Vom weißen Gold zum Billigprodukt
„Auf Gold kann man verzichten, nicht aber auf Salz“, sagte einst der römische Gelehrte Cassiodor. Nicht nur die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten, sondern auch die damals limitierten Transportmöglichkeiten machten den Salzabbau früh zu einem grundlegenden und wertvollen Wirtschaftsfaktor. Der unverzichtbare Rohstoff war ein teures Handelsgut: Wie Ausgrabungen zeigen, hat das sogenannte weiße Gold den Einwohnerinnen und Einwohnern in Hallstatt viel Reichtum gebracht. Gräber der eisenzeitlichen Bergleute (850 bis 350 vor Christus) sind mit zahlreichen Prestigeobjekten ausgestattet.
Ein Fundstück ist beispielsweise ein Eisenschwert, dessen Griff aus Elfenbein besteht und mit Bernstein verziert ist. Das Schwert ist einerseits ein Beweis dafür, dass es offensichtlich für einen Hallstätter möglich war, sich afrikanisches Elfenbein und Bernstein aus dem Baltikum zu besorgen. Andererseits zeigt es, dass bereits vor 2800 Jahren globaler Handel betrieben wurde.
Ein weiteres Indiz für den internationalen Handel ist die bronzezeitliche Schinkenproduktion. Durch Funde von großen Blockbaukonstruktionen, die vermutlich als Pökelwannen dienten, und bestimmten Knochenstücken gehen Forschende davon aus, dass in Hallstatt Schweinefleisch mit Hilfe des Salzes zu Schinken veredelt und weiterverkauft wurde. Nur durch die Salzzugabe war es möglich, Lebensmittel wie Fleisch haltbar und transportfähig zu machen. „Früher war es wichtig, Fleisch konservieren zu können. Es ging auch ums Würzen, noch wichtiger war aber das Konservieren. Würzen war gut, Konservieren war lebenswichtig“, so Ernst Gaisbauer.
Bis in die frühe Neuzeit (von 1300 bis 1800) konnten sich nicht alle Menschen Salz leisten. Der Besitz beziehungsweise die Kontrolle des Salzhandels bedeuteten Reichtum. Der Wohlstand vieler weltlicher und geistlicher Fürstentümer sowie vieler Städte gründeten auf dem Salzwesen.
Seither hat sich die Bedeutung von Salz jedoch radikal verändert. Heute ist Salz im Supermarkt für bereits 35 Cent pro Kilogramm zu kaufen. Kerstin Kowarik vom Naturhistorischen Museum spricht von einem Faktorenbündel, das zu diesem Wandel geführt hat:
- Durch die technische Entwicklung und die damit einhergehende Industrialisierung kann heute Salz in rauen Mengen gewonnen werden.
- Entsprechend der hohen Verfügbarkeit ist auch die Wertschätzung des Lebensmittels gesunken.
- Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass Salz überlebensnotwendig ist.
- Das Kühlen von Lebensmitteln im Kühlschrank ersetzt zu einem großen Teil die Salz-Konservierung. Beide Systeme haben zum Ziel, Lebensmittel haltbar zu machen, wobei das Konservieren im Kühlschrank einfacher und schneller ist.
Die Salinen Austria AG als ältestes Industrieunternehmen
In Österreich baut nur ein Betrieb industriell Salz ab: Die Salinen Austria AG. Die Aktiengesellschaft gehört zum größten Teil der Androsch International Management Consulting GmbH und der Invest Holding GmbH, die wiederum die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG besitzt. „Sie hat mit ihrem Betrieb schon in der Steinzeit, also vor 7.000 Jahren, begonnen. Weltweit gibt es das kein zweites Mal, dass ein Industrieunternehmen in der Steinzeit anfängt, bis heute noch existiert und im Moment sogar expandiert“, sagt Hans Reschreiter vom Naturhistorischen Museum.
Da somit weniger als drei Hersteller im Land vorhanden sind und die vorhandenen Daten relativ einfach auf die Salinen Austria AG schließen lassen, unterliegen Exportzahlen, Absätze und weitere ökonomische Angaben der Geheimhaltung.
Allgemein geht man davon aus, dass sich der Salzabbau in Österreich wirtschaftlich nur knapp rechnet. Grund dafür sind die Vergleichsweise hohen Produktionskosten, die wegen des aufwendigen Abbauverfahrens von Siedesalz anfallen. In Deutschland kostet die Produktion einer Tonne Steinsalz fünfmal weniger als der Abbau von Siedesalz in Österreich. Jedoch ist der Transport des deutschen Salzes nach Österreich so teuer, dass sich die heimische Produktion wieder rentiert. Gemäß Kurt Thomanek, CTO der Salinen Austria AG, ist der Salz-Transport im Umkreis von ungefähr 300 Kilometer rentabel. Die Transportkosten würden bei ihnen mehr als die Hälfte des Verkaufspreises ausmachen.
Die geringe Kostendifferenz und auch die EU-Öffnung haben dazu beigetragen, dass wir mittlerweile in den Supermarkt-Regalen eine Vielfalt an Salzen finden. Der größte Anteil von Meersalz wird aus Frankreich importiert, Himalayasalz aus Pakistan, Steinsalz kommt aus Deutschland. Für die österreichischen Salinen spielt der Export nach eigenen Angaben eine wichtige Rolle: „Der Export ist mit einer Quote von ungefähr 50 Prozent ein wesentliches Element unserer Geschäftsstrategie. Salzspezialitäten wie das Pharmasalz verkaufen wir beispielsweise rund um den Globus – von Chile bis Taiwan“, erklärt CEO Peter Untersperger.
Mittlerweile zählen die Salinen Austria zu den bedeutendsten Salzherstellern Europas. Das Produktportfolio umfasst ein volles Programm von ungefähr 300 Siedesalzprodukten, welches durch Meer- und Steinsalzprodukte ergänzt wird.
Wertschöpfung in Österreich
Der Salzabbau hat in Österreich eine große wirtschaftliche Bedeutung, weil die vollständige Wertschöpfungskette in Österreich liegt. Aufgrund dieser inländischen Wertschöpfung ist das Salz der Salinen Austria mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet.
Vom Abbau bis zum Verkauf findet alles im Inland statt. Rund 520 Menschen kümmern sich bei den Salinen um die Aufrechterhaltung des Betriebs (Stand: März 2021). Die ausgeübten Berufe vor Ort sind vielfältig: von Arbeitskräften aus den Bereichen Elektrik, Schlosserei über Geologie, Vermessungs- oder Lebensmitteltechnik bis hin zu Marketing und Qualitätsmanagement ist alles vertreten. Den bergmännischen Abbau von Salz übernehmen Bergarbeiter – keine Bergarbeiterinnen: Im österreichischen Salzbergbau sind derzeit ausschließlich Männer tätig. Frauen sind bei den Salinen trotzdem auch anzutreffen – rund 20 Prozent der Angestellten sind weiblich. Diese sind in allen Arbeitssparten außerhalb des Berges anzutreffen.