Ressourcen und Organisation
669 österreichische Betriebe ziehen Masthühner auf. Davon sind etwa zwei Fünftel Bio. Um von der Hühnermast leben zu können, reichen ein paar hundert Hühner längst nicht mehr aus. Ein Bauer braucht mehrere tausend Tiere, alleine um die hohen Investitionskosten für den Stall samt technischer Ausstattung erwirtschaften zu können. Wesentlich ist, dass die österreichischen Hühnermäster über Felder verfügen. Auch wenn sie dort meistens nicht (mehr) das spätere Futter für ihre Hühner selbst anbauen, so ist damit zumindest gewährleistet, dass der anfallende Mist später als Düngemittel einen sinnvollen Abnehmer findet.
Wo die eigenen bzw. dazu gepachteten Flächen zu klein sind, um den Hühnermist aufnehmen zu können, helfen sich Bauern gegenseitig mit Abnahmeverträgen. Die fertige Futtermischung bezieht jeder Bauer von einem Futtermittelhersteller. Bis ein Küken beim Mäster ankommt sind der internationale Züchter und Großelterntierbetrieb, ein Elterntieraufzucht- und Elterntierbetrieb und eine Brüterei beteiligt.
Auch das Lebensende der Hühner muss der Bauer schon vor dem Stallbau organisieren. Dazu schließt er einen Vertrag mit einem Schlachthof ab. Der Bauer bekommt vorgegeben, welche Rasse er verwendet, was er verfüttert, welche Maßnahmen zur Qualitätssicherung er erfüllt und wann ungefähr seine Hühner schlachtreif sind. Dafür garantiert ihm der Schlachthof, dass er die Tiere abholt und den vereinbarten Preis zahlt. Dadurch gibt es in der Hühnermast kaum regionale Unterschiede. Hühner, Futter und Ställe sehen überall sehr ähnlich aus.
Der Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb bekommt so von verschiedenen Bauern einheitliche Tiere, die gleich groß sind und das gleiche gefressen haben. Er plant, wann bei welchem Bauern schlachtreife Hühner zur Verfügung stehen. So kann der Betrieb die Maschinen und technischen Einrichtungen zum Schlachten und Zerlegen gleichmäßig auslasten und die Nachfrage am Markt bestmöglich bedienen. In der Grillsaison und zu bestimmten Feiertagen ist die Nachfrage besonders hoch. Die Schlachthöfe müssen zusätzliche Schichten einlegen und genau planen, um genügend Tiere angeliefert zu bekommen.
Die Organisation von Schlachthof und Mäster hat auch Auswirkung auf die Elterntierbetriebe und Brütereien. Drei Wochen brauchen die Küken, bis sie in der Brüterei schlüpfen. Dann kommen sie zum Mastbetrieb. In 30 bis 40 Tagen sind die Hühner in der konventionellen Haltung schwer genug und werden geschlachtet. Nach jeder Mast muss der Stall penibel gereinigt und für den nächsten Durchgang vorbereitet werden. Das nimmt ein bis zwei Wochen in Anspruch. So kommt ein konventioneller Mäster auf sechs bis sieben Durchgänge pro Stall und Jahr. Im Bio-Bereich sind die Abläufe ähnlich. Nur die Mast dauert etwa doppelt so lang.
Stallbau, Genehmigung und Emissionen
Österreich versorgt sich zu 86 Prozent selbst und viele Österreicher kaufen bevorzugt heimisches Hühnerfleisch. Dennoch ist es schwierig, einen Stall zu errichten. Anrainer beschweren sich über Gerüche oder stören sich an der Tatsache, dass die Nachbarin tausende Tiere mästet. Zudem braucht es eine offizielle Genehmigung, die nicht leicht zu erhalten ist.
“Es ist sehr schwer, eine Genehmigung zu bekommen, speziell wenn man wenig Abstand zu einer Siedlung hat”, erklärt Hühnerbauer und Brütereibetreiber Gerhard Skreinig. Die Vorgaben müsse man “sowieso einhalten”, sonst hätte man “keine Chance”, ergänzt Skreinig. Die HBLFA Raumberg-Gumpenstein erforscht Möglichkeiten zur Reduktion von Emissionen von Geruch und Lärm. Die Ställe sollen weniger Ammoniak und Kohlendioxid ausstoßen, weniger unangenehm riechen und leiser sein. “Der Bauernhof stinkt und niemand will neben dem Bauern wohnen. Auf der einen Seite wollen wir die Produkte vom Bauern, aber ihn nicht als Nachbarn haben”, sagt Michael Kropsch, Forscher an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Er weißt auf die Problematik einer möglichen Geruchsbelästigung von Anrainern hin. Die Forschungsergebnisse sollen zu weniger Emissionen und mehr Akzeptanz führen.
Weniger Emissionen erhöhen zudem die Chance, eine Baugenehmigung für einen Stall zu erhalten. Auch EU-Grenzwerte spielen hier eine Rolle. Die EU schreibt vor, wie hoch Schadstoffe in der Luft konzentriert sein dürfen. In der Forschung gehe es aber auch um Tierwohl. Michael Kropsch betont: “Je besser das Stallklima ist, desto besser geht es den Tieren.” Besonders Ställe mit einer modernen technischen Ausstattung verursachen wenig bis nicht wahrnehmbare Gerüche.
Vergleichsweise kleinstrukturiert
Österreichische Hühnermäster halten im Schnitt 20.000 bis 25.000 Tiere. Es handelt sich in der Regel um bäuerliche Familienbetriebe. Während in Österreich Betriebe mit 40.000 Hühnern zu den größeren zählen, sind weltweit 200.000 keine Seltenheit. 20.000 Hühner pro konventionellem Betrieb sind für eine rentable Mast das Minimum, 40.000 braucht man für den Vollerwerb, wie uns Hühnerbauer Franz Nagelhofer erklärt. Er erinnert an seinen Großvater, der vor 30 Jahren mit 13.000 Hühnern im Vollerwerb wirtschaften konnte.
Hühnerbauer Gerhard Skreinig meint: “Ich glaube, dass es keinen Unterschied macht, ob ein Stall 100 oder 2.000 Quadratmeter hat.” Das einzelne Tier habe ohnehin den vorgeschriebenen Platz. Das Denken in kleinen Einheiten sei kontraproduktiv: “Im großen Stall kann man sich eine moderne Ausstattung leisten.” Mehr Tiere pro Stall führen laut Skreinig sogar zu mehr Tierwohl. Auf die Frage, ob Bauern oder Manager die Betriebe führen, antwortet er: “Das Hühnermästen ist in familiären Händen, aber das Managen muss der Bauer auch können. Der Bauer plant in der Früh als Manager und erledigt die bäuerlichen Arbeiten dann selbst.” Betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind für einen Hühnermäster unabdingbar.
Die Anzahl der Hühner pro Stall ist in der konventionellen Mast nicht gesetzlich limitiert. Bio-Betriebe dürfen nur 4.800 Hühner pro Stall halten. Bio Austria schreibt seinen Mitgliedern zusätzlich vor, dass sie maximal 9.600 Hühner, also zwei Ställe, haben dürfen. Bio-Bauer Stefan Edlinger weiß die geringere Anzahl an Hühnern zu schätzen und wünscht sich, “dass Bio-Mäster mit 9.600 Hühnern den Betrieb erhalten können und nicht gezwungen sind, zu expandieren.”
Der österreichische Anerkannte Geflügelgesundheitsdienst (Qualitätsgeflügelvereinigung) hat eine Datenbank geschaffen, um den Weg der Hühner mit allen Kontrollen, Behandlungen und Salmonellenproben aufzuzeichnen. Fast alle Statistiken, die es über die Branche in Österreich gibt, haben die Datenbank als Grundlage. Offiziell heißt sie “Poultry Health Data”.
Zur Eingabe und Einsicht berechtigt sind Betreuungstierärzte, Labors, die Referenzzentrale für Salmonellen, Brütereien und Schlachtbetriebe. Bei den Elterntierbetrieben muss die Herkunft der Elterntierküken, deren Anzahl und alle Impfungen aufgezeichnet werden. Die Brütereien geben für die Datenbank die Herkunft der Bruteier, die Schlupfrate, die Ausfallsquote, die Impfung und die Menge und Versandadresse der ausgelieferten Küken bekannt.
Bei den Hühnermästern muss ein Tierarzt den Namen des Lieferanten der Mastküken, das Ein- und Ausstalldatum, die Anzahl an Hühnern und eventuelle Impfungen und Medikamentenbehandlungen in die Datenbank eingeben. Die Salmonellenprüfung drei Wochen vor der Schlachtung und die Lebendtieruntersuchung vor der Abholung müssen mit Datum festgehalten werden. Bei der Anlieferung der Hühner am Schlachthof muss eine Transportbescheinigung und eine Bestätigung der Einhaltung der Wartezeit nach einem Medikamenteneinsatz vorliegen.
Bildung und Forschung
Zukünftige Hühnermäster besuchen eine landwirtschaftliche Fachschule oder machen eine höhere landwirtschaftliche Ausbildung. Viele absolvieren noch die Ausbildung zum Facharbeiter und können in weiterer Folge die Meisterprüfung ablegen.
Schulen gibt es in Hatzendorf, Raumberg-Gumpenstein, Schlierbach, Gießhübl und Wieselburg, eine Facharbeiterkurs und Meisterausbildung bietet die ARGE Huhn an. Die Zentrale Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft ZAG bietet Möglichkeiten zur Weiterbildung an, etwa Fachveranstaltungen zum Thema Hühnermast.
Die zwei größten Forschungseinrichtungen für die Hühnermast sind in Wien und Raumberg-Gumpenstein. Die Veterinärmedizinische Universität Wien forscht an Impfstoffen und Medikamenten sowie zu Tierhaltung, Management und Tierwohl. Die HBLFA Raumberg-Gumpenstein forscht an Futtermitteln und Emissionen.
Zahlungen der öffentlichen Hand
Folgende Zahlungen erhalten die Hühnerbauern der LsL-Kontaktliste. Gründe für diese Zahlungen können auch andere landwirtschaftliche Tätigkeiten einer Bäuerin sein. Nicht nur die Hühnermastbetriebe, auch andere landwirtschaftlichen Betriebe entlang der Wertschöfpungskette können Ausgleichszahlungen bekommen. Auf www.transparenzdatenbank.at sind alle Zahlungen für jeden einzelnen Betrieb aufgelistet. Folgende Zahlungen findet man beispielsweise dort.
Betriebsprämienregelung | Richtet sich seit 2003 nach der bewirtschafteten Fläche. Vor 2003 wurden die Zahlungen nach der Produktionsmenge berechnet. Seit 2015 gibt es einen Maximalbetrag für Betriebe mit sehr großer bewirtschafteter Fläche. |
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Teilnahme von Landwirten an Qualitätsprogrammen (M132) |
Für Bauern, die sich an bestimmten Lebensmittelqualitätsprogrammen beteiligen. |
Agrarumweltmaßnahmen | Für Bäuerinnen, die sich zu bestimmten umweltschonenden Produktionsverfahren verpflichten. |
Ausgleichszahlungen für Berggebiete | Erhalten Landwirte in Berggebieten “für naturbedingte Nachteile” in der Produktion. |
Ausgleichszahlungen für andere benachteiligte Gebiete |
Bekommen Bauern, die nicht in Berggebieten, aber in Benachteiligten Gebieten sind, für naturbedingte Nachteile. |
Tierschutzmaßnahmen | Für Bäuerinnen, die sich an bestimmten Lebensmittelqualitätsprogrammen beteiligen. |
Bio oder Konventionell
Knapp fünf Prozent des im österreichischen Lebensmitteleinzelhandels verkauften Hühnerfleisches ist Bio. Einer Schätzung der Geflügelwirtschaft Österreich zufolge gibt es über 290 österreichische Bio-Mäster, bei stark steigender Tendenz. Demnach wirtschaften etwa zwei Fünftel der Mastbetriebe biologisch. Bio-Mäster verwenden langsamer wachsende Tiere, haben strengere Auflagen zur Haltung und medizinischen Behandlung und verfüttern biologisch angebautes Futter. Die Gründe, warum ein Bauer biologisch oder konventionell wirtschaftet, sind ganz unterschiedlich.
“Grundsätzlich bin ich offen für Bio-Haltung”, sagt Bernhard Gugler, konventioneller Mäster mit 51.000 Hühnern. Weil er zwei weitere konventionelle Hühnermäster im Umkreis von 500 Metern habe, könne er seine Hühner nicht ins Freie lassen, was Bio vorschreibt. Wenn beim Nachbarn Hühner krank wären, könnten sich laut Gugler seine eigenen Hühner über den Staub anstecken. Durch die durchgehende Haltung im Stall ohne Auslauf könne das nicht passieren.
Der Hof von Bio-Bäuerin Johanna Steiner, den sie bereits als biologisch wirtschaftenden Hof von ihren Eltern übernommen hat, steht dagegen weit abseits des nächsten Hühnermästers. Johanna hat dem bestehenden Milchviehbetrieb erst vor eineinhalb Jahren mit der Hühnermast ein “zweites Standbein” verpasst. Bio sei für sie eine Lebenseinstellung: “Ich sehe, wie meine Hühner aufwachsen und habe kein schlechtes Gewissen dabei, wenn ich sie später dann esse.”
Ein konventioneller Bauer kann nicht von heute auf morgen zum Bio-Bauern werden. Ab wann ein Mäster, der auf Bio umgestellt hat, Bio-Hühner als solche verkaufen darf, ist klar geregelt. Die EU-Bio-Verordnung schreibt eine Umstellungszeit des gesamten Bauernhofes von zwei Jahren vor. In der Hühnermast erfolgt die Umstellung für gewöhnlich schneller, denn die zwei Jahre betreffen Ackerflächen. Sobald Futtermittel und der Stall den Bio-Vorgaben entsprechen, kann der Betrieb biologisch mästen. Bio Austria schreibt neuen angehenden Bio-Bauern einen Kurs zur Weiterbildung vor.