Die ökologischen Aspekte der heimischen Zuckerproduktion können sowohl bei der Produktion des Rohstoffs Zuckerrübe in der Landwirtschaft als auch bei der Extraktion der Zuckeranteile aus der Rübe in der Zuckerfabrik beleuchtet werden. Besonders wichtig für eine Einschätzung der ökologischen Auswirkungen der Zuckerproduktion erscheint ein vergleichender Blick auf die vom Weltmarkt “angebotene” Alternative Rohrzucker.

 

Versuch eines Vergleichs der Fußabdrücke von Zuckerrübe und Zuckerrohr

Menschen in Zuckerrohr-Feld | © Werner Rudhart / Greenpeace

Gernot Bodner, Pflanzenbauexperte an der BOKU, attestiert der Zuckerrübe in Österreich im Videointerview einen in mehrfacher Hinsicht kleineren Fußabdruck im Vergleich zum Zuckerrohr. Einmal falle durch die wesentlich kürzeren Transportwege der CO2-Fußabdruck geringer aus. Ebenso der Wasserfußabdruck, der beim Zuckerrohr ganz andere Dimensionen annehme. Insgesamt geht er davon aus, dass die viel intensivere Nutzung der Ressourcen Boden und Wasser klar zugunsten der Rübenzuckerproduktion spricht, zumindest für die Eigenversorgung in Europa. In puncto Nachhaltigkeit gebe es für das gesamte Management in der Zuckerrohrproduktion ein “lockereres Regelwerk”.

> Unterschiede zwischen Rüben- und Rohrzucker

Herausforderungen für nachhaltig gesunde Böden

Traktor auf Feld | © Land schafft Leben

Grundsätzlich sei die Zuckerrübe sehr gut in eine auf Bodenverträglichkeit bedachte Fruchtfolge eingebunden, meint Gernot Bodner, der im Bereich nachhaltiger Pflanzenbau an der BOKU forscht. Die Herausforderungen für nachhaltig gesunde Böden sieht er vor allem in zwei Bereichen. Zum einen ist die Ernte mit ihren schweren Erntemaschinen ein möglicher Problembereich hinsichtlich der Bodenverdichtung. Und zweitens nennt er die “Herbizidfrage” als ein Thema, das über die Zukunft der Zuckerrübe mitbestimmen wird.

Das Ernten der Zuckerrüben fällt in den zusehends feuchter werdenden Herbst und ist überbetrieblich organisiert sowie an die Zeiten für die alljährliche “Zuckerkampagne” der Zuckerfabriken gebunden (Die 120 bis 140 Tage der Verarbeitung werden als “Kampagne” bezeichnet.) Zudem wird heute mit leistungsfähigen, aber schweren Erntemaschinen geerntet. Das heißt die straffe Organisation kann nur sehr bedingt auf kurzfristige ungünstige Witterungsverhältnisse Rücksicht nehmen und das Risiko der Bodenverdichtung müsse mitunter in Kauf genommen werden. Freilich gibt es hierfür eine “Schmerzgrenze”, wie Rübenbauer Robert Mauhart aus der Region Linz Land im Filminterview betont: “Auch wenn ich grundsätzlich einen Erntetermin zugeteilt bekomme, verweigere ich bei sehr schlechten Witterungsbedingungen die Ernte, wobei sich der Spielraum auf wenige Tage beschränkt.”

 

Keine “nackten Böden” den Winter über als wichtiger Baustein nachhaltiger Bodennutzung

Laut Gernot Bodner von der BOKU Wien ist der Anbau in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich nachhaltiger geworden. Riesige Datensätze der AGES belegen etwa eine Stabilisierung bis Erhöhung des Humusgehaltes im Vergleich zum Zeitraum der 1970er- bis 1990er-Jahre, wo ein Humusrückgang im Boden zu verzeichnen war. Insbesondere durch flächendeckende sogenannte Winterbegrünungen, die vor allem der Gefahr der Wasser- und Winderosion und dem damit verbundenen Humusabbau erfolgreich entgegenwirken. Dabei wird der Ackerboden mit verschiedenen Kulturen den Winter über bepflanzt. Diese werden nicht geerntet, sondern dienen der Lockerung des Bodens aufgrund der Durchwurzelung, dem Erosionsschutz in steilen Lagen und verringern Nährstoffverluste. Auch wird dadurch restliches Nitrat im Boden aufgenommen und dessen Verlagerung in tiefere Schichten verhindert. Beinahe 60 Prozent der Anbauflächen für Zuckerrüben werden den Winter über begrünt, was die Voraussetzung für die Saat der Zuckerrübe in den verbleibenden Pflanzenmulch darstellt.Obwohl diese Anbauform einen etwas höheren Herbizid-Einsatz zur Folge hat, sei sie in der ökologischen Gesamtbilanz dem traditionellen Anbau überlegen, der den Boden tiefer lockert, so Bodner. Gerade der Herbizideinsatz und das damit verbundene Reizwort Glyphosat stehen aber seit Jahren im Fokus der Kritik von Umweltorganisationen wie Greenpeace und Global 2000.

> HINTERGRÜNDE: Weg der Nährstoffe

> HINTERGRÜNDE: Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel

 

Reizthema Glyphosat

Etikett auf Glyphosatverpackung | © Land schafft Leben

Glyphosat wird im Rübenanbau nur zu einem Zweck und während der gesamten Vegetationsperiode nur einmal angewendet. Das ist zumeist im Zusammenhang mit der sogenannten Winterbegrünung zu sehen. Dabei bringt ein Bauer eine Saatgutmischung aus unterschiedlichen Pflanzen aus. Diese Pflanzen sorgen für eine Verringerung der Nährstoffverluste, lockern den Boden, schützen ihn vor Erosion und dienen den Bienen als Nahrungsquelle. In diese Begrünung sät der Bauer im Frühjahr Zuckerrüben. Weil dabei jedoch auch Unkräuter nachwachsen, bringt er zu diesem Zeitpunkt Glyphosat aus. Sonst würde das Unkraut die kleinen Zuckerrübenpflanzen überwuchern. Die Alternative wäre mechanische Unkrautbekämpfung durch Bodenbearbeitung vor der Aussaat. Rübenbauer Roman Loyer streicht in diesem Zusammenhang die Hauptfunktion von Glyphosat im Rübenanbau heraus. Es sei auf hügeligen Flächen für den Boden- und Erosionsschutz der wichtigste Parameter. “Nur durch Glyphosat ist es möglich, auf die Frühjahrs-Bodenbearbeitung ganz zu verzichten”, so Loyer. Glyphosat vernichtet das Unkraut chemisch. Eine mechanische Unkrautvernichtung, wie sie im Bio-Bereich durchgeführt wird, hat unter anderem jenen Nachteil, dass die oberste Bodenschicht gelockert wird. Bei Starkregen oder Sturm würde der gelockerte und besonders humusreiche Boden zum Teil abgetragen. Gernot Bodner, Pflanzenbauexperte an der BOKU, bestätigt dies im Filminterview und verweist auf Erfahrungen aus den vergangenen Jahren, wo sich die Erosion im Bio-Bereich stärker als Problem gezeigt habe als bei den konventionellen Rübenbauern.

> HINTERGRÜNDE: Glyphosat 
> BLOG: Glyphosat in aller Munde, in aller Urin sogar… 

Vollständige Rohstoffverwertung und Kreislaufdenken in der Zuckerfabrik

Bagger vor Haufen Restprodukte von Zucker | © Land schafft Leben

Der aufwändig produzierte Rohstoff Zuckerrübe wird in der Zuckerfabrik zu beinahe 100 Prozent verwertet. Neben dem Hauptprodukt kristallisierter Weißzucker fallen eine ganze Reihe von Beiprodukten an, welche unterschiedlichen Zwecken zugeführt werden. Insbesondere die Bereiche Futter- und Düngemittel sind hier von Bedeutung.

Ist der Zucker aus den Rüben herausgelöst, bleibt das Rübenmark übrig. Diese sogenannten Press- bzw. Trockenschnitzel sind ein beliebtes Futtermittel für Rinder und Schweine. Am Ende der Zuckerherstellung bleibt Melasse als unkristallisierbarer Zucker übrig. Melasse wird vor allem in der Hefe- oder Bioethanolproduktion eingesetzt. Kalkmilch bindet in der Zuckerherstellung Nichtzuckerstoffe bei der Trennung von Zucker und Nichtzuckerstoffen. Dabei entsteht Carbokalk, der als Bodendünger wieder zurück auf das Feld gebracht wird.

Herwig Schwihla, zum Drehzeitpunkt Werksleiter der Zuckerfabrik in Tulln fasst zusammen: “Praktisch alles, was in unsere Fabrik kommt, wird einer Nutzung zugeführt. Die an den Rüben anhaftende Erde geht auf die Felder zurück und mitgelieferte Steine werden für den Wegebau verwendet. Auch unser Waschwasser schicken wir nach einer Reinigung wieder in den Kreislauf zurück.”