Die Auswirkungen der Rinderhaltung auf Klima, Biodiversität, Stoffkreisläufe oder Wasserverfügbarkeiten sind vielfältig und voller zum Teil wenig bekannter Zusammenhänge. Hier beleuchten wir die wichtigsten davon.
Da die Rinderwirtschaft in mehrfacher Hinsicht eine herausragende Rolle spielt, sowohl in Österreich als auch global betrachtet, haben wir uns schon zuvor an mehreren Stellen mit einigen ihrer Nachhaltigkeitsaspekte beschäftigt. Zum Beispiel in unserem Report „Landwirtschaft, Ernährung und Klima“, auf den wir in den folgenden Abschnitten immer wieder verweisen werden. 

Rindfleisch und das Klima

Beobachtet man die Medienlandschaft, dann wird Rindfleisch mal als eines der klimaschädlichsten und ressourcenintensivsten aller Lebensmittel dargestellt oder sogar als „Klimakiller“. Mal wird es als wohlschmeckendes und an wertvollen Inhaltsstoffen reiches Lebensmittel betrachtet. Andere Veröffentlichungen portraitieren Rindfleisch als das Produkt eines Nutztieres, das optimal an seinen Lebensraum angepasst und aus einer ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft nicht wegzudenken ist. Die Darstellungen könnten unterschiedlicher kaum sein. Aber was stimmt denn nun? Was lässt sich anhand wissenschaftlich untermauerter Argumente belegen und was nicht? 

Die Antworten auf derlei Fragen hängen zum einen stark davon ab, wie die Rinder gehalten und gefüttert werden. Dies geschieht auf der Welt, und selbst innerhalb Österreichs, auf höchst unterschiedliche Art und Weise. Zum anderen führen unterschiedliche Maßstäbe, die man anlegen kann, zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Grundsätzliche Klima-Zusammenhänge

Das Gros der globalen Fleischproduktion wird durch drei Nutztierarten bereitgestellt: Hühner, Schweine und Rinder. Dabei prägen das Rind maßgeblich zwei Eigenschaften, die es von den beiden anderen genannten Tierarten unterscheidet und die sich bei der Analyse seiner Klimawirkung mal positiv und mal negativ bewerten lassen: Erstens ist das ausgewachsene Rind ein großes und schweres Tier, das bis zu seiner Schlachtreife sehr viel mehr Zeit und damit auch Futter benötigt als etwa Schweine oder Hühner. Generell steckt in einem Kilogramm Rindfleisch aber eine vergleichsweise große Menge an Ressourcen. Dies gilt zunächst unabhängig von der Frage, wie knapp diese Ressourcen sind. Zweitens gehören Rinder zu den Wiederkäuern. Durch die Mikroorganismen, die ihren Verdauungstrakt besiedeln, können sie auch faserreiches Pflanzenmaterial (Gräser und Kräuter) als Futter verwerten. Im Zuge ihrer Verdauung entsteht das klimaschädliche Methan-Gas

Auf der einen Seite machen diese Eigenschaften das Rind zu einem – rein auf die Menge bezogen – schlechteren Futterverwerter und verleihen ihm die schlechtere Klimabilanz, verglichen mit Schwein und Huhn. Auf der anderen Seite lässt sich in Österreich reichlich vorhandenes Grünland nur mittels Wiederkäuern wie dem Rind auf nachhaltige Weise zur Lebensmittelproduktion nutzen und erhalten. Dadurch ergeben sich mehrere Vorteile für die Lebensmittel-Selbstversorgung, die Biodiversität, die Wirtschaft und in Bezug auf den Erhalt der Kulturlandschaft im Alpenraum. Mehr dazu weiter unten.

Insgesamt sind unter den (potenziellen) Quellen von Treibhausgasen der Rindfleischproduktion, folgende vorrangig zu nennen: 
 

Gerade wiederkäuende Nutztiere, zu denen auch Schafe und Ziegen gehören, bringen neben negativen Klimawirkungen aber auch einen entscheidenden Vorteil mit sich: sie können sich von Natur aus vollständig von Gras ernähren und wandeln dabei für uns Menschen unverdauliche Biomasse in hochwertiges Eiweiß und leicht verdauliche Energie um. Das Gras wiederum kann vom Dünger der Tiere genährt werden und wächst ansonsten – im Gegensatz zu Ackerfrüchten wie Weizen oder Erdäpfeln – fast von allein, sprich beispielsweise ohne Pflanzenschutz- oder Bodenbearbeitungsmaßnahmen. Grasbewachsene Flächen, also das sogenannte Grünland, speichern in ihren obersten Bodenschichten zudem große Mengen Kohlenstoff, die dadurch nicht als klimaschädliches CO2 in die Atmosphäre entweichen. So gesehen kann die Haltung von Rindern neben der Produktion hochwertiger Lebensmittel auch klimaschonende Aspekte mit sich bringen.

Um von einer vergleichsweise klimaschonenden Rindfleischproduktion ausgehen zu können, müssen allerdings mehrere Bedingungen erfüllt sein, die im Folgenden noch zur Sprache kommen. Dazu gehört auch eine bessere und treffsicherere Bewertung des Beitrags von Methan zur Klimaerwärmung (mehr dazu weiter unten). Diese wurde zwar unter anderem auch im jüngsten Sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates vorgeschlagen, ist aber längst noch nicht Standard in der Wissenschaft. Bislang wird Methan, grob vereinfacht, als 28-mal klimaschädlicher als CO2 in Klimabilanzen von Lebensmitteln einberechnet. Diese übliche Betrachtungsweise ist auch die Grundlage aller hier thematisierten Klimabilanzen, vor allem aus Gründen der Vergleichbarkeit.

Welche Fallstricke bei der Betrachtung sogenannter CO2-Fußabdrücke bzw. Klimabilanzen auf dich warten, kannst du ausführlich im Kapitel Die Ökobilanz – Wie wirkt unser Konsum aufs Klima? unseres Klima-Reports nachlesen. Wichtig ist unter anderem, ob es sich zum Beispiel um einen globalen Durchschnittswert oder einen Österreich-Durchschnitt handelt und welche Produktionsschritte und Vorleistungen zwischen Feld und Teller wie genau einberechnet wurden. Ganz genaues Hinschauen lohnt sich!

Der CO2-Fußabdruck von Rindfleisch

Der CO2-Fußabdruck eines Lebensmittels spiegelt die Gesamtwirkung aller Treibhausgase wider, die im Zusammenhang mit seiner Bereitstellung oder Nutzung ausgestoßen und zusammengerechnet werden. Dabei wird die Wirkung von Methan, Lachgas und weiterer Klimagase in CO2 umgerechnet. Standardmäßig entsteht so ein CO2-Fußabdruck in Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Lebensmittel.
Man sollte beim Vergleich von Lebensmitteln generell aber, neben anderen Aspekten, auch deren Nährstoff- und Vitamingehalte oder die biologische Wertigkeit des enthaltenen Eiweißes berücksichtigen. Der CO2-Fußabdruck pro Kilogramm Lebensmittel sagt längst nicht alles, was in puncto Nachhaltigkeit wichtig ist. Mehr dazu in diesem Abschnitt unseres Klima-Reports.

Globale Durchschnittswerte sagen im Zweifel zwar wenig über heimische Lebensmittel aus, diese lassen sich durch den Vergleich mit dem weltweiten Durchschnitt aber besser einordnen. Auch lässt dieser prinzipielle Unterschiede zwischen verschiedenen Lebensmitteln erkennen.
In jedem Fall lohnt sich ein Blick auf einen der größten Vergleiche, die in jüngster Vergangenheit errechnet wurden. Die beiden Wissenschaftler Joseph Poore von der Universität Oxford in England und Tomas Nemecek von der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt Agroscope in der Schweiz werteten dazu Daten von 38.700 Bauernhöfen in 119 Ländern aus. Hinzu kamen die Zahlen von 1.600 unterschiedlichen verarbeitenden Betrieben, Verpackungsarten und Lebensmittelhändlern. Im Rahmen ihrer Metaanalyse errechneten die Wissenschaftler unter anderem den CO2-Fußabdruck für 40 Nahrungsmittel als globalen Durchschnittswert.

Es zeigt sich: Rindfleisch hat unter den gängigen Lebensmitteln den mit Abstand größten CO2-Fußabdruck. Dies liegt vor allem an den oben genannten Gründen: Methanausstoß und langsames Wachstum. Beides versteckt sich in der Kategorie „Bauernhof“ der Grafik zu den verschiedenen Emissionsquellen (s. oben), die im CO2-Fußabdruck zusammengezählt werden. Weitere wichtige Quellen stellen der Anbau von Futter oder die Verarbeitung des Rindes dar. Auch sogenannte Landnutzungsänderungen, also vor allem die Umwandlung von Naturflächen in Agrarflächen, sind global betrachtet von großer – negativer – Bedeutung in Sachen Klimawirkung von Lebensmitteln. 

In Brasilien etwa werden Rinder zum Teil auf Flächen geweidet oder gemästet, die kurz zuvor noch von Regenwald bewachsen waren. Durch seine Rodung, aber auch durch die Umwandlung von Grünland in Ackerland oder das Trockenlegen von Mooren zum Zweck der Agrarlandgewinnung wird der von diesen Flächen gespeicherte Kohlenstoff abgebaut und entweicht als CO2 in die Luft. Wird auf den Flächen Futter für Rinder angebaut, zum Beispiel Soja, dann belastet dies, wie erwähnt, den CO2-Fußabdruck des resultierenden Rindfleischs mit hohen Emissionen aus Landnutzungsänderungen. 

Die globale Land- und Forstwirtschaft wird in den Berichten des Weltklimarats IPCC als eigener Emissionssektor betrachtet. Innerhalb dieses Sektors stellen Landnutzungsänderungen sogar die mit Abstand größte Emissionsquelle dar – noch vor dem Methanausstoß der Wiederkäuer und weit vor der Ausbringung synthetischer Dünger, wenngleich diese ebenfalls bedeutsam ist. Wir haben dem Thema Landnutzung in unserem Klima-Report ein eigenes Kapitel gewidmet.  

Rindfleisch aus Österreich im EU-Vergleich

Im Jahr 2010 wurde vom Wissenschaftsdienst der EU-Kommission eine Studie zum CO2-Fußabdruck der Tierhaltung veröffentlicht. Sie ist zwar mittlerweile etwas in die Jahre gekommen, wird aber noch immer häufig zitiert. Ihr großer Vorteil: Sie legt bei der Ermittlung der Klimawirkung tierischer Lebensmittel an alle damaligen EU-Ländern denselben Maßstab an. Im Gegensatz zur globalen Poore-und-Nemecek-Studie zieht die EU-Studie die Grenze des Bemessungsrahmens allerdings schon am Hoftor des landwirtschaftlichen Betriebs. Emissionen aus der Verarbeitung oder der Kühlung des Fleisches im Supermarkt sind hier also nicht eingeflossen. 

Wie bei allen Studien gilt es auch bei der EU-Studie zu bedenken, dass es sich um Durchschnittswerte handelt, in diesem Fall für je einen EU-Staat sowie die EU als Ganzes. Aber auch innerhalb eines Staates gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede. Schließlich wirtschaftet nicht jeder Bauernhof gleich, das heißt Rinder können auf mehrere verschiedene Weisen gehalten und gefüttert werden. Was genau Rinder fressen, erfährst du hier. 

Laut der Studie hat Rindfleisch aus Österreich den kleinsten CO2-Fußabdruck aller damaligen EU-Staaten. Begründet wird dies mit dem Umstand, dass die Fütterung der Tiere mehr als in vielen anderen Ländern auf einem hohen Anteil an Grünfutter und einem generell hohen Grad an Selbstversorgung mit Futter basiert. Dadurch werden hohe Emissionen aus Futtermittelimporten und den damit verbundenen Landnutzungsänderungen vermieden. Einen weiteren wichtigen Grund sehen Fachleute in der weiten Verbreitung der Zweinutzungsrasse „Fleckvieh“ in Österreich. Sie eignet sich gut für die Fleisch- und Milchproduktion und führt zu einer besseren Verteilung der Emissionen auf eine größere Gesamt-Produktmenge – im Gegensatz zur Nutzung von jeweils auf Milch oder Fleisch spezialisierten Rassen. Mehr dazu weiter unten. 
 

Auch innerhalb Österreichs: Unterschiede im Produktionssystem mit großer Klimawirkung

Brauner Ochse auf der Weide | © Land schafft Leben

Um zu sehen, wie sich unterschiedliche Formen der Rindfleischproduktion auf den CO2-Fußabdruck auswirken, muss man bei der Betrachtung nach Produktionssystemen unterscheiden. Genau das haben die beiden Wissenschaftler Stefan Hörtenhuber und Werner Zollitsch von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Rind (ARGE RIND) im Jahr 2020 getan. Die Ergebnisse zeigen die beiden unterstehenden Grafiken. (Anzumerken ist, dass sich die Klimawirkung hier auf das Kilogramm Schlachtköper  bezieht, während die Bezugsgröße bei den beiden zuvor genannten Studien das Fleisch ist. Grundsätzlich sind einzelne Berechnungen meist nicht 1:1 miteinander vergleichbar. Welche weiteren Fallstricke bei der Betrachtung von CO2-Fußabdrücken warten können, findest du in diesem Kapitel unseres Klima-Reports.)

Die Berechnungen zeigen unter anderem: Es macht einen deutlichen Unterschied, woher die Kälber stammen, die später als Stiere, Ochsen oder Kalbinnen zur Produktion von Rindfleisch genutzt werden. Genauer gesagt, ob ihre Herkunft in einer Milchvieherde liegt („Milchkuh-Kalb“) oder ob sie von einer Herde kommen, die ausschließlich zum Zweck der Fleischproduktion gehalten wird („Mutterkuh-Kalb“). Während das Kalb in der Milchviehhaltung kurze Zeit nach der Geburt vom Muttertier getrennt wird (mehr dazu siehe Lebensmittel „Milch“), verbleibt es bei der sogenannten Mutterkuhhaltung zumindest mehrere Monate beim Muttertier, das seine Milch dem Kalb und nicht als Lebensmittel zur Verfügung stellt. Grob gesagt ist die Klimawirkung des Fleischs vom Milchkuh-Kalb halb so groß wie die des Fleischs eines Mutterkuh-Kalbes. Woher kommt dieser Unterschied? 

Herkunft der Kälber: Mutterkuh versus Milchkuh
Felckvieh Mutterhkuh mit Kalb auf Weide | © Land schafft Leben

Im Prinzip liegt der Unterschied im unterschiedlichen „Ausnutzungsgrad“ der Ressourcen, die in eine Kuh hineininvestiert werden. Dazu muss man sich vergegenwärtigen, dass jede Kuh während ihrer Lebenszeit Emissionen verursacht, sowohl durch die Produktion von Methan in ihrem Verdauungstrakt als auch durch die Produktion ihres Futters sowie durch weitere Faktoren. Dies beginnt schon bei ihrer eigenen Geburt. Erst wenn sie schließlich selbst ihr erstes Kalb gebiert, beginnt ihre produktive Phase, in der sie Lebensmittel zur Verfügung stellt. Im Durchschnitt aller Rassen geschieht dies in Österreich im Alter von knapp zweieinhalb Jahren. Bis zu diesem Zeitpunkt verursacht das Tier Treibhausgasemissionen, ohne Lebensmittel zu liefern. Auch diese tragen aber zu den Lebenszeit-Emissionen der Kuh bei und müssen folgerichtig auf die künftig produzierte Milch- und Rindfleischmenge umgelegt werden.  Auch das Kalb der Kuh, von dem später das Rindfleisch gewonnen wird, verursacht natürlich ab seiner Geburt Emissionen, die sich im CO2-Fußabdruck des Fleischs wiederfinden. 

Mutterkuhhaltung: top bei Tierwohl und Biodiversität

Den genannten Nachteilen der Mutterkuhhaltung in Sachen CO2-Fußabdruck müssen allerdings auch zwei wesentliche Vorteile gegenübergestellt werden. Zum einen kommt die Mutterkuhhaltung der natürlichen Lebensweise von Rindern näher als jede andere Form der Rinderproduktion. Die neugeborenen Kälber bleiben für mehrere Monate beim Muttertier bzw. bei der Herde. Diese wird über das Sommerhalbjahr auf der Alm (Bergweide) gehalten oder grast auf tiefer gelegenen Weiden, wobei die tatsächlichen Weidezeiten von Standort, der Jahreswitterung oder den Bestimmungen bestimmter Produktionsprogramme abhängen. Mit der Mutterkuhhaltung lässt sich dadurch ein hohes Maß an Tierwohl verwirklichen. 

Nach herkömmlichem Maßstab: Intensivmast mit kleinerer Klimawirkung
Stall mit vielen Rindern | © Land schafft Leben

Grundsätzlich können die unterschiedlichen Produktionssysteme von Betrieb zu Betrieb variieren. Die genannte ARGE-RIND-Studie legte für Österreich typische Produktionsformen, bzw. Mastsysteme zugrunde, die in der Realität aber durch alle möglichen Mischformen ergänzt werden. Fachleute sehen daher in der Zukunft die Notwendigkeit für mehr betriebsindividuelle Analysen, die den ökologischen Fußabdruck je nach Bauernhof abbilden können. Moderne Datenerfassungssysteme und Software ermöglichen dies grundsätzlich schon heute. 

Neben der Herkunft der Kälber (aus Milchvieh- oder aus Mutterkuhhaltung) unterscheiden sich die typischen Rindfleischproduktionssysteme grob gesagt weiter nach dem Grad an Intensität, mit dem die Tiere gefüttert werden. Intensiv bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem schnelleres Wachstum durch einen höheren Anteil an Kraftfutter, womit zum Beispiel Schrot aus Getreide oder Soja gemeint ist. Extensiv steht dagegen für langsam wachsend mit einem höherem Weideanteil sowie Grasfütterung. Die intensivsten Systeme sind in Österreich zudem mit ganzjähriger Stallhaltung verbunden, während am gegenüberliegenden Ende der Skala die extensivsten Produktionsformen Jungrinder betreffen, die bis zur Schlachtreife beim Muttertier bleiben und ganzjährig Auslauf bzw. Weidezugang haben. Die Mast von Ochsen und Kalbinnen liegt in puncto durchschnittlicher Intensität meist irgendwo dazwischen.

Der Faktor „Nahrungskonkurrenz“ – Warum der CO2-Fußbadruck nicht alles sagt

Die oben beschriebenen Zusammenhänge lassen den Schluss zu, die intensive Rindfleischproduktion sei in Sachen Klima- und Ressourceneffizienz von Vorteil, weil sie mit weniger Futter und weniger Treibhausgasausstoß mehr Rindfleisch erzeugt. Trotz dieses unbestreitbaren grundsätzlichen Zusammenhangs gilt es dabei eine weitere Frage zu berücksichtigen: nämlich inwieweit das Futter der Rinder als Nahrungskonkurrenz für Menschen in Erscheinung tritt. Oder anders formuliert: Könnte das, was im Trog landet, nicht gleich auf dem Teller landen? Wie sähe die Klimawirkung der Rindfleischproduktion aus, wenn die Tiere ausschließlich fressen würden, was Menschen nicht essen (können)? 

Veredlungsverluste vs. Up-Cycling
Frisch gemähtes Gras auf Almwiese | © Timo Küntzle, Land schafft Leben

Dass sich diese Frage überhaupt stellt, liegt an den sogenannten Veredlungsverlusten, zu denen es immer dann kommt, wenn pflanzliche Biomasse an Tiere verfüttert wird, die auch als Nahrung für Menschen geeignet wäre. Die Futterenergie, die etwa ins Rind fließt, steckt später nur zum Teil in dem Fleisch, das der Mensch verspeist. Der Rest geht für Körperfunktionen des Tieres wie Atmung und Bewegung oder etwa den Aufbau und Erhalt seiner Knochen „verloren“. Wenn es also rein um den sparsamen Umgang mit Ressourcen geht, dann sollte alle essbare Biomasse auch tatsächlich gegessen und nicht gefressen werden, sprich auf dem Teller und nicht im Trog landen. Ausführlich beschrieben sind diese Zusammenhänge im Abschnitt „Pflanzen für den Teller und Pflanzen für den Trog“ unseres Klima-Reports. Beispielhaft verdeutlicht: Frisst das Rind jene Teile der Weizenpflanze, aus denen sich Brot backen ließe oder Soja, das im Kochtopf landen könnte, dann geht ein beträchtlicher Teil der in den Anbau investierten Ressourcen in Form von Land, Dünger oder Traktorenstunden als Veredlungsverlust verloren. 

Futter vom Grünland: keine Nahrungskonkurrenz und besser fürs Klima
Blumenwiese  | © Land schafft Leben

In der Debatte um die Zukunft der Lebensmittelproduktion werden manchmal sämtliche für die tierische Produktion genutzten Flächen in einen Topf geworfen. Dabei macht es in mehrfacher Hinsicht einen großen Unterschied, ob Land als Acker oder als Grünland bewirtschaftet wird. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf den Faktor Nahrungskonkurrenz.

Rund zwei Drittel der global für die Landwirtschaft genutzten Flächen bestehen aus Grünland oder steppenähnlichen und anderen nicht ackertauglichen Flächen. Rund ein Drittel der weltweiten Landwirtschafsflächen fällt auf Ackerland. In Österreich liegt das Verhältnis ungefähr bei 50:50. Der Umwandlung von Grün- in Ackerland, also dem sogenannten Grünlandumbruch sind enge Grenzen gesetzt. Sowohl die Bestimmungen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) als auch des österreichischen Agrarumweltprogramms ÖPUL erlauben ihn nur im stark begrenzten Ausmaß. Warum ist das so?
Aus Nachhaltigkeitsperspektive gibt es zumindest vier Gründe, warum Grünland als solches erhalten bleiben und nicht in Ackerland umgewandelt werden sollte.   

Futter vom Acker: potenzielle Nahrungskonkurrenz und ressourcenintensiver, aber notwendig

Ganz anders ist die Nutzung von Ackerflächen für den Anbau von Tierfutter zu bewerten. Ohne Menschen gäbe es auf der Erde zwar von Weidetieren „bewirtschaftetes“ Grünland, aber keine Äcker. Diese werden in der Regel mehrmals pro Jahr mechanisch bearbeitet, wodurch zuvor aufgebauter Humus unter der Freisetzung von CO2 immer wieder neu abgebaut wird. Auch die Verwendung emissionsintensiver synthetischer Dünge- und Pflanzenschutzmittel ist auf konventionell bewirtschafteten Äckern Standard, während diese im Grünland eine sehr geringe bis gar keine Rolle spielen. Ganz generell ist eine Ackerkultur wie Getreide, Raps oder Soja oft sehr viel pflegebedürftiger und aufwendiger zu ernten als Grünland, wodurch auch der Dieselverbrauch der eingesetzten Maschinen größer ist. Salopp gesagt: Gras wächst von allein, Weizen nicht. Der Weizen würde ohne die Pflege durch den Menschen binnen kurzer Zeit von eben solchem Gras überwuchert werden und verkümmern. Und schließlich liegt ein Ackerboden, zumindest bei klassischer Bewirtschaftung, phasenweise ohne Bedeckung da, was das Risiko für Erosion erhöht. 

Das Rind in der Kreislaufwirtschaft: Erst Teller, dann Trog, dann Tank

Wilhelm Windisch ist Agrarwissenschaftler und emeritierter Professor für Tierernährung an der Technischen Universität München. Einer seiner wiederholt ausgesprochenen Sätze lautet:

„Die Landwirtschaft erzeugt keine Lebensmittel, sondern Biomasse.“

Gemeint ist damit, dass ein großer Teil des auf den Agrarflächen heranwachsenden Pflanzenmaterials nicht zur Lebensmittelproduktion verwendet werden kann. Sei es, weil es gar nicht dazu geeignet ist oder sei es, weil es für entsprechende Produkte wenig oder keine Nachfrage gibt. Von der gesamten erzeugten Biomasse ist also ein Teil essbar und ein Teil nicht-essbar.

Mit Tierhaltung bessere Ressourcen-Verwertung als ohne

Traktor düngt ein Feld | © Land schafft Leben

Alle drei oben genannten Verwendungen für die anfallende Biomasse stellen grundsätzlich Züge einer Kreislaufwirtschaft dar, in der Nährstoffe immer wieder aufs Neue zirkulieren. Einem vollständigen Kreislauf wirkt allerdings die Tatsache entgegen, dass menschliche Ausscheidungen (Klärschlamm) und die darin enthaltenen Nährstoffe derzeit aus verschiedensten Gründen kaum zurück auf landwirtschaftliche Nutzflächen gebracht werden. In der Bio-Landwirtschaft und einigen anderen Bereichen ist dies ausdrücklich verboten. Mit allem, was wir essen, entziehen wir dem Kreislauf also Nährstoffe. Auf der anderen Seite führt der Zukauf von Mineraldüngern und Futtermitteln zu einem Nährstoffimport, der ebenso eine Abweichung von einer vollständigen Kreislaufwirtschaft darstellt (aber gleichzeitig für höhere Erträge sorgt). 

Zumindest für den nicht-essbaren Teil der geernteten Biomasse kann dieser Kreislauf annähernd erreicht werden, prinzipiell auch ohne die Haltung von Nutztieren, wie Wilhelm Windisch erläutert: 

"Wenn jemand eine rein vegane Landwirtschaft betreiben wollte, dann könnte er mit einer Biogasanlage eigentlich gut leben.“ Über sie könnte er einen Großteil der Nährstoffe im Kreislauf halten  und gezielt zur Düngung wiederverwenden. „Es geht aber noch viel besser: Würde dieser Jemand zusätzlich Nutztiere halten, dann könnte er mit derselben Menge an produzierter Biomasse, statt Biogas, noch mehr Lebensmittel produzieren. Gemessen an der zur Verfügung gestellten Eiweißmenge sei die Menge an Lebensmitteln dann doppelt so groß wie ohne."

Werner Zollitsch von der BOKU weist an dieser Stelle allerdings darauf hin, dass tierischer Dünger für die Humusbildung eine zentrale Rolle spiele und für den Boden wertvoller sei als Gärreste aus der Biogasanlage. Er gibt zu bedenken:

„Was bei der Idee einer veganen Landwirtschaft völlig ausgeblendet wird, ist, dass wir durch so eine Wirtschaftsweise kontinuierlich negative Humusbilanzen hätten.“

Nicht-essbare Biomasse kann jedenfalls an Nutztiere verfüttert werden, ohne in Konkurrenz zur direkten Ernährung von Menschen zu stehen. Sie nicht über den Tiermagen in ein hochwertiges Lebensmittel zu verwandeln, käme demnach einer Verschwendung von Ressourcen gleich. Würden wir das Gras des Grünlandes ungenutzt lassen und keine Wiederkäuer mehr halten, dann bräuchten wir, bei heutigen Konsumgewohnheiten, im Gegenzug mehr Ackerflächen zur Produktion von pflanzlichen Lebensmitteln sowie von Futter für Schweine und Hühner . Diese Nutztierarten benötigen pro Kilogramm geliefertem Fleisch zwar deutlich weniger Futter als Rinder. Aber das, was sie fressen, stammt fast ausschließlich vom Ackerland und steht damit in deutlich größerer Nahrungskonkurrenz als das Gras, das einen Großteil des Futters für Rinder ausmachen kann. 
 

CO2-Fußabdruck lässt Nahrungskonkurrenz unberücksichtigt

Wenn es um eine nachhaltigere Zukunft geht, ist häufig von Kreislaufwirtschaft die Rede. Dabei ist eine Art des Wirtschaftens gemeint, bei der natürliche Ressourcen nicht ver- sondern lediglich ge-braucht werden. Dies bedingt die optimale und schonende Nutzung von Stoffen, inklusive Biomasse und ihre Rückführung in den natürlichen Kreislauf.   
Wilhelm Windisch ist überzeugt, dass Rinder künftig weitgehend im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft ernährt werden sollten – also vom Grünland und von weiterer nicht-essbarer Biomasse. Sehr intensive Formen der Rindfleischproduktion, zu denen auch die klassische Stiermast in Österreich zählt, basieren oft auf einem hohen Anteil an Maissilage (konservierte, ganze Maispflanzen) sowie Kraftfutter  (Körner-Mais, Getreide,- Soja- und Rapsschrot). Ohne Nahrungskonkurrenz ist dies nicht zu gewährleisten – jedenfalls nicht mit der aktuellen Anzahl an gehaltenen Stieren und der Gesamt-Produktionsmenge an so erzeugtem Rindfleisch. In einer Kreislaufwirtschaft ohne Nahrungskonkurrenz gäbe es zwar auch noch Kraftfutter, aber es dürfte nur aus nicht-essbaren Komponenten bestehen. Davon gibt es jedoch nur eine begrenzte Menge.    Daraus folgt: In einer perfekten Kreislaufwirtschaft gäbe es weniger Rindfleisch als derzeit. Dennoch sagt Windisch:

„Ich bin der Meinung, dass wir mit dieser intensiven Tierproduktion aufhören müssen. Vor allem sollte die Verwendung von Futtermitteln nicht für Nahrungskonkurrenz sorgen. Das belastet die Umwelt und das Klima."

„Die reine Fokussierung auf CO2-Äquivalente spricht gegen jede Kreislaufwirtschaft“, stellt Tierernährungsexperte Windisch fest. „Aber die bessere Futterverwertung der Intensivmast wird durch Nahrungskonkurrenz erkauft.”
Wilhelm Windisch

Zuerst Teller, dann Trog, dann Tank

Eine nachhaltigere Landwirtschaft kann laut Windisch durch eine kaskadische Nutzung der von der Landwirtschaft erzeugten Biomasse gewährleistet werden. Sofern möglich, sollte diese Biomasse zunächst direkt für den menschlichen Verzehr herangezogen werden. Die nicht-essbare Biomasse, die davon übrigbleibt, sollte durch Verfütterung in hochwertige Lebensmittel umgewandelt werden. Erst nachdem sie den Tierkörper durchwandert hat, sollte sie schließlich im Idealfall auch noch mittels Biogasanlage energetisch genutzt , sprich zu Strom und Wärme umgewandelt werden. 

„Die Biospritproduktion hat angefangen, als es noch eine Menge Getreideüberschüsse gab, die man dadurch verwerten konnte. Das dürfte in Bälde zu einem Ende kommen.”
Wilhelm Windisch

Eingeschränkt werden muss, dass etwa Brasilen schon seit vielen Jahrzehnten auf Biosprit setzt, wobei dieser dort aus Zuckerrohr hergestellt wird. 
In letzter Konsequenz bedeute die Entwicklung Richtung noch mehr Kreislaufwirtschaft und einer weitgehenden Beschränkung auf die anfallende nicht-essbare Biomasse allerdings, dass insgesamt weniger Tiere gehalten werden können und folglich weniger Fleisch für den Konsum zur Verfügung steht. 

Insgesamt schlägt auch Thomas Guggenberger in eine ähnliche Kerbe. Er ist Leiter des Instituts für Nutztierforschung und Mitarbeiter der Forschungsgruppe Ökoeffizienz an der HBLFA  Raumberg-Gumpenstein. Auf die Frage, wie sich die österreichische Rindfleischproduktion weiter in Richtung mehr Nachhaltigkeit entwickeln kann, nennt er zwei Dinge:

„Zum einen sollte die Rinderwirtschaft standortgerecht arbeiten, das heißt, die Leistungsziele des jeweiligen Betriebs an den natürlichen Grundlagen des Standorts auszurichten. Zum anderen sollte sie Betriebsmittel klimaschonend einsetzen.”
Thomas Guggenberg

Für Guggenberger bedeutet das aber nicht die gänzliche oder generelle Abkehr von intensiveren Formen der österreichischen Rindfleischproduktion. So sei der Anbau von Silomais, dort wo er gut wächst, eben auch eine standortgerechte Form der Landwirtschaft, die gegebene klimatische Voraussetzungen in hohe Erträge umsetzt. Dass dort, wo der Silomais wächst, auch der Maststier steht, sei unter anderem eine Konsequenz aus der Nachfrage nach Rindfleisch. „Aber der Maststier muss kein Soja fressen“, sagt Guggenberger. Soja kann neben Gras und Maissilage ein wichtiger Teil der Futterration von Maststieren sein, weil es einen hohen Energie- mit eine hohen Eiweißgehalt kombiniert und das schnellere Muskelwachstum der Tiere unterstützt. Es wird meist aus Übersee eingeführt, wobei Ware aus Südamerika mit der Umwandlung von Savannen- und Regenwaldflächen in Ackerland in Verbindung steht. „Ich würde generell auf Soja verzichten, weil daraus auch Lebensmittel gemacht werden können. Aber erst recht würde ich jenes Soja streichen, für das in Südamerika der Regenwald gerodet oder die indigene Bevölkerung vertrieben wird“, sagt Thomas Guggenberger. Stattdessen kann die Eiweißversorgung der Tiere etwa über Raps- oder Sonnenblumen-Extraktionsschrot gewährleistet werden, der bei der Ölgewinnung übrig bleibt. Oder über Reststoffe aus den Brauereien (Biertreber) und aus der Alkoholherstellung (Schlempen) sowie über den Anbau von Ackerbohnen, Futtererbsen oder eiweißhaltigem Grundfutter wie Kleegras. 

Zielkonflikt: artenreiches Grünland vs. Klimaschutz

Basis der Rinderfütterung ist ein nahrhaftes und eiweißreiches Grundfutter wie Gras (Grünfutter). Dies gilt umso mehr, wenn man weniger Kraftfutter einsetzen möchte, bzw. weniger Ackerfrüchte mit potenzieller Nahrungskonkurrenz. Dazu braucht es Grünfutter von hoher Qualität, bei dem Kohlenhydrate und Eiweiße ausreichend und in leicht verdaulicher Form vorliegen. Dazu bedarf es einer ausreichenden Düngung der Wiesen. Zudem muss das Gras zum Zeitpunkt des Verfütterns relativ jung sein, wodurch eine frühere und damit insgesamt häufigere Mahd erforderlich wird. Lässt man das Gras dagegen länger wachsen, beginnen die Pflanzen vermehrt den auch für Wiederkäuer unverdaulichen „Holzstoff“ Lignin in ihren Zellwänden einzulagern. Sie werden dadurch fester, stabiler, aber auch schwerer verdaulich. Häufigeres Mähen und ausreichende Nährstoffversorgung fördern das Wachstum der Wiesen und liefern gut verwertbares, eiweißreiches Futter. Gutes Futter verbessert das Wachstum der Rinder und verkürzt die Zeit bis zur Schlachtreife. Dadurch verursachen die Tiere pro Kilogramm Fleisch weniger Treibhausgasemissionen als bei langsamerem Wachstum. Man kann also sagen: Gutes Gras ist gut fürs Klima.

Häufiges Mähen und starkes Düngen schmälern die Artenvielfalt

Gleichzeitig sorgt häufiges Mähen in Kombination mit Düngung für eine geringere Artenvielfalt. Beides sorgt dafür, dass wenige, zu schnellem Wachstum fähige Pflanzenarten einen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen Pflanzen erlangen, die artbedingt nicht zu schnellerem Wachstum fähig sind. Letztere werden dann durch die schnellwachsende Konkurrenz unterdrückt, indem sie Licht, Wasser und Nährstoffe „an sich reißen“ und allmählich für das Verschwinden zahlreicher Arten sorgen. Zu erkennen ist das zum Beispiel an der Dominanz des Löwenzahns, der im Frühling auf intensiv genutzten Wiesen für einen prächtig-gelben Blütenteppich sorgt. Dieser mag zwar hübsch anzuschauen sein, ist aber Ausdruck einer reduzierten Artenvielfalt. 
Aus diesem Grund sind intensiv genutzte, das heißt häufiger gemähte und stärker gedüngte Grünlandflächen zwar vorteilhaft für eine klimaeffiziente Rindfleisch- und Milchproduktion, aber gleichzeitig nachteilig für die Biodiversität der Kulturlandschaft. Die Intensivierung der Grünlandnutzung vergangener Jahrzehnte ist laut Studien unter anderem auch ein wesentlicher Faktor beim Rückgang von Insektenvorkommen in Agrarlandschaften.

„Früher hatten wir, wie fast alle rundherum, einen 188-er Steyrer Traktor mit einem Ein-Meter-Balkenmähwerk. Damit haben wir zu Ferienbeginn begonnen Heu zu machen und am Ende der Ferien waren wir fertig. Ständig haben wir irgendwo irgendein Stück Wiese gemäht. Wir wären technologisch gar nicht in der Lage gewesen, schneller voranzukommen. Heute dauert dieselbe Arbeit ein paar Tage.”
Thomas Guggenberg

Durch den vergleichsweise langsamen Arbeitsfortschritt gab es früher immer viele später gemähte Stücke, auf denen die Pflanzen in die Höhe schießen und aussamen konnten. Heute gibt es PS-stärkere Traktoren und viel breitere Mähwerke. „Der Verlust an Artenvielfalt ist der Kollateralschaden der schnellen Ernte“, sagt Guggenberger. 
Mit dem Konzept des „abgestuften Wiesenbaus“ verfolgen manche Betriebe das Ziel, einen Teil ihrer Flächen biodiversitätsfreundlicher zu bewirtschaften, konkret: weniger häufig zu mähen. Besonders Flächen, die etwa an steilen Hängen liegen, von Staunässe betroffen sind oder wegen spitzer Winkel schwerer zu befahren sind, werden dabei bewusst liegen gelassen und erst zu einem späteren Zeitpunkt gemäht. 

Methan anders bewerten?

Grasende Kuh steht auf Wiese | © Timo Küntzle, Land schafft Leben

Wenn es um die Klimawirkung der Rindfleischproduktion geht, dann steht nach herkömmlicher Betrachtungsweise das Klimagas Methan an erster Stelle. Methan (CH4) entsteht von Natur aus überall dort, wo organische Masse unter Abwesenheit von Sauerstoff umgewandelt wird. Dies geschieht durch Mikroorganismen oder während geologischer Prozesse. Das Gas entweicht beispielsweise aus Sümpfen, aus Mülldeponien oder beim Abbau von Steinkohle. Wichtigste landwirtschaftliche Quellen sind Wiederkäuer (Rind, Schaf, Ziege), überflutete Reisfelder oder unverschlossene Güllebehälter.
Auch quer über alle unterschiedlichen österreichischen Rindfleisch-Produktionssysteme stellt das im Verdauungsapparat der Rinder durch Mikroorganismen gebildete Gas meist die größte Einzel-Emissionsquelle dar (siehe dazu die Grafik am Beginn des Kapitels). Dabei gilt vereinfacht gesagt ein grundlegender Zusammenhang: Je länger ein Rind lebt und frisst, desto mehr Methan stößt es insgesamt aus und desto größer ist der CO2-Fußabdruck, den seine Produkte hinterlassen. Auch die Verursachung anderer Klimagase nimmt mit steigender Lebenszeit zu.

Im Rahmen einer im Herbst 2022 veröffentlichten Studie von BOKU-Forschenden, wurde die Klimawirkung von österreichischem Rindfleisch und anderen tierischen Produkten anhand eines alternativen Bewertungsmaßstabs berechnet. Diese als GWP* (gesprochen: G-W-P Stern) bezeichnete Metrik soll den tatsächlichen Beitrag des Methans auf die dauerhafte Erwärmung der Atmosphäre realistischer abbilden als die bislang übliche Metrik GWP100. Ein durchschnittliches Kilogramm österreichisches Rindfleisch kommt demnach auf 9,6 Kilogramm sogenannter CO2-Erwärmungsäquivalente statt, wie bei herkömmlicher Betrachtung, auf 14,5 CO2-Äquivalente. 
Die Rolle des Methans bei der landwirtschaftlichen Produktion haben wir ausführlich in unserem Klima-Report beschrieben. Schau dir dazu das entsprechende Kapitel „Die Kuh und das Methan: eine Frage der Bewertung“ an! 

Was bewirkt die gentechnikfreie Produktion?

Gentechnik spielt in der Produktion von Rindfleisch derzeit vor allem bei der Bereitstellung von Futtermitteln eine Rolle. Bei der Fütterung von Mastrindern ist es österreichischen Betrieben grundsätzlich erlaubt, gentechnisch veränderte Organismen (GVO) einzusetzen. In der Praxis betrifft dies in erster Linie die intensive Stiermast, bei der Betriebe, je nach aktuellen Einkaufspreisen und anderen Überlegungen, auch GVO-Soja als Teil der Futterration einsetzen können. Im Gegensatz dazu ist die gesamte Milch-, genau wie die Eier- und Geflügelfleischproduktion per Definition gentechnik-frei. Auch einige Zusatz-Module des AMA-Gütesiegels und bestimmte Vermarktungsprogramme verpflichten die daran teilnehmenden Betriebe zum Verzicht auf Gentechnik. 

Was genau allerdings als Gentechnik betrachtet wird und was dementsprechend „gentechnik-frei" bedeutet, darüber gehen die Ansichten weit auseinander. In der Diskussion um gentechnische Methoden in der Pflanzenzüchtung sind, grob vereinfacht, drei unterschiedliche Kategorien von Gentechnik relevant:

Indirekter Nutzen durch Verzicht auf Soja-Importe aus Südamerika

Klassische GVO können in Form von Import-Soja aus Nord- und Südamerika als Teil der Futterration österreichischer Mastrinder zum Einsatz kommen, vornehmlich in eher intensiven Produktionssystemen wie der Stiermast. Was tatsächlich verfüttert wird, ist allerdings Teil der jeweils betriebsindividuellen Strategie. Auf die Gesundheit der Tiere oder die Qualität des von ihnen gewonnenen Rindfleischs hat die Frage, ob GVO verfüttert werden oder nicht, keinen Einfluss. Die Verfütterung von Soja an sich zeigt aber gerade bei jungen Rindern positive Auswirkungen auf die Verdauung und dient der Deckung von Eiweiß- und Energiebedarf. Ihr Einsatz muss auf Rindfleischprodukten nicht kenntlich gemacht werden.

Betriebe, die Rindfleisch unter dem AMA-Gütesiegel produzieren, können sich im Rahmen bestimmter Zusatzmodule aber zum Verzicht auf solche klassischen GVO bei Futterpflanzen verpflichten, wobei eine GVO-frei-Zertifizierung auch unabhängig vom AMA-Gütesiegel möglich ist. Futtermittelchargen gelten laut Österreichischem Lebensmittelbuch bzw. gemäß dem Gentechnikgesetz bis zu einem Schwellenwert von 0,9 Prozent GVO-Gehalt als „gentechnik-frei“, sofern das Vorhandensein als „zufällig und technisch nicht vermeidbar“ anerkannt wird. Bei  Kontrollen muss ein Futtermittelunternehmen daher nachweisen können, dass es bestimmte Regeln zur Gewährleistung der Gentechnik-Freiheit eingehalten hat und bereits ab einen festgestellten Gehalt von 0,1 Prozent muss das Unternehmen Maßnahmen einleiten, um die künftige Einhaltung der GVO-Freiheit zu gewährleisten. Ähnliches gilt für die Bio-Produktion.

Stickstoff- und Phosphat-Emissionen aus der Rinderhaltung

Das Element Stickstoff mit dem N im Periodensystem ist nicht nur der mengenmäßig wichtigste natürliche Pflanzennährstoff und ein essenzieller Baustein von Eiweißverbindungen. Stickstoff spielt auch im Zusammenhang mit bestimmten ökologischen Problemen eine zentrale Rolle, wobei dies in unterschiedlichen Weltgegenden und selbst innerhalb Europas in unterschiedlichem Ausmaß der Fall ist. Im Bereich der Landwirtschaft ist Stickstoff in erster Linie als Teil von folgenden drei Verbindungen zu nennen: 

  •  Nitrat (NO3-): wichtigste und neben Ammonium die einzige stickstoffhaltige chemische Verbindung, über die Pflanzen Stickstoff aufnehmen und zu Eiweißen umbauen können. Die Auswaschung von Nitrat-Ionen aus dem Boden kann zu unerwünschten Einträgen vor allem in das Grundwasser führen.
  •  Ammoniakgas (NH3): entweicht über die Luft und führt zu Feinstaubbildung. Zudem wird der enthaltene Stickstoff mit dem Regen wieder ins Erdreich eingetragen und führt so zur Überdüngung von Ökosystemen.
  •  Lachgas (N20): Stickstoffliebende Bodenbakterien produzieren Lachgas, das zur Klimaerwärmung beiträgt. 

Nitrat im Wasser, Ammoniak in der Luft

Im Zusammenhang mit Ammoniak- und Nitratausträgen aus der Rinderhaltung ist unter anderem der anfallende organische Dünger (Gülle und Mist) zu nennen. Er kann bereits im Stall sowie zum Zeitpunkt der Ausbringung auf landwirtschaftlichen Flächen für beträchtliche Ammoniak-Emissionen sorgen sowie über den Boden und das Regenwasser für erhöhte Nitratgehalte in Gewässern verantwortlich sein. Für Grundwasser, aus dem in Österreich auch 100 Prozent des Trinkwassers entnommen werden, gilt in Österreich ein Schwellenwert von 45 Milligramm Nitrat pro Liter. Ab diesem Wert gilt das Grundwasser in diesem Bereich als „gefährdet“. Mehr dazu im Abschnitt Nährstoffüberschüsse bei stark konzentrierter Tierhaltung weiter unten. Für den Nitratgehalt im Trinkwasser selbst gilt zum Zweck der Minimierung potenzieller Gesundheitsrisiken EU-weit ein gesetzlicher Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter. Mehr dazu weiter unten.

Düngung gehört zu den Ur-Prinzipien der Landwirtschaft

Trotz dieser negativen Begleiterscheinungen ist es aber wichtig zu bedenken, dass das Düngen von Wiesen und Feldern, ähnlich wie das Säen und Ernten, zu den Ur-Prinzipien der Landwirtschaft gehört. Der Anbau von Kulturpflanzen ist ohne irgendeine Art der Düngung auf Dauer nicht möglich. Das liegt daran, dass mit jeder Ernte die im Erntegut enthaltenen Nährstoffe vom Feld oder der Wiese wegtransportiert werden. Die dadurch entstehende Nährstofflücke muss durch Düngung wieder ausgeglichen werden, wenn man die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten möchte. Werden dem Boden dauerhaft mehr Nährstoffe über die Ernte entzogen als über die Düngung nachgeliefert, dann nimmt die Fruchtbarkeit des Bodens allmählich ab, der Boden „laugt aus“ und degeneriert bis hin zur Wüstenbildung. 

Ein grundsätzliches Problem bei der Düngung von landwirtschaftlichen Flächen ist die Tatsache, dass es das perfekte Maß dafür im Grunde nie gibt. Das bedeutet, dass eine Landwirtin stets entweder zu wenig oder zu viel, aber nie die in jeder Hinsicht exakt richtige Menge düngen kann. Unter anderem ist das darauf zurückzuführen, dass in einem gesunden Boden stets eine Vielzahl biochemischer Prozesse abläuft. Diese werden vor allem von Bakterien getrieben, die organisches Material abbauen und den darin enthaltenen Stickstoff (und andere Nährstoffe) von der einen in die andere Form umwandeln. Ein unterschiedlich großer Teil des Nährstoffgehalts in organischen Düngern steht der Pflanze somit erst dann zur Verfügung, wenn er durch Mikroorganismen in pflanzenverfügbare Formen, in erster Linie Nitrat, umgebaut wurde. Die Aktivität der Bakterien ist allerdings witterungsabhängig und kann nicht exakt vorausgesagt werden. Ohne die Umwandlung in Nitrat (und zum Teil in Ammonium) kann die Pflanze den Stickstoff nicht aufnehmen. Gleichzeitig ist Nitrat wasserlöslich und damit auswaschungsgefährdet.  Immer wenn also ausreichend Stickstoff für gute Erträge vorhanden ist, wird automatisch auch eine gewisse unvermeidliche Menge über die bakterielle Umwandlung in Nitrat, Lachgas oder andere Verbindungen verlorengehen. Zudem haben Temperatur und Niederschlag, also der Witterungsverlauf, Einfluss darauf, wie viel Nitrat-Stickstoff ein Pflanzenbestand in einer bestimmten Periode überhaupt aufnehmen kann. 

Fazit: Die zeit- und bedarfsgerechte Dosierung des Düngers gehört zu den zentralen Herausforderungen der Landwirtschaft. Verlustfreie Düngung ist von Natur aus nicht möglich. Aus Nachhaltigkeitsperspektive sollte die Frage also nicht lauten, ob es zu Stickstoffverlusten kommt oder nicht. Die Frage sollte sich vielmehr um das möglichst optimale Maß der Düngung drehen, das gute Erträge mit akzeptablen Stickstoffverlusten kombiniert.

Gesetze und Förderungen mit Ziel: weniger Stickstoffverluste

Auf EU-Ebene wurde im Jahr 1991 die sogenannte Nitratrichtlinie erlassen, die Gewässer vor Einträgen mit Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen schützen soll. In Österreich ist die Nitratrichtlinie durch die Aktionsprogramm-Nitrat-Verordnung (NAPV) in nationales Recht umgesetzt. Die Verordnung nennt zahlreiche Vorgaben zur Vermeidung bzw. Begrenzung von Stickstoffausträgen in die Umwelt und gilt für alle landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich. In einem zusammenfassenden aktuellen Merkblatt der Agrarmarkt Austria (AMA) reichen diese Vorgaben über zehn Seiten hinweg und werden in der Nitrat-Aktionsprogramm-Verordnung detaillierter ausgeführt. Es geht dabei um Aspekte wie die zeitliche und mengenmäßige Beschränkung der Ausbringung stickstoffhaltiger Düngemittel, erforderliche Lagerkapazitäten für Wirtschaftsdünger, die Pflicht zur Dokumentation anfallender und ausgebrachter Stickstoffmengen oder den Nachweis von dauerhaft begrünten Pufferstreifen neben Bächen oder anderen Gewässern. 

Nährstoffüberschüsse bei stark konzentrierter Tierhaltung

In Gegenden, in denen sich die Haltung von Nutztieren stark konzentriert, etwa in Teilen Norddeutschlands, der Niederlande  oder den USA, fallen zum Teil größere Mengen an Wirtschaftsdünger an als auf den vorhandenen Agrarflächen zur Düngung eigentlich benötigt würde. In einem solchen Fall spricht man von einem Nährstoffüberschuss. Dieser Überschuss ist unter anderem auch dadurch zu erklären, dass mit dem Import großer Mengen von teils eiweißreichen Futtermitteln wie Soja auch Stickstoff in großen Mengen in den regionalen Kreislauf importiert wird.  Der Stickstoff ist im Eiweiß der Sojabohne gespeichert. Ein beträchtlicher Teil davon landet später, nachdem das Soja durch das Nutztier hindurchgewandert ist, in der anfallenden Gülle. 
Zwar wird Soja auch nach Österreich importiert, aber aufgrund eines generell hohen Eigenversorgungsgrads mit Futtermitteln besteht eine geringere Abhängigkeit von solchen Importen. Die Nähe zu internationalen Seehäfen, wie sie etwa in den Niederlanden gegeben ist, kann dagegen Produktionssysteme wirtschaftlich attraktiv machen, die durch einen sehr viel höheren Import-Anteil an der Futterversorgung gekennzeichnet sind. Mit den Importen von Futtermitteln wachsen automatisch auch die Importe von Nährstoffen. 

Kommt für einen Betrieb die Notwendigkeit hinzu, anfallenden Wirtschaftsdünger „loswerden“ zu müssen  , kann auch die Versuchung größer werden, die Aufnahmekapazitäten des Bodens überzustrapazieren. Allerdings gilt EU-weit grundsätzlich, dass pro Hektar und Jahr nicht mehr als 170 Kilogramm Stickstoff (N) aus organischen Düngern ausgebracht werden dürfen. Österreich im Speziellen zählt zu jenen Ländern mit den geringsten Stickstoffüberschüssen innerhalb der EU. Mehr dazu weiter unten. 

Nitrat als Gesundheitsrisiko?

Dem Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2021 ist zu entnehmen, dass der Anteil der Messstellen, an denen der Schwellenwert für Nitrat überschritten wird, seit dem Jahr 2006 (13,4 Prozent) geringer wird. Laut Auskunft des Landwirtschaftsministeriums liegt der jüngste Wert für das Jahr 2021 bei einem Anteil von 8,6 Prozent. Das entspricht 162 von 1.892 über Österreich verteilten Messstellen. Das Ministerium erläutert dazu:

„Regionen mit erhöhten Nitratkonzentrationen im Grundwasser sind der oberösterreichische Zentralraum sowie der Südosten der Steiermark aufgrund intensiver Tierhaltung und der Nordosten (Weinviertel, nördliches Burgenland) aufgrund intensiver ackerbaulicher Nutzung in Verbindung mit geringen Niederschlägen.“ 

Nitrat wird vom menschlichen Körper selbst gebildet sowie von außen über die Ernährung (vor allem über Blattgemüse) sowie das Trinkwasser zugeführt. Es kann im Körper zu Nitrit umgewandelt werden. Nitrit wiederum reagiert mit dem roten Blutfarbstoff und kann so den Sauerstofftransport im Blut behindern, was bei Säuglingen theoretisch zu Blausicht führen kann.  Zudem können aus Nitrit Verbindungen wie die sogenannten Nitrosamine entstehen, die sich in Tierversuchen als krebserregend erwiesen haben. 

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) schreibt in einem „Steckbrief“ zu Nitrat, Nitrit und Nitrosaminen allerdings auch über mögliche positive Effekte. Dabei geht es um Stickstoffmonoxid, das im Magen aus Nitrit entsteht. Die AGES schreibt dazu: „Stickstoffmonoxid zeigt in Studien eine gefäßerweiternde und somit blutdrucksenkende Wirkung. Ihm wird auch ein schützender Effekt auf den Magen zugeschrieben, da es die Blutzirkulation in der Magenschleimhaut anregt und einen positiven Effekt auf die Dicke der Schleimschicht an der Magenwand hat.“ Zudem wird an selber Stelle die antibakterielle Wirkung von Nitrit beschrieben. Diese habe sich in Versuchen mit dem Bakterium Helicobacter pylori, das als Auslöser von Tumoren im Magen-Darm-Trakt gilt, als wirkungsvoll erwiesen. 

Bessere Stickstoff-Effizienz in Österreich

Traktor fährt auf Feld | © Land schafft Leben

Stickstoffüberschüsse, bzw. -verluste zeigen sich fast überall auf der Welt, wo intensivere Formen von Landwirtschaft betrieben werden. Umgekehrt sind traditionellere und kleinbäuerliche Systeme, etwa in Teilen Afrikas, meist eher durch einen Mangel an Stickstoff und anderen Nährstoffen gekennzeichnet. Dies liegt daran, dass etwa der Zugang zu Mineraldünger beschränkt ist und auch biologische Dünge-Methoden, wie der Anbau von stickstoffsammelnden Leguminosen, nicht ausreichend praktiziert werden können. Trotz Düngung der Flächen, etwa mit dem Dung von Rindern, werden in diesem Fall weniger Nährstoffe rückgeführt als durch die Ernte entzogen. 

Globale Datensätze zeigen: Auch einige Ländern Asiens oder des Nahen  Ostens zeigen besonders hohe Stickstoffverluste pro Hektar Agrarfläche, mit extremen Werten etwa in China, Südkorea, Japan, Ägypten oder Saudi-Arabien  . 
Es gibt mehrere Gründe für die vergleichsweise geringen Stickstoffüberschüsse aus der österreichischen Landwirtschaft. Dazu gehören unter anderem der höhere Grünlandanteil an den Agrarflächen, effiziente Ausbringungstechniken sowie vor allem die vergleichsweise geringe Nutztierdichte in den meisten Regionen. Dies drückt den landesweiten Hektardurchschnitt der Stickstoffüberschüsse, selbst wenn einzelne Regionen wie Teile Oberösterreichs oder der Südsteiermark größere Überschüsse aufzeigen. Eine nachhaltige Landwirtschaft, die die Fruchtbarkeit des Bodens dauerhaft erhält, ist völlig ohne Stickstoffüberschüsse praktisch nicht möglich. Dies liegt daran, dass natürliche Prozesse stets dafür sorgen, dass ein Teil des Stickstoffs in flüchtige Verbindungen umgewandelt wird. Siehe dazu den Abschnitt Düngung gehört zu den Ur-Prinzipien der Landwirtschaft weiter oben. 

Ein Zielkonflikt zwischen Tierwohl und Umweltschutz

Ein Zielkonflikt zwischen Tierwohl und Umweltschutz kann sich in puncto der Ausgestaltung von Rinderställen zeigen. Offene Ställe mit befestigten Laufflächen und viel Platz für die Tiere vergrößern auf der einen Seite das Maß an Artgerechtheit und Tierwohl. Auf der anderen Seite erhöhen sie aber auch das grundsätzliche Risiko von Ammoniakemissionen verglichen mit einem geringeren Platzangebot auf Spaltenböden. Das liegt daran, dass größere Flächen auch die Kontaktfläche zwischen Kot, Urin und Wasser vergrößern. Dies begünstigt eine chemische Reaktion, bei der das von Bakterien im Kot gebildete Enzym Urease zusammen mit Wasser den Harnstoff aus dem Urin in Kohlendioxid und Ammoniak aufspaltet.

Gleichzeitig sorgt der stete Luftaustausch offener Ställe für den Abtransport des Ammoniaks und stimuliert so dessen weitere Bildung. Kurz gesagt gilt daher zunächst: große Stallfläche, mehr Ammoniak. Allerdings lassen sich mit verschiedene Maßnahmen, die alle auf mehr Sauberkeit der Oberflächen abzielen, Ammoniak-Emissionen in einem offenen Laufstall reduzieren. 
Generell sind die Ammoniakemissionen niedriger, wenn Rinder sich auf der Weide aufhalten. Das liegt vor allem daran, dass auf der Weide der Urin umgehend in den Boden versickert und somit automatisch vom Kot getrennt wird. Auf diese Weise kann die Bildung und Ausgasung von Ammoniak vermindert werden. Bei Weidehaltung löst sich dieser Zielkonflikt zwischen Tierwohl und Umweltschutz somit auf.    

Rinder und ihr Wasserbedarf

Unter dem Stichwort des sogenannten „Wasserverbrauchs“ sind dabei regelmäßig kritisch zu hinterfragende Aussagen zu vernehmen. Am geläufigsten dürften dabei jene 15.000 Liter Wasser sein, die bei der Produktion eines Kilogramms Rindfleisch angeblich „verbraucht“ würden. Zugrunde liegen solchen Aussagen Berechnungen des sogenannten (virtuellen) Wasserfußabdrucks. Analog zum CO2-Fußabdruck soll der Wasserfußabdruck entlang des gesamten Produktionszyklus zusammenrechnen, wie viel Wasser die Herstellung eines Kilogramms Lebensmittel beansprucht.

Das Konzept des virtuellen Wassers - direkte und indirekte Nutzung

Das Konzept des „virtuellen Wassers“ soll dabei helfen, die Bedeutung von Frischwasser bei der Produktion von Gütern zu verdeutlichen. Gemäß dem Konzept umfasst die Menge des virtuellen Wassers die aufsummierte Wassermenge, die über den gesamten Herstellungszyklus eines Produkts direkt oder indirekt genutzt wird. Analog zum CO2-Fußabdruck kann das virtuelle Wasser zur Berechnung eines Wasserfußabdrucks für Lebensmittel oder Unternehmen herangezogen werden.

Entscheidend sind dabei aber die verschiedenen Bestandteile eines Wasserfußabdrucks, die in puncto Nachhaltigkeit völlig unterschiedlich zu bewerten sind und dennoch häufig ohne Differenzierung wiedergegeben werden. Das genutzte virtuelle Wasser wird in drei Kategorien unterteilt: blaues, graues und grünes Wasser.   

Da die Menge des grünen Wassers für ein bestimmtes Stück Land allein vom Witterungsverlauf am jeweiligen Standort abhängt, kann diese prinzipiell nicht beeinflusst werden. Grünes Wasser fällt von Natur aus vom Himmel – völlig unabhängig davon, ob es anschließend Nutzpflanzen oder natürlich vorhandene Vegetation durchwandert. Es handelt sich also nicht um eine Ressource, die sich durch sparsames Verhalten schonen ließe – im Gegensatz zu potenziell knappem Trinkwasser, also blauem Wasser, das gefördert, transportiert und unter Umständen aufbereitet werden muss.
Die Publikation „Virtuelles Wasser“ des Landwirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2021 bringt den Sachverhalt auf den Punkt:

„Bei der Betrachtung des Wasserfußabdrucks selbst ist es somit von wesentlicher Bedeutung, ob es sich in der landwirtschaftlichen Produktion überwiegend um grünes, blaues oder graues virtuelles Wasser handelt. Aus Überlegungen zur Verfügbarkeit können bestimmte Wasserbedarfe in unterschiedlichen Regionen akzeptabel sein oder auch nicht. Zumindest für Österreich sind (...) die regional verfügbaren Grundwasserressourcen bekannt und können dem Wasserbedarf gegenübergestellt werden. Dabei zeigt sich, dass die gegenwärtigen Nutzungen aus dem Grundwasser nachhaltig gedeckt werden können."

Im Sinne einer nachhaltigen Nutzung von potenziell knappen Ressourcen geht es in diesem Zusammenhang also ausschließlich um blaues (und graues) Wasser und dabei insbesondere um das Grundwasser (Wasser aus Brunnen und Quellen). Auch bei der Nutzung von Oberflächenwasser (Wasser aus Flüssen und Seen) handelt es sich um technisch gefördertes, also blaues Wasser.

Wie kommt man auf 15.000 Liter Wasser pro Kilo Rindfleisch?

Die immer wieder durch die Medien geisternde Aussage, wonach ein Kilogramm Rindfleisch 15.000 Liter Wasser verbrauche, dürfte auf eine Studie aus dem Jahr 2010 zurückgehen. Sie wurde vom niederländischen Institute for Water Education veröffentlicht, das unter der Schirmherrschaft der UNESCO steht. Stöbert man in den seitenlangen Tabellen im Anhang der Studie, stößt man auch auf die Werte des Wasserfußabdrucks von Rindfleisch, der aus dem Durchschnitt der Jahre 1996 bis 2005 errechnet wurde. Im globalen Durchschnitt ergeben sich genau 15.370 Liter Wasser pro Kilogramm Rindfleisch, wobei lediglich sechs Prozent dieser Menge auf die Anteile für blaues und graues Wasser zurückgehen. Der Löwenanteil von mehr als 14.000 Liter (94 %) besteht aus dem grünen Wasser, das über das Jahr verteilt auf die Futterflächen aus Grünland und Acker fällt.


Der Studie zufolge hat Rindfleisch aus Österreich einen durchschnittlichen Wasserfußabdruck von 8.300 Litern, wobei 91 Prozent dieser Menge (7.580 Liter) auf das grüne Wasser, sprich den natürlichen Wasserdurchsatz fallen. 

Nachhaltigkeitsaspekte von biologisch und konventionell erzeugtem Rindfleisch

Vereinfacht  ausgedrückt haben die Rinder in der Bio-Produktion doppelt so viel Platz und verpflichtenden Zugang zu einem Auslauf, bzw. im Sommerhalbjahr zu einer Weide. Auch die Produktion des Futters muss nach Bio-Richtlinien erfolgen, was sich in erster Linie beim Anbau von Ackerfrüchten bemerkbar macht. Dort untersagen die Bio-Richtlinien den Einsatz synthetischer Pflanzenschutz- und Düngemittel sowie bestimmte Formen der Gentechnik bei der Sortenzüchtung. Dies gilt auch für die Bio-Grünlandflächen, allerdings ist das dort wenig relevant, da auch konventionelle Betriebe auf Grünland wenig bis gar keine solcher synthetischen Betriebsmittel einsetzen. Geschuldet ist das vor allem den grundsätzlichen Unterschieden zwischen Acker- und Grünland: im Grünland ist das meist schlicht nicht notwendig, da Gras abgesehen von der Düngung wenig Eingriffe erfordert. Und der Dünger kommt auch bei konventionellen Rinderbetrieben vornehmlich aus dem Wirtschaftsdünger.  

Aber wie schneidet Bio-Rindfleisch im Vergleich mit konventionellem in puncto Nachhaltigkeit ab, Beispiel Klima? Die Frage ist schwer zu beantworten, in gewisser Weise verbietet sie sich in dieser Form sogar. Das liegt daran, dass die Unterschiede zwischen verschiedenen Produktionssystemen erheblich mehr wiegen als die Unterschiede, die die Bio-Richtlinien im Vergleich zu konventioneller Haltung mit sich bringen. Anders ausgedrückt: Die Unterschiede zwischen Stiermast und Mutterkuhhaltung sind sehr viel größer als etwa die Unterschiede zwischen biologischer und konventioneller Mutterkuhhaltung. Zurückzuführen ist das auf den oben beschriebenen Umstand, dass vielmehr die Wachstumsgeschwindigkeit der Tiere, bzw. die Menge des verzehrten Futters sowie Art und Herkunft dieses Futters ausschlaggebend für den CO2-Fußabdruck des resultierenden Rindfleischs sind, und weniger die Frage ob Bio oder nicht. Werner Zollitsch, Nachhaltigkeits- und Tierernährungsexperte von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) meint dazu:

„Bei Rindfleisch halte ich den Vergleich Bio/Konventionell für ziemlich problematisch, da wir hier Produkte aus unterschiedlichen Produktionssystemen vorliegen haben.”
Werner Zollitsch

Auch Stefan Hörtenhuber schlägt in dieselbe Kerbe. Er ist ebenfalls BOKU-Experte und erstellt regelmäßig Ökobilanzen zu tierischen Produktionssystemen. Er sagt:

„Tiere quer über die verschiedenen Kategorien zu vergleichen, erscheint mir nicht sehr sinnvoll. Ich würde Vergleiche eher unter gleichen oder ähnlichen Standortbedingungen sowie zwischen gleichen Tierkategorien bzw. Fleischqualitäten anstellen.“

Gemeint sind also Bio/Konventionell-Vergleiche etwa innerhalb der (intensiven) Stiermast oder innerhalb der (extensiveren) Ochsenmast. Tut man dies, dann zeigt sich mal Bio-Rind und mal konventionell erzeugtes im Vorteil. „Ich sehe aber keine großen Unterschiede“, stellt Stefan Hörtenhuber fest. 

Besonderheiten der globalen Rindfleischproduktion

Bei der globalen Betrachtung der Fleischproduktion insgesamt, belegt Rindfleisch bezüglich der Menge „nur“ den dritten Rang. Im Jahr 2021 fielen laut FAO bzw. der Datenwebseite Our World in Data 22 Prozent der Fleischproduktion auf Rind- und Büffelfleisch. 34 Prozent stammten  von Schweinen und 39 Prozent von Geflügel. Weit abgeschlagen folgen das Fleisch von Schafen und Ziegen sowie Wild-, Pferde- oder Kamelfleisch.

Schaut man dagegen auf die Flächen, die zur Produktion dieses Fleisches als Futterflächen genutzt werden, dann spielen Rinder die weitaus größte Rolle. Das ist vor allem daran zu erkennen, dass es sich bei rund zwei Dritteln der globalen für die Landwirtschaft genutzten Flächen um Grünlandflächen handelt. Diese können zu großen Teilen nur durch Wiederkäuer wie das Rind auf effektive Weise zur Lebensmittelproduktion genutzt werden. Zwar fressen auch Schweine oder Hühner gerne Gras, aufgrund ihrer Eigenschaften als Monogastrier (Säugetiere mit einem nur einteiligen Magen) sind sie aber nur in sehr beschränktem Ausmaß in der Lage, die Nährstoffe des Grases für das eigene Wachstum zu nutzen.    

Weltweit unterschiedliche Produktionssysteme

Ähnlich wie in Österreich gibt es auch weltweit etliche unterschiedliche Rindfleisch-Produktionssysteme. Allerdings haben sich an unterschiedlichen Orten jeweils typische Systeme entwickelt. In Regionen wie Nord- und Südamerika sowie Australien trägt die Produktion stark zum globalen Handelsvolumen mit Rindfleisch bei. Dort finden sich eher auf die Rindfleischproduktion spezialisierte Betriebe (Fleischherden), die sich parallel zur Milchwirtschaft etabliert haben. In Europa, Neuseeland oder Indien ist die Rindfleischproduktion dagegen viel stärker in die Milchwirtschaft (Haltung von Milchherden) integriert. 

Intensive Endmast im Feedlot

Ein Feedlot besteht in der Regel aus einer Ansammlung etlicher nebeneinanderliegender Koppeln bzw. eingezäunter Areale, in denen, verglichen mit den weitläufigen Weideflächen dieser Länder, viele Tiere auf engerem Raum leben. Insgesamt halten diese Betriebe häufig viele tausend Tiere. Klassischerweise stehen die Rinder dort auf blankem, unbewachsenem Erdboden, der sich bei Regen in ein feuchtes Gemisch aus Schlamm, Urin und Kot verwandeln kann. Allerdings fällt in Regionen wie den westlichen Great Plains der USA, wo Feedlots typischerweise betrieben werden, vergleichsweise wenig Niederschlag, sodass solche Verhältnisse dort eher die Ausnahme sein dürften. Ein kanadisches Feedlot-Unternehmen präsentiert in einem Video eine Mischung aus Flugasche und Zement, die den Boden langfristig befestigen soll. Darin ist auch zu sehen, wie die Koppeln regelmäßig von Kot gereinigt und dieser als Dünger auf Felder ausgebracht wird. Generell spült Regen aber einen Teil des Kots davon, wobei die umzäunten Areale so angeordnet sind, dass die Gülle in dafür errichteten und mit Folie ausgekleideten Sammelbecken zusammenfließt. Von dort wird sie ebenfalls als Dünger weiterverwendet. 

Wesentliches Merkmal der Feedlot-Fütterung ist die Umstellung von den hohen Anteilen an Gras, das die Tiere auf der Weide bekommen haben, hin zu steigenden Anteilen an energie- und eiweißreichem Kraftfutter. Die Tiere (Ochsen und Kalbinnen) kommen typischerweise mit rund 200 bis 300 Kilogramm Körpergewicht auf den Feedlot-Betrieb und werden dort bis zu einem Schlachtgewicht von rund 650 Kilogramm ausgemästet. In den USA und etlichen anderen Ländern ist die Verwendung von Antibiotika und Hormonpräparaten zur Wachstumsbeschleunigung Teil des Feedlot-Systems (mehr dazu weiter unten).  

„Wenn die Tiere bis zum Stehkragen mit Kraftfutter abgefüttert werden, dann hat das nichts mehr mit wiederkäuergerechter Ernährung zu tun. Die Tiere würden durch Übersäuerung langfristig krank werden, wobei sich die innere Pansenschleimhaut auf schmerzhafte Weise entzündet und letztlich aufzulösen beginnt. Das kommt nur deshalb nicht zum Vorschein, weil sie vorher geschlachtet werden.”
Werner Zollitsch

Erkrankt ein Rind allerdings tatsächlich an einer entsprechenden subklinischen bzw. leicht verlaufenden Pansenacidose, verweigert es die Futteraufnahme (neben anderen Anzeichen), bis der Säuregehalt des Pansens wieder absinkt. Das ist nicht nur ein Tierwohlproblem, sondern verursacht aufgrund der unterbrochenen Gewichtszunahme auch ökonomischen Schaden. In Feedlot-Unternehmen sind daher meist eigene Mitarbeiter mit der Überwachung der Herde beschäftigt. 

Probleme bei der Futteraufnahme sind allerdings auch hierzulande bekannt. Dennoch gibt es zwischen einem Feedlot-System und der typischen österreichischen Intensivmast mehr Unterschiede als nur die Dimensionen. Auch für Werner Zollitsch ist es mehr als das:

„Es stimmt schon, dass auch europäische intensive Rindermastsysteme bei Tagezunahmen von 1400-1600 Gramm eine ähnliche Problematik wie Feedlots aufweisen. Grundsätzlich wird das Tier in Feedlots allerdings ganz bewusst in den absoluten Grenzbereich der Pansenacidose gefahren."

Der Tierernährungsexperte erwähnt in diesem Zusammenhang eine Art Punktesystem, mit dem Tiere aus dem Feedlot nach der Schlachtung eingeordnet würden. Dabei würden zu starke Auflösungserscheinungen an der Pansenschleimhaut zwar als unerwünscht und kontraproduktiv bewertet. Fallen die Veränderungen auf der anderen Seite aber zu gering aus, dann werde daraus auf ein zu niedriges Fütterungsniveau und somit auf verschenktes Potenzial geschlossen.

„Wir wissen auch von unseren Mastsystemen, dass die Stiere immer wieder mal über mehrere Stunden bzw. bis zu einem Tag die Futteraufnahme einstellen, um ihren Pansen per Wiederkauen und Speichelbildung wieder einzuregulieren. Allerdings sind selbst die bei uns üblichen körnerreichen Maissilagen noch immer etwas besser zu beurteilen als die extrem kraftfutterdominierten Rationen der Feedlots.“

Nicht-wiederkäuergerechte Fütterung muss nicht unmittelbar zu klar ersichtlichen Anzeichen von Krankheit führen, sondern kann sich in weniger offensichtlichen, subklinischen Symptomen wie Unruhe zeigen. „90 Prozent Kraftfutter   in der Ration hält ein Rind einfach nicht aus. Ich gehe in diesem Fall von einem systematisch verursachten Leiden der Tiere aus“, sagt Werner Zollitsch: Neben der Fütterung kann solches Leiden auch durch fehlenden Witterungsschutz hervorgerufen werden. Bemerkbar macht sich das vor allem im Sommer dort, wo Rinder ohne Ausweichmöglichkeit in schattenlosen Koppeln   stehen.

Lange Weidezeiten und Regenwaldrodungen in Südamerika

Trotz der zunehmenden Verbreitung der intensiven Mast im Feedlot, wird die weit überwiegende Mehrheit der Tiere in Südamerika noch immer bis zur Schlachtung auf der Weide gehalten und von Gras ernährt. Die Weiden werden häufig nicht zusätzlich gedüngt, gewisse Anteile der Flächen sind dadurch im Stadium der Degeneration, in dem Humus abgebaut wird und die Produktivität weiter sinkt. 

Ohne nennenswerte Kraftfutteranteile wachsen die Tiere langsam und werden etwa in Brasilien erst im Alter von 3 oder 4 Jahren – mit geringeren Endgewichten – geschlachtet. Ältere Quellen sprechen gar von Produktionszyklen von 5 Jahren. Auch die Zahl der neugeborenen Kälber pro Mutterkuh ist geringer als etwa in Nordamerika oder Europa. All dies führt zu einer hohen Zahl an Rindern, die pro Tier vergleichsweise wenig Fleisch liefern, aber viel Methan in die Atmosphäre entlassen. Dies ist einer der Hauptgründe dafür, dass Rindfleisch aus Brasilien im Durchschnitt einen deutlich höheren CO2-Fußabdruck verursacht als solches aus Österreich. 

Dabei ist festzuhalten: Nicht nur in Europa, auch in Südamerika gibt es Bemühungen und Forschung, die auf eine Verringerung der Klimawirkung der Rindfleischproduktion abzielen. Dabei geht es zum Beispiel darum, die Weiden mittels Düngung oder dem Anbau spezieller Gräser ertragreicher zu machen. Im Rahmen der sogenannten RESILIENZ-Studie errechneten Wissenschaftler  einen Durchschnitt für die Klimawirkung intensiver Rindfleischproduktionssysteme in Südamerika. Dieser lag bei 9 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilo Rindfleisch, allerdings ohne Berücksichtigung von Landnutzungsänderungen. Denselben Wert hatte die Studie für das österreichische System „Weidemast mit Milch“ errechnet. 

Einsatz von Hormonpräparaten

Wer sich mit Rindfleisch befasst, der stößt früher oder später auch auf das Thema Hormone. Verstärkt seit den 1970er Jahren wurden Hormonpräparate in der intensiven Tiermast eingesetzt, auch bei der Produktion von Rindfleisch. In Europa stieß dies im Lauf der Zeit auf zunehmende Kritik. 1988 mündete die Debatte in einem EU-Verbot, gefolgt von einem ausgeprägten Handelsstreit zwischen den USA und der Europäischen Union. Was ist der Hintergrund?

Grundsätzlich handelt es sich bei Hormonen um chemische Botenstoffe, die im Körper eines Tieres oder eines Menschen von Natur aus gebildet werden. Hormone fungieren dabei als spezifische Signale, die zur Regulation körpereigener Prozesse übermittelt werden. Bestimmte Gewebe bzw. deren Zellen verfügen über Rezeptoren, an die nur ein ganz bestimmtes Hormon andocken kann. Alle anderen Zellen „überhören“ dieses spezifische Signal. Eines der bekanntesten Hormone ist das Insulin, das nach einer Mahlzeit von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet wird um den Blutzuckerspiegel im Blut abzusenken. Auch bei der Steuerung von Körpertemperatur, Stoffwechsel, Nervensystem oder Fortpflanzung und Entwicklung spielen Hormone eine tragende Rolle. Das körpereigene Hormonsystem besteht aus Geweben, die Hormone bilden und solchen, die Hormone empfangen. Im Ganzen wird es auch als endokrines System bezeichnet. 

Natürliche und synthetische Hormone

Im Bereich der Nutztierhaltung sind sowohl Hormone relevant wie sie auch von Natur aus im Tierkörper vorhanden sind (naturidentische Substanzen), als auch hormonähnliche Substanzen. Letztere kommen zwar nicht in der Natur vor, wirken aber wie die „echten“ Hormone. Beide Gruppen, sowohl die naturidentischen als auch die hormonähnlichen Präparate, werden durch chemische Verfahren künstlich hergestellt. 

EU-Verbot seit 1988: Hormone als Leistungsförderer in der Mast

In die Diskussion geraten sind natürliche sowie synthetisch hergestellte Hormone vor allem als Leistungsförderer in der Tiermast. In vielen Ländern außerhalb der EU ist es erlaubt, Hormonpräparate in Form von Pellets unter das Futter zu mischen (Fütterungshormone) oder als Implantat unter der Haut (i.d.R. hinter dem Ohr) anzubringen. Das Implantat löst sich anschließend allmählich auf und gibt eine definierte Mischung von Hormonen über einen bestimmten Zeitraum kontinuierlich ab. 

Der Zweck des Einsatzes von Hormonpräparaten liegt in der besseren Futterverwertung, das heißt, behandelte Tiere benötigen pro erzeugtem Kilogramm Fleisch weniger Futter. Allein dieser Zusammenhang würde zwar zu einem schonenderen Ressourceneinsatz und geringeren Kosten beitragen, allerdings stehen dem Bedenken bezüglich der gesundheitlichen Wirkung des Fleischs behandelter Tiere gegenüber. Hinzu kommen mögliche ökologische Folgen von Hormonresten, die aus Mastbetrieben konzentriert in die Umwelt gelangen. 

Bis zum Jahr 1988 waren Fütterungshormone in der EU zugelassen, seitdem gilt ein Verbot. Erlaubt ist der Einsatz von zugelassenen Hormonpräparaten in der Nutztierhaltung lediglich zu züchterischen oder therapeutischen Zwecken, sprich zum Beispiel zur Zyklussynchronisation  oder zur Behandlung von Fruchtbarkeitsstörungen. Vor der Schlachtung behandelter Tiere müssen im Zulassungsverfahren festgelegte Wartezeiten eingehalten werden. 

Gesundheitsschädlich oder nicht? – Hormone und der Handelsstreit mit den USA

Nachdem die EU 1988 den Einsatz von Hormonen in der eigenen Rindermast verboten hatte, verhängte sie im Anschluss auch ein Importverbot für hormonbehandeltes Rindfleisch aus den USA. Aus Sicht der Amerikaner verstieß das Importverbot gegen internationale Handelsregeln. Sie trugen den Streit vor die Welthandelsorganisation WTO (World Trade Organization), die ihnen zunächst auch Recht gab: Die EU habe das Importverbot nicht ausreichend wissenschaftlich begründet.

Beide Seiten argumentierten mit den wissenschaftlichen Bewertungen ihrer jeweiligen Institutionen. Laut US-Landwirtschaftsministerium und der US-Lebensmittel- und -Arzneimittelbehörde FDA wirken die verwendeten synthetischen Hormone ähnlich wie natürliche und würden im Fleisch behandelter Tiere zu ähnlichen Rückstandsmengen führen wie in dem traditionell gemästeter Rinder. Zudem habe die weitreichenden Anwendung seit den 1970er Jahren zu keinen erkennbaren gesundheitliche Auswirkungen in der US-Bevölkerung geführt. Die EU wiederum betonte u.a., dass die USA mögliche Folgen auf empfindliche Gruppen wie Schwangere, Immunschwache oder vor-pubertäre Kinder nicht ausreichend untersucht habe.  

1999 veröffentliche das zuständige Komitee der EU einen neuen Bericht. Dieser kam zur Erkenntnis, dass die Hormone für empfindliche Gruppen ein Gesundheitsrisiko darstellen könnten. Demnach sei einer der eingesetzten Wirkstoffe krebserregend, genauer 17ß-Östradiol. Für die anderen gebe es keine ausreichenden Belege für deren Sicherheit. Die WTO billigte daraufhin das EU-Importverbot. Bei 17ß-Östradiol handelt es sich um ein „echtes“ Hormon, das unter anderem sowohl im weiblichen als auch im männlichen menschlichen Körper von Natur aus hergestellt wird. 2009 einigten sich beide Seiten im Rahmen einer Absichtserklärung auf einen Kompromiss: Demnach blieb das Importverbot der EU bestehen. Im Gegenzug billigten die EU den USA ein gewisses Kontigent für den zollfreien Import von hormonfreiem Rindfleisch zu.