Tomaten vom Stadtrand

paradeiser marchfeld | © Land schafft Leben, 2016

Die meisten österreichischen Tomaten kommen aus Wien und Umgebung. Das Wiener Becken hat jene Ebenen, auf denen die größten Glashäuser des Landes stehen. Die Transportwege zu den Zentrallagern des Lebensmitteleinzelhandels sind kurz. In Simmering, Eßling, Hainburg und im Marchfeld findet man Österreichs modernste Glashäuser. Tomatenanbau in viel kleineren Foliengewächshäusern gibt es vor allem in der Steiermark und im Burgenland. Die klimatischen Bedingungen für den Tomatenanbau sind generell im Osten Österreichs besser und im Bergland weniger gut. Eine höhere Jahresdurchschnittstemperatur und mehr Sonnenstunden erleichtern den Anbau und sparen Heizkosten. 

Knapp ein Drittel jener Fläche Österreichs, die für Tomatenanbau verwendet wird, liegt im Burgenland. Weil in Wien hauptsächlich in Ganzjahreskulturen in Glashäusern angebaut wird, hat die Bundeshauptstadt die höchsten Ernteerträge. 2019 ernteten die Burgenländer 16.000 Tonnen auf 62 Hektar, die Wiener Tomatenproduzenten 20.000 Tonnen auf 48 Hektar.

Millionen-Projekte und kleine Tomatenbauern

paradeiser folientunnel | © Land schafft Leben, 2016

Im Tomatenanbau unterscheidet man grob zwischen zwei Anbauformen, der Ganzjahreskultur im Glashaus und dem Anbau im Foliengewächshaus. Im Glashaus braucht man keine Erde, dafür ein Produktionssystem, das international ähnlich aussieht. “Holland-System” heißt diese Anbauform. Glashäuser sind in der Regel wesentlich größer als Foliengewächshäuser, in denen die Tomatenpflanzen in Erde wachsen. Eine tunnelförmige oder hausförmige Folienkonstruktion schützt sie vor Wetter und Kälte. Es gibt dazwischen auch Betriebe, die zwar im Glashaus anbauen, aber nicht das ganze Jahr über Tomaten kultivieren. 

Zahlungen der öffentlichen Hand

Tomatenerzeuger erhalten, wie Betriebe aller landwirtschaftlichen Bereiche, so genannte Ausgleichszahlungen, egal ob Glashaus-Betreiber oder Foliengewächshaus-Bauer. Wer was und wie viel bekommt, ist unter www.transparenzdatenbank.at einsehbar. Der EU-Beitritt 1995 hat dazu geführt, dass viele Tomatenerzeugende in ein erdeloses Glashaus investiert haben, weil vor allem Investitionen vom EU-Fördersystem unterstützt werden. Jene Tomatenerzeuger, mit denen wir in Kontakt waren, haben unter anderem folgende Zahlungen erhalten:

Agrarumweltmaßnahmen Für Bäuerinnen und Bauern, die sich zu bestimmten umweltschonenden Produktionsverfahren verpflichten.
Betriebsprämienregelung Richtet sich seit 2003 nach der bewirtschafteten Fläche. Vor 2003 wurden die Zahlungen nach der Produktionsmenge berechnet. Seit 2015 gibt es einen Maximalbetrag für Betriebe mit sehr großer bewirtschafteter Fläche. Versiegelte Fläche, auf denen erdeloser Anbau betrieben wird, zählt nicht zur Berechnungsbasis. 
Teilnahme von Landwirten an Qualitätsprogrammen Für Bäuerinnen und Bauern, die sich an bestimmten Lebensmittelqualitätsprogrammen beteiligen.

 

Aus- und Weiterbildung

Obwohl sich die Anbauformen im Tomatenanbau stark unterscheiden, lernen zukünftige Erzeugerinnen und Erzeuger ihr Handwerk in denselben Schulen. Die einzige Schule mit Matura ist in diesem Bereich die HBLFA Schönbrunn. Sie bindet die Schüler auch in die hauseigene Forschung ein. An der HBLFA gibt es Tomatenkulturen nur in Erde, um den Schülern über das Jahr eine Fruchtfolge mit mehreren Gemüsearten anbieten zu können. Fachschulen gibt es etwa in Langenlois und Obersiebenbrunn. Für Gärtnerinnen und Gärtner sowie Bäuerinnen und Bauern bestehen Möglichkeiten der Weiterbildung. Spezialisierte Tomatenerzeuger besichtigen Produzenten von Marokko über Spanien bis in die Niederlande, um aktuelle Trends zu erkennen.

Vermarktung gebündelt

Fast alle österreichischen Erzeugerinnen und Erzeuger vertreiben ihre Tomaten über so genannte Erzeugerorganisationen. Diese bündeln landwirtschaftliche Produkte und verkaufen sie gesammelt weiter. So entstehen Synergieeffekte in der Vermarktung und die Tomatenerzeuger sparen sich organisatorischen Aufwand, etwa beim Einkauf von Verpackung und bei der AMA-Gütesiegel-Zertifizierung. Nur einige der größten Glashäuser verkaufen direkt an den Lebensmitteleinzelhandel. In Österreich gibt es Erzeugerorganisationen in Niederösterreich und Wien, im Burgenland und in der Steiermark. 

Forschung in Österreich an Sorten und Low-Input-Produktion

paradeiser forschung | © Land schafft Leben, 2016

Obwohl die Züchtung für den Tomatenanbau fast ausschließlich im Ausland erfolgt, forschen Einrichtungen in Österreich an speziellen Themen. Die Versuchsstation für Spezialkulturen Wies des Landes Steiermark legt den Schwerpunkt auf Versuchen mit Sorten. Das Team rund um Leiterin Doris Lengauer testet in- und ausländische Neuzüchtungen auf Ertrag, Geschmack, Resistenz und Toleranz gegenüber Schädlingen unter den Klima- und Bodenverhältnissen in der Steiermark.

Gesetzliche Grundlagen

In unterschiedlichen Bereichen regulieren gesetzliche Vorgaben den Tomatenanbau. Pflanzenschutz- und Düngemittel müssen zugelassen sein. Für alle österreichischen Betriebe gelten das heimische Arbeitsrecht und steuerliche Regelungen, egal woher die Mitarbeiter kommen. Die EU-Bio-Verordnung regelt den biologischen Tomatenanbau. 

> Arbeitsbedingungen
> Bio-Anbau

Dreistufiges AMA-Kontrollsystem

paradeiser kontrollen | © Land schafft Leben, 2016

Auch das AMA-Gütesiegel ist für heimische Produzentinnen und Produzenten von großer Bedeutung. Die AMA-Marketing hat ein dreistufiges Kontrollsystem. Es beginnt mit der Eigenkontrolle. Die Landwirtin oder der Landwirt muss verschiedene Bereiche auf seinem Betrieb selbst kontrollieren und protokollieren. Dazu gibt es AMA-G.A.P.-Vorlagen.