Von Salat- und Feldgurken...
Weibliche, jungfräuliche Pflanzen
Gurkenpflanzen wären von Natur aus männlich und weiblich zugleich, da sie männliche und weibliche Blüten auf einer Pflanze bilden. Da nur die weiblichen Blüten Früchte entwickeln und die männlichen Blüten nur Energie verschwenden und nicht benötigt werden, hat sie die Züchtung entfernt. Übrig geblieben sind rein weiblich blühende Pflanzen.
Sie entwickeln ohne Bestäubung Gurken, die keine Samen für eine weitere Vermehrung enthalten. Die schwach ausgebildeten Kerne sind nur leere Samenhüllen. Beim Verzehr der Gurke spüren wir sie kaum. Feldgurken sind noch männlich und weiblich blühend. Sie haben größere Kerne, weil es zu einer Befruchtung gekommen ist und aus den Kernen neue Gurken wachsen könnten.
Die Gurkenerzeugerinnen und -erzeuger verwenden nur Hybridsorten, weil diese einheitlicher und ertragreicher sind. Nicht-Hybride kommen nur in Privatgärten und vereinzelt bei Bäuerinnen und Bauern, die kleinere Mengen direkt vermarkten, zum Einsatz.
Anbau unter Dach oder Folie
Salatgurken werden ausschließlich im Glashaus ohne Erde oder im Folientunnel in Erde angebaut. Sie sind relativ empfindliche Pflanzen, ein Freilandanbau in Erde wäre nicht wirtschaftlich.
Bis zu dreimal im Jahr tauschen die Gärtnerinnen und Gärtner sowie Bäuerinnen und Bauern die schnell wachsenden Gurkenpflanzen aus und setzen neue. Tomatenpflanzen müssen im Vergleich dazu nur einmal pro Jahr gesetzt werden. Dazu werden Jungpflanzen verwendet, das heißt, dass die Gurkenpflanzen bereits rund 20 Zentimeter groß sind, wenn sie ins Glashaus oder in den Folientunnel kommen. Die Jungpflanzen kommen zumeist von niederländischen Herstellern und werden per LKW zu den Glashäusern in Österreich transportiert. Der Anteil an heimischen Jungpflanzen ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.
Ganz ohne Erde
Gurkenpflanzen brauchen Halt im Boden, Nährstoffe und Wasser. Das alles holen sich Pflanzen in der Natur aus der Erde. Moderne Glashaus-Gärtnerinnen und -Gärtner haben Möglichkeiten gefunden, die Pflanzen ganz ohne Erde zu versorgen.
Als das Glashaus für den Gemüsebau entdeckt wurde, musste man bald erkennen, dass das System seine Grenzen hat. Die Gärtnerinnen und Gärtner bauten Jahr für Jahr Gemüse auf derselben Fläche an. Bald stellten sie fest, dass der Boden unter der Eintönigkeit litt. So entstand die Idee, den gewachsenen Boden abzudecken und darauf ein Glashaus zu stellen, das ganz ohne Erde auskommt.
Steinwolle gibt den Pflanzen halt
In modernen Glashäusern klammern sich die Wurzeln der Gurkenpflanze in ein Substrat aus Steinwolle oder Kokosfaser. Hauptsächlich wird Steinwolle verwendet. Sie ist gesponnener Stein und nicht biologisch abbaubar. Nach zwei bis drei Saisonen wird sie entsorgt. Eine zweite, weniger bedeutende Variante, ist Kokosfaser. Sie ist biologisch abbaubar, kritisch gesehen werden können Anbaubedingungen in Kokos-Herkunftsländern wie Sri Lanka und Indien. Ein Vorteil von Steinwolle und Kokosfaser ist, dass sich die Gärtnerinnen und Gärtner keine Sorge um die Bodengesundheit machen müssen, weil das Substrat nach einer gewissen Zeit sterilisiert oder entsorgt wird und nicht wie bei Erde eine Fruchtfolge – der abwechselnde Anbau von unterschiedlichen Pflanzen – notwendig ist. In Anbauformen ohne Erde sind die Erträge pro Hektar durchschnittlich um ein Drittel höher.
Mineraldünger liefern Nährstoffe
Da die Gurkenpflanzen keine Nährstoffe aus der Erde ziehen können, müssen die Gärtnerinnen und Gärtner alle Nährstoffe künstlich zur Verfügung stellen. Sie kaufen Mineraldünger, mischen sie und befördern sie über die Schläuche der Tröpfchenbewässerung direkt zu den Pflanzen. Ein Labor stellt ein optimales Düngerezept für die Nährstofflösung zusammen. Ein Labormitarbeiter untersucht das Wasser, das von der Pflanze zurückkommt und stellt so fest, was sie entnommen hat. Gurkenpflanzen brauchen viel Dünger, vor allem sehr viel Stickstoff, weil sie zehn Zentimeter pro Tag wachsen. Dafür ist die Frucht in zwei bis drei Wochen fertig. Die Herstellung einiger Mineraldünger-Arten ist sehr energieaufwändig, andere bestehen aus fossilen Rohstoffen.
Sind Gurken aus Erde gesünder?
Wolfgang Palme forscht an der HBLFA Schönbrunn zum Gemüseanbau. Er gilt als Top-Experte für ressourcenschonende Gemüseerzeugung in Erde. Die Kreislaufwirtschaft mit organischen Düngern und echtem Boden sei der nachhaltigere Weg, so Palme. Dass Gurken, deren Pflanzen in Erde stehen, andere Inhaltsstoffe haben würden, gesünder seien oder besser schmecken, behauptet er nicht: “Man wird die Anbauform der Gurke nicht herausschmecken.”
> Ökologische Aspekte
> VIDEO: Woraus bestehen Mineraldünger?
Wasser ausreichend vorhanden
Das System des erdelosen Gurkenanbaus sieht in Österreich auf den ersten Blick so aus wie in anderen Ländern auch. Der größte Unterschied ist laut Gemüseexperte Wolfgang Palme der Transportweg und die Herkunft des wichtigsten Inhaltsstoffes Wasser. “Gurken, die zum Großteil aus Wasser bestehen, quer durch Europa zu transportieren, hat einen gewissen Widersinn. Denken wir an Spanien. Dort fehlt das Wasser, wir in Österreich haben es. Dann transportieren wir Wasserflaschen in Form von Gurkenfrüchten aus dem Land des Wassermangels in unseren Wasserreichtum.” Im Geschmack gebe es wiederum kaum Unterschiede zwischen einer Gurke aus Österreich oder einem anderen Land.
Auch wenn die Tendenz klar Richtung erdelosem Anbau geht, es gibt noch österreichische Gurken, die in Erde angebaut werden. Vor allem kleinere Betriebe, die viele unterschiedliche Lebensmittel herstellen, bauen Gurken in Erde an. Sie befinden sich vor allem im Burgenland und in der Steiermark. Die Herausforderung ist, die Erde gesund zu halten. Steinwolle oder Kokosfaser, die in erdelosen Systemen als Ersatz dienen, werden regelmäßig entsorgt und erneuert. Den Boden kann man nicht so einfach erneuern. Ein gesunder Boden braucht eine gut abgestimmte Fruchtfolge. Eine gute Fruchtfolge ist aber aufwändig und daher ökonomisch nur begrenzt möglich. Man müsste den Folientunnel oder das Glashaus immer wieder versetzen, damit man nicht mehrmals demselben Boden mit derselben Kultur Nährstoffe entzieht und damit es sich die Schädlinge im Boden nicht einrichten können. Mobile Tunnel, wie sie an der Versuchsstation Zinsenhof im Einsatz sind, wären eine bodenschonende Alternative. Sie sind aber derzeit in der Praxis noch kaum zu finden.
Bio-Salatgurken dürfen nicht auf Substraten angebaut werden, da sie laut Gesetz in gewachsenem Mutterboden angebaut werden müssen. Die Gurken einfach in einem Topf mit Erde anzubauen, ist nicht zulässig. In den Regalen findet man wenige bis keine Bio-Gurken.
Warum es kaum Bio-Gurken im Regal gibt:
> Kaum Bio bei Salatgurken - warum?
Schutz der Gurke ist große Herausforderung
Pilzkrankheiten, Virusinfektionen, Blattläuse und viele weitere kleine Schädlinge setzen der Gurke zu. Da die Salatgurke keine Haut, sondern nur eine dünne Schale hat, ist sie sensibel und anfällig. Die Gurkenerzeugerinnen und -erzeuger müssen ihre Pflanzen schützen, um ernten zu können.
Sie setzen bevorzugt auf Nützlinge, die Schädlinge fressen. Das funktioniert im Glashaus oder Folientunnel viel besser als unter freiem Himmel, weil weniger Nützlinge davonfliegen. Eine Methode ist, zwischen den Pflanzen Töpfe mit Getreide zu stellen, in denen sich die Nützlinge vermehren, noch bevor die ersten Schädlinge Einzug halten. Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sind die Methode zweiter Wahl, werden aber eingesetzt, wenn durch Schaderreger ein großer wirtschaftlicher Schaden droht. Zum Beispiel wird mit einem Fungizid der schädliche Pilz Falscher Mehltau bekämpft.
Die Gurken wachsen heran
In konventionellen Glashäusern werden die ersten Gurkenpflanzen im Jänner gesetzt. Vier Wochen lang wachsen die kleinen Jungpflanzen heran, in den vier Wochen darauf erzeugen sie Gurken. Erstmals geerntet wird im März. Während einer Anbausaison werden die Pflanzen bis zu dreimal durch neue ersetzt, im Oktober werden die letzten kompostiert. Von einer Pflanze kann man rund 40 Gurken ernten. Von November bis Februar gibt es keine Salatgurken aus Österreich. Glashausbetreiber, die den ganzen Winter über heizen, beleuchten und ernten, gibt es, anders als im Tomatenanbau, nicht. Damit die Gurken an der Pflanze so wachsen, wie sie wachsen sollen, bedienen sich die Gurkenerzeuger einer speziellen, jahrzehntealten Technik.
Bei der so genannten “Kring-Methode” werden an den frisch gesetzten Pflanzen zunächst bis in eine Höhe von zirka 75 Zentimetern alle Seitentriebe und Blüten entfernt. Danach lässt man die Blüten zu Früchten reifen und schneidet nur die Seitentriebe. Ist die Pflanze am Spanndraht in 2 bis 2,5 Metern Höhe angekommen, wird der Haupttrieb gekappt. Die sich entwickelnden zwei obersten Seitentriebe werden über den Draht geführt und nach unten hängen gelassen. Auch an ihnen bilden sich Blüten und Früchte.
Dreimal wöchentlich ernten
Die Ernte im Gurken-Glashaus bedeutet viel Handarbeit. Die Gärtnerinnen Gärtner und ihre Mitarbeiter beernten jede Pflanze zumindest jeden zweiten Tag, sonst würden die Gurken zu groß werden. Mit einem Messer schneiden sie die Gurken ab und legen sie in Kisten. Eine Gurke sollte am besten 300 bis 500 Gramm schwer sein, bei der Ernte ist Augenmaß gefragt. Insgesamt kann man im Glashaus auf einem Quadratmeter maximal 120 Gurken ernten. Nach der Ernte muss es schnell gehen.
Nachdem sie von ihrer Pflanze getrennt wurden, müssen die Gurken rasch sortiert, befeuchtet und verpackt werden, damit sie frisch ins Regal oder in den Hofladen kommen. Die Gurke nimmt über die Schale viel Wasser auf, gibt aber auch viel ab. Daher macht das Befeuchten nach der Ernte Sinn. Damit die Gurke länger hält, wird sie manchmal in eine Kunststofffolie verpackt. Sind die Transportwege kurz und ein schneller Verkauf zu erwarten, kann er sich die Folie ersparen. Vorteil der Kunststofffolie ist, dass die Gurken vor den Fingern wählerischer Konsumentinnen und Konsumenten geschützt werden. Nachteil ist der anfallende Kunststoffmüll.
Minigurken werden immer beliebter
Minigurken sind viel kleinere Salatgurken. Sie eignen sich als Snack wie beispielsweise für die Schuljause. In Nordamerika machen sie etwa einen Drittel des Gurkenkonsums aus. In Europa haben sie noch geringere Bedeutung, aber die Nachfrage steigt. Die besondere Herausforderung beim Minigurken-Anbau ist, dass ab dem ersten Erntetag täglich geerntet wird. Somit können keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, weil nach jeder Anwendung eine Wartefrist von mehreren Tagen eingehalten werden müsste.
Es gäbe Gurken in vielen Farben, Formen und Geschmacksvariationen, dennoch ist unser Gurkenkonsum eher eintönig. Salatgurken, Feldgurken, Einlegegurken – alle sind sie ziemlich einheitlich. Es gibt verschiedene Sorten und Einlegevariationen, die Vielfalt in den Supermarktregalen und auf den Feldern hält sich jedoch in Grenzen. Gurkenraritäten wären durchaus mal interessant zu probieren. Sie stammen aus Südamerika oder Asien und ähneln Melonen oder Kürbissen, mit denen sie verwandt sind. Diese für uns ungewöhnlichen Gurken eignen sich zum Grillen, zum Rohgenuss oder lassen sich im Wok zubereiten.
Feldgurken werden im Freien angebaut
Feldgurken sehen ähnlich aus wie Salatgurken, werden aber wie die Einlegegurken im Freien angebaut. Die Pflanzen wachsen nicht in die Höhe, sondern kriechen am Boden und bilden immer wieder neue Gurken aus. Feldgurken sind kürzer und haben einen größeren Durchmesser. Ihre Schale ist dicker, sie sind widerstandsfähiger als Gurken aus geschütztem Anbau und daher besser fürs Feld unter freiem Himmel geeignet. Ihre Saison beginnt in Österreich im Juni und endet im Oktober. Mengenmäßig haben sie viel weniger Bedeutung als die Salatgurken, von denen sie zur Zeit des Glashaus-Booms in 1950er- und 60er-Jahren verdrängt wurden. In Privatgärten zählen sie bis heute zu den beliebtesten Gemüsearten.