Platzt die Bio-Blase?
Zweistellige Zuwachsraten, ungebrochener Bio-Boom, Bio als Ausweg aus der (vermeintlichen) Klimasackgasse, in der die Landwirtschaft steckt: Angesichts dieser Zahlen bzw. Slogans und letztlich auch aufgrund teils wiederkehrend niedriger Preise für konventionelles Getreide starten seit Jahren immer mehr Landwirte in das Hoffnungsgebiet biologischer Anbau. Doch die Anzeichen dafür, dass dieser ungebremste Boom bereits jetzt zu einem übersättigten Markt mit sinkenden Preisen geführt hat, häufen sich.
“Die Bio-Branche erfährt in diesen Tagen, dass auch sie einem Angebot-Nachfrage-Spiel unterworfen ist”, sagt im Film-Interview Ernst Gauhs, Experte für Getreidemärkte der RWA. Lange Jahre schien es so, dass Bio in eine unabsehbar wachsende Nachfrage hinein produzieren kann. Jetzt aber schwingt der Markt gerade um und Bio gerät unter Preisdruck.
Ganz Ähnliches hören wir von Lisa Dyk, die im Waldviertler Raabs an der Thaya eine Bio-Mühle betreibt, während unseres Filminterviews. Zurzeit seien etwa die Preise für Bio-Getreide (Weizen, Roggen, Dinkel, Hafer) am Boden. Ihre bäuerlichen Lieferanten produzierten Bio-Getreide deshalb im Moment sicher nicht wirtschaftlich. Trotzdem soll bis 2021 laut Dyk die Bio-Getreide Anbaufläche in Österreich um weitere 60.000 Hektar wachsen, was sie wie folgt kommentiert: “ob da genug Absatz vorhanden ist, ist leider mehr als fraglich.”
Findet das Bio-Angebot aber nicht mehr ausreichend Nachfrage, wird es quasi zu konventionellen Preisen verkauft. Und der Bio-Ware ergeht es dann auf einem übersättigten Markt wie es landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus konventioneller Produktion seit Jahrzehnten ergeht: Sie werden von einer Preisabwärtsspirale erfasst, bzw. einem hoch volatilen (schwankenden) und schwer vorherzusagenden Marktgeschehen ausgesetzt.
Mühlenstruktur ist großen Änderungen unterworfen
Auch wenn bis heute noch viele Mühlen an ihren historisch bedingten Standorten an Bächen angesiedelt sind, ist eine moderne Mühle natürlich ein High-Tech-Gewerbe- bzw. Industrieunternehmen. Zählte die Statistik im Jahr 1994 noch 284 Mühlen im ganzen Land so sind es heute nur noch 92. Wobei ganze fünf große Mühlen mehr als die Hälfte des heimischen Mehles vermahlen.
Der Strukturwandel, der mit der Landwirtschaft und dem Bäckergewerbe den vor- bzw. nachgelagerten Bereich von Mühlen massiv heimgesucht hat, hat natürlich auch vor diesen selbst nicht Halt gemacht und deren Zahl stark dezimiert. Die Großen werden größer, so das ungeschriebene Gesetz allen industriellen Strukturwandels und die Kleinen überleben nur in der Qualitätsnische.
In Letzterer hat sich etwa die kleine Dyk-Mühle in Raabs an der Thaya angesiedelt, deren Geschäftsführerin Lisa Dyk wir zum Filminterview besucht haben. Der Personalaufwand ihrer kleinen regionalen Mühle in Relation zur erzeugten Mehlmenge sei natürlich im Vergleich zu den großen industriellen Mühlen ineffizient. Damit sie als verlässlicher Partnerbetrieb der regionalen Bauern und als wichtiger Arbeitgeber in einer strukturschwachen Region überleben könne, sei die hochqualitative Schiene mit Spezialmehlen das Gebot der Stunde.
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