Unabhängige vermehrung: Aus Kren wird Kren
Für Kren braucht man kein Saatgut, es gibt auch kein Kren-Saatgut. Die Bauern sind nicht auf internationale Züchter und Hybridlinien angewiesen. Sie vermehren ihren Kren selbst. Dazu nehmen sie die schönsten Seitenwurzeln des Krens, schneiden sie auf eine Länge von 35 Zentimetern und bewahren sie auf. Beim nächsten Setzen kommen die Seitenwurzeln, die so genannten “Fechser” in die Erde. Sie wachsen zu einer neuen Krenwurzel heran. Manche Bauern beherrschen die Kunst der Fechser-Produktion besonders gut. Sie verkaufen an andere Betriebe, die Fechser zukaufen.
Unterscheidung nach Herkunft
Sorten wie bei anderen Gemüsearten gibt es beim Kren in diesem Sinne nicht. Unterscheidungen werden nach der Herkunft getroffen. Kren, der in der Steiermark angebaut und vermehrt wird, schmeckt anders als zum Beispiel Kren aus Ungarn. Kren aus der Steiermark gilt als einer der schärfsten, wenn nicht sogar als schärfster Kren.
Fruchtfolge
Auf einem Feld zwei Jahre hintereinander Kren anzubauen würde zu einigen Problemen führen. Unter anderem würden sich Krankheiten im Boden anreichern und die nächste Kren-Generation befallen. Das System der Abwechslung am Feld nennt man “Fruchtfolge”. Kren baut man am besten alle vier, fünf Jahre oder noch seltener auf einem Feld an. Optimal sind Flächen, auf denen noch nie Kren kultiviert wurde. Da Krenbauern nicht unendlich viele Felder haben, tauschen sie mit Kollegen.
Üblich ist eine Fruchtfolge von vier bis sieben Jahren. Erntet ein Bauer auf einem Feld 2017 Kren, folgt frühestens 2021 wieder Kren. Dazwischen baut er Kürbis, Mais oder andere Getreidearten an. Mais ist als erste Kultur nach dem Kren gut geeignet, weil er im Feld verbliebene Krenwurzeln gut verdrängen kann, ohne dass diese zur Konkurrenz um Nährstoffe werden. Kreuzblütler wie Kraut und andere Kohlgemüse sind für die Fruchtfolge nicht geeignet, da Kren auch zur Familie der Kreuzblütler zählt und mitunter auf dieselben Krankheiten anfällig ist.
Düngen
Wie jede Kulturpflanze muss der Kren mit Nährstoffen versorgt werden. Ohne ein Ausbringen von zusätzlichen Nährstoffen, wären in den Äckern zu wenige vorhanden. Der Kren würde kaum wachsen. Die Methoden des Düngens sind unterschiedlich, zum Beispiel mischen die Bauern Mineraldünger und Kalk. Die Düngemittel werden in den Boden eingearbeitet. In der Regel düngen sie vor oder unmittelbar nach dem Setzen.
> HINTERGRÜNDE: Weg der Nährstoffe
Nicht nur die Wurzel, auch die Blätter müssen versorgt werden. Ihre Gesundheit ist wichtig, damit sie die Wurzel ernähren können. Stickstoff, neben Phosphor und Kali einer der Hauptnährstoffe, muss gezielt eingesetzt werden. Ansonsten wächst der Kren zu schnell und wird zu lang und dünn. Der Boden sollte einen pH-Wert von 6,5 bis 7,5 haben, also neutral sein. Die Rohstoffe für die Herstellung von Mineraldüngern sind in unterschiedlichem Ausmaß endlich. Phosphor kommt beispielsweise aus Nordafrika. Die Vorräte reichen noch einige Hundert Jahre.
Manche Bauern bringen Netzschwefel aus, um die Schärfe des Krens zu erhöhen. Diese Maßnahme ist nicht weit verbreitet und wäre auch im Bio-Anbau erlaubt.
Kren setzen
Aus den Seitenwurzeln, den Fechsern der letzten Ernte, wird der neue Kren. Sie werden waagrecht in die Erde gelegt. Alle 40 bis 50 Zentimeter wird ein 35 Zentimeter langer Fechser gesetzt. Der Abstand zwischen den Reihen beträgt 60 bis 80 Zentimeter. Ergibt 25.000 bis 35.000 Fechser pro Hektar. In anderen Ländern kommen die Wurzeln senkrechter in die Erde. Ist der Boden leichter, kann auch senkrecht gewachsener Kren problemlos geerntet werden. Auf schweren Böden ist es wichtig, den Kren flach in die Erde zu legen.
Damit der Kren eine dicke, kräftige und scharfe Hauptwurzel ausbildet und nicht viele minderwertige dünne Wurzeln, gibt es das so genannte “Kren heben”. Auch für diesen Arbeitsschritt ist keine handelsübliche Maschine erhältlich. Der Aufwand dieses Arbeitsschrittes ist enorm. Die Mitarbeiter heben jeden einzelnen Kren, der bereits seit zwei Monaten in der Erde vergraben ist, aus. Sie reiben die Seitenwurzeln ab, legen ihn zurück in die Erde und schütten ihn wieder zu. Etwa 400 Wurzeln macht ein Arbeiter pro Tag, um die 30.000 liegen pro Hektar.
Den Kren am Feld zusätzlich zum Niederschlag mit Wasser zu versorgen ist noch nicht weit verbreitet. Manche Betriebe haben aber in den vergangenen Jahren eine sehr aufwändige Bewässerungsanlage installiert. Durch die Klimaveränderung gibt es in der südlichen Steiermark zunehmend Hitze und Trockenheit im Sommer. Der Kren bräuchte in manchen Jahren mehr Wasser, um besser zu wachsen. Seine Blattmasse für die Photosynthese ist sehr groß. Das ist auch der Grund, warum er über den Sommer so viele Kohlenhydrate in der Wurzel einlagern kann.
Schaderreger und Pflanzenschutz
Die Feinde von Krenbauer und Kren sind Pilzkrankheiten, Tiere und schlechte Witterungsbedingungen. Krankheiten und Schädlinge beschädigen oft nur die Blätter. Diese sind aber für die Photosynthese und somit für die Ernährung der Wurzel wichtig. Neben den erwähnten chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln sind vorbeugende Maßnahmen zur Stärkung der Blätter gegen Schaderreger hilfreich.
> HINTERGRÜNDE: Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel
Die Haupt-Schaderreger im Krenanbau sind:
Die bedeutendste Krankheit im Krenanbau ist der Weiße Rost. Weiße Pusteln am Blatt sind ein Zeichen für einen Pilzbefall. Der Weiße Rost zählt zu den Falschen-Mehltau-Pilzen. Verschiedene Fungizide können ihn bekämpfen, am besten noch vor den ersten Symptomen, wenn die Witterung einen Befall begünstigt.
Haupt-Schädling im Krenanbau ist der Erdfloh. Er ist eigentlich ein Käfer, kann aber gut hüpfen, daher sein Name. Gegen den kleinen Erdfloh, der sich mit einer Vielzahl an Artgenossen auf einem Krenfeld niederlassen kann, hilft ein Insektizid.
Die Alternaria ist eine Blattfleckenkrankheit. Sie zeigt sich durch große, dunkle Flecken auf den Blättern. Gegen die Alternaria gibt es Fungizide.
Eine Pilzkrankheit, gegen die es kein Fungizid gibt, ist die Krenschwärze. Ist die Krenwurzel befallen, treten schwarze Ringe in ihrem Inneren auf. Diese würden den Kren nicht ungenießbar machen, sind aber von Verarbeitern und Konsumenten unerwünscht. Die Krenschwärze kann über die Fechser oder im Boden auf den nächsten am selben Feld angebauten Kren übertragen werden. Eine ausgedehnte Fruchtfolge beugt der Krankheit vor.
Es gibt den Kleinen und den Großen Kohlweißling. Beide sind Schmetterlinge. Ihre Raupen fressen die Blätter der Krenpflanze. Der Kohlweißling heißt so, weil er vor allem als Schädling im Kohlanbau bekannt ist. Kohl ist mit Kren verwandt. Der Kleine Kohlweißling verbreitete sich durch den globalen Gemüsehandel fast weltweit. Wichtig ist, dass der Bauer den Kohlweißling früh erkennt. Dann kann er mit einem Insektizid bekämpft werden. Der Kohlweißling kann in großer Zahl einen umfangreicheren Schaden als der Erdfloh anrichten.
Unkraut
Auch andere Pflanzen würden sich am Krenacker wohlfühlen. Sie sind aber Konkurrenten um Nährstoffe, Platz und Licht. Die Bauern helfen dem Kren in diesem Konkurrenzkampf. Sie entfernen das Unkraut mechanisch oder mit einem Herbizid. Vor dem Setzen sind zwei Herbizide zugelassen. Die mechanische Unkrautbekämpfung erfolgt mit einem Traktor. Zwischen den Reihen wird die oberste Schicht Erde umgewühlt und das Unkraut dabei zerstört. Dann gibt es noch das händische Entfernen des Unkrauts. Dieser Arbeitsschritt erfolgt gleichzeitig mit dem Kren heben.
Bio-Anbau
Ein einziger Bauer in Österreich erzeugt Bio-Kren. Nach eigenen Angaben erntet er halb so viel Kren pro Hektar wie seine rund 50 konventionellen Kollegen. Der Bio-Bauer kann Schaderreger nicht mit chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln bekämpfen und die Pflanzen nicht mit Mineraldüngern zusätzlich ernähren. Er muss auf Alternativen zurückgreifen. Dazu gehören Algen- und Bakterienpräparate als Pflanzenschutz- und -stärkungsmittel, das händische Entfernen von Unkraut und eine noch breitere Fruchtfolge als im konventionellen Anbau üblich.
Anbau in Bayern
Hauptanbauregion in Deutschland ist Bayern. Der bayrische Kren ist wie der steirische mit einer Herkunftskennzeichnung versehen. Rund um Höchstädt an der Aisch nördlich von Nürnberg sind die meisten Krenbauern zuhause. Sie bewirtschaften 100 Hektar mit Kren, bei zunehmender Tendenz. Auch die bayrischen Bauern vermehren den Kren selbst. Viele Betriebe bauen nur auf einem halben bis zwei Hektar Kren an. Größter Unterschied zur Steiermark ist, dass die Bauern auf Dämmen anbauen.
Die meisten bayrischen Betriebe wickeln die Hauptwurzel zudem noch am Feld in Folie, nachdem sie die Seitenwurzeln entfernt haben. So entstehen keine unnötigen Wurzeln. Ein weiterer Unterschied zu Österreich ist, dass die meisten deutschen Betriebe pro Hektar 12.000 bis 17.000 Wurzeln pro Hektar in die Erde legen, während in der Steiermark 30.000 Stück Standard sind. Dafür ernten sie längere Stangen. Größere Krenstangen bringen in Deutschland verhältnismäßig höhere Erlöse. Einige deutsche Betriebe bewässern ihre Felder, während in Österreich die Bewässerung derzeit nur vereinzelt erfolgt.