Ebenfalls in diesem Verdacht steht Glyphosat. Es ist in Mitteln zur Unkrautbekämpfung enthalten, wird im konventionellen Apfelanbau teilweise zur Unkrautvernichtung zwischen den Baumreihen eingesetzt, spielt aber eine untergeordnete Rolle. Eine mechanische Bodenbearbeitung führen vor allem Bio-Bäuerinnen und -Bauern durch, als Alternative zu Unkrautvernichtungsmitteln.
Nicht-chemisch-synthetische Mittel
Im Bio-Anbau sind chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verboten. Daher sind vor allem Bio-Bäuerinnen und -Bauern auf anorganische wie Kupfer und organische Mittel wie Pflanzenextrake angewiesen. Beide kommen in der Natur vor und werden nicht chemisch-synthetisch hergestellt. Ein Beispiel ist Carpovirusine. Dieses Mittel infiziert den Apfelwickler mit einem Virus und die Larve stirbt ab.
Kupfer
Sowohl Bio-Bäuerinnen und -Bauern als auch konventionelle bringen das Schwermetall Kupfer in die Natur aus, um Apfelbäume gegen Pilzbefall zu schützen. Im Bio-Anbau hat Kupfer eine größere Bedeutung, weil chemisch-synthetische Mittel verboten sind, und es Fungizide teilweise ersetzen kann. Vor allem gegen den Schorf haben Bio-Landwirte keine Alternativen, die Kupfer gänzlich ersetzen. Kupfer-Rückstände gibt es im Apfel in Form von Spurenelementen.
Die ausgebrachte Menge pro Hektar limitiert die EU mit sechs und Bio Austria mit drei Kilogramm pro Jahr. Bio-Bauer Fritz Prem sagt, der Kupfer-Verbrauch habe sich in den vergangenen Jahren im gesamten Bio-Bereich halbiert. Global 2000 bestätigt diesen Trend. Gründe für die Reduzierung seien die gezieltere Anwendung und wirksamere Mittel. Laut der Umweltschutzorganisation ist das Problem beim Ausbringen von Kupfer vor allem die Anreicherung im Boden und die Schädigung von Bodenlebewesen. Global 2000 betont, dass es für eine Reduzierung des Ausbringens von Kupfer im Apfelanbau ist. Kupfer wird mit der Zeit “inaktiv”. Wann Kupfer im Boden wie viele Bodenlebewesen schädigt, ist nicht bekannt.
Weitere Methoden
Neben den pulverförmigen und flüssigen Wirkstoffen gibt es noch weitere ausgeklügelte Methoden, Schädlinge zu bekämpfen. Solche Methoden sollten immer bevorzugt angewendet werden, wie Umweltschutzorganisationen und die Bäuerinnen und Bauern selbst betonen.
Bei der so genannten Verwirrmethode verwirrt man Apfelwickler-Männchen, die auf der Suche nach Weibchen sind. Die Weibchen verströmen Pheromone, die Männchen anlocken. Solche Pheromone werden auf Dispensern in die Apfelplantage gehängt. Sie locken die Männchen an, die dann nicht zum Weibchen finden. Auch im konventionellen Anbau erlangt die Verwirrmethode immer mehr Bedeutung.
Auch die Zusammenarbeit mit Nützlingen kann als Pflanzenschutz bezeichnet werden. Bäuerinnen und Bauern stellen Nistkästen für Vögel auf, die Schädlinge fressen, achten beim Ausbringen von Wirkstoffen darauf, Raubmilben zu schonen oder halten Katzen, die Wühlmäuse jagen. Oder sie pflanzen neben den Anlagen zum Beispiel Hecken, um Nützlinge anzuziehen.
Bedeutung hat auch mechanische Methoden wie das Auflockern des Bodens mit einem Traktor. Auf EU-Bio-Ebene werden zur vorbeugenden Stärkung der Bäume Kräuterauszüge, Kräuterjauchen und Kompostextrakte empfohlen.
Jeder Wirkstoff braucht eine Genehmigung. Die Richtlinie dafür gibt die EU vor, das österreichische Bundesamt für Ernährungssicherheit führt das Verfahren durch. Österreich hat die Richtlinie streng umgelegt und daher ein vergleichsweise strenges Zulassungsverfahren. Geprüft werden Umweltverträglichkeit, Giftigkeit und in welchem Ausmaß der Wirkstoff Rückstände hinterlässt. Das Verfahren ist sehr aufwändig und dauert lange. Die Zulassung schreibt auch jene Zeit vor, die zwischen dem letzten Ausbringen und der Ernte vergehen muss. Oft braucht es ein neues Mittel, gegen das Schaderreger noch nicht resistent sind. Konsumentinnen und Konsumenten wollen aber insgesamt weniger chemisch-synthetische Mittel in der Landwirtschaft.
Ausbringen von chemisch-synthetischen Mitteln
Der Kostenaufwand für Wirkstoffe verlangt einen sparsamen Umgang, die chemisch hergestellten Mittel sind teuer. Damit die Bäuerin und der Bauern genau wissen, wann sie Mittel ausbringen sollten, gibt es eigene Wetterprognosen. So werden große Mengen an Wirkstoffen eingespart und die Umwelt geschont. Die Apfelbäuerinnen und Apfelbauern sagen, dass es auch wichtig sei, sich selbst ein Bild von der Notwendigkeit der Mittel zu machen.
Für den gezielten Einsatz von Wirkstoffen brauche es Erfahrung und Gefühl. Apfelbauer Gerhard Schiefermüller erklärt: “Bevor man Pflanzenschutzmittel einsetzt, muss man immer Bonitieren gehen (fachliche Prüfung der Notwendigkeit, Anm.). Da gibt es verschiedene Methoden, zum Beispiel die Schädlinge am Blatt zählen. Ab einer kritischen Schwelle muss man eine Behandlung durchführen, damit die Krankheiten und Schädlinge nicht Überhand nehmen.”
Thomas Nestelberger, ebenfalls konventioneller Apfelbauer, fasst zusammen: “Je gezielter ich die Pflanzenschutzmittel einsetze, desto weniger brauche ich und desto mehr Wirkung erziele ich. (...) Wenn ich diese Mittel das ganze Jahr über alle 14 Tage einsetzen würde, würde ich einen gewaltigen Schaden anrichten.” Die Bäuerinnen und Bauern müssen jeden Einkauf und jedes Ausbringen von Wirkstoffen dokumentieren. Dafür gibt es eine so genannte Pflanzenschutzkarte. Laut Global 2000 haben sich die Rückstände von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auf heimischen Äpfeln reduziert. Als Gründe nennt die Umweltschutzorganisation die gezieltere Anwendung und die gestiegene Sensibilität von Bäuerinnen und Bauern sowie von Konsumentinnen und Konsumenten beim Thema chemisch-synthetischer Mittel und Rückstände.
Pestizidrückstände
Wie viele Rückstände im Apfel sein dürfen, ist gesetzlich geregelt. Bio-Äpfel dürfen keine enthalten, konventionell hergestellte müssen unter den gesetzlichen Höchstwerten liegen. Dazwischen gibt es die Höchstwerte von Qualitätsprogrammen wie Pro Planet, das Global 2000 mitentwickelt hat.
Im Herbst 2015 hat ein Greenpeace-Report in der Apfelbranche und bei Konsumenten für Aufregung gesorgt. Greenpeace hatte eine Studie durchgeführt, die Äpfel auf Rückstände von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln untersuchte. Auf österreichischen Äpfeln aus konventioneller Landwirtschaft wurden Rückstände festgestellt. Alle waren jedoch deutlich unter den gesetzlichen Höchstwerten. Greenpeace kam dennoch zu folgendem Schluss: “Die Ergebnisse dieser Studie (...) sind ein weiterer Beleg dafür, dass wir dringend vom gegenwärtigen Paradigma der chemieintensiven Landwirtschaft wegkommen müssen. Insbesondere muss der Einsatz von Pestiziden eingedämmt und schließlich ganz gestoppt werden.” Global 2000 ist gleicher Meinung. Vertreter der Apfelbranche sehen das Ergebnis der Studie sogar als Erfolgsnachweis für den bewussten Umgang mit Pflanzenschutzmitteln, wegen dem deutlichen Unterschreiten der gesetzlichen Höchstwerte in allen Fällen.
Bio-Apfelbauer Fritz Prem sieht den Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln generell als bedenklich. Mit Wirkstoffen aus der Natur würde die Natur “schon seit zehntausend oder hundertausend Jahren” umgehen können, bei chemisch-synthetischen sei das anders, wie Prem in einer Kolumne auf Fruchtportal.de schreibt. “Bei ersteren hat die Natur selbst den Beweis erbracht, wie Langzeitwirkungen aussehen können, bei letzteren werden wir die Wirkung über Generationen erst erwarten müssen.”