Die Pute im Brennpunkt der Tierwohldebatte - Österreichs Sonderweg
Putenfleisch hatte und hat international seit vielen Jahren nicht den allerbesten Ruf in Sachen Tierwohl und Tiergesundheit. Dies trifft auch auf Österreich zu, wie Konsumentenbefragungen der AMA belegen. Jedoch liegt die österreichische Putenproduktion betreffend Tierwohl und Tiergesundheit an der weltweiten Spitze. Insofern treffen sich hier Image und Realität der heimischen Pute nicht.
Österreich setzt auf Tierwohl...
Die Putenmast gilt unter Experten als „Königsdisziplin“ in der Geflügelproduktion, die Pute selbst als ausgesprochen anspruchsvoller Vogel. Kein anderes Federvieh weist derart starke Wachstumsraten auf. Diese Leistungsfähigkeit setzt aber ein fehlerloses Management voraus, wenn das Tier nicht nur gesund bleiben, sondern auch seinem Anspruch an Wohlergehen entsprochen werden soll. Angesichts dessen erscheint es einigermaßen befremdlich, dass anders als im Masthuhnbereich EU-weit keine verbindlichen Regelungen zu einigen das Tierwohl maßgeblich beeinflussenden Haltungsbedingungen bestehen. Österreich geht hier einen Sonderweg, dem nur Schweden einigermaßen folgen kann. Besonders – aber nicht nur – hinsichtlich der so genannten Besatzdichte. Diese regelt, wie viele Tiere maximal auf einer bestimmten Fläche gehalten werden dürfen. Hier haben nur Österreich und Schweden verbindliche Grenzwerte festgelegt, wobei Schweden keine nennenswerte eigene Produktion aufweist und praktisch das gesamte Putenfleisch aus dem Ausland importiert.
Neben der Besatzdichte sind im Sinne des Wohlergehens der Pute in Österreich auch vorbildliche Regelungen, was die Einstreu, die Stallhygiene, die Futter- und Wasserqualität anbelangt, zu nennen. Nicht zuletzt dürften im Sinne des Putenwohlergehens auch höhere Ausbildungsstandards für Putenhalterinnen und Putenhalter sein, wie sie in Österreich implementiert sind. Es ist eine einschlägige akademische, schulische oder Tierpflegeausbildung vorgeschrieben, oder eine außerschulisch-praktische Ausbildung einschließlich Unterweisung. Alternativ muss aus dem Werdegang oder der Tätigkeit der Betreuungsperson glaubhaft hervorgehen, dass sie die übliche erforderliche Versorgung der gehaltenen Tiere sicherstellen und vornehmen kann. Darüber hinaus muss die Putenhalterin oder der Putenhalter den Besuch einschlägiger Fortbildungsveranstaltungen nachweisen.
...und Tiergesundheit
Abgesehen von den minimalen Putenbeständen der Schweiz und Schwedens kann sich Österreichs Putenbranche mit Fug und Recht das Schild “gesündeste Putenproduktion der Welt” umhängen. Ein wesentlicher Indikator dafür sind die verwendeten Mengen an Antibiotika. Hier konnte durch das seit Jahren praktizierte lückenlose Monitoring des Anerkannten Geflügelgesundheitsdienstes der Antibiotikaeinsatz in 2013 um 53 Prozent reduziert werden. Im Antibiotikabericht desselben aus 2021 heißt es wörtlich:
“Truthühner weisen den deutlichsten Rückgang beim Antibiotikaeinsatz auf. 2013 wurden diese mit 1,23 T. Antibiotika pro Jahr behandelt, 2020 mit 0,68 Tonnen. Somit wurde um 0,55 Tonnen weniger Antibiotika eingesetzt. Insgesamt verbrauchen wir bei Truthühnern ein Viertel der gesamten Antibiotikamenge. Das liegt vor allem daran, dass Truthühner im Krankheitsfall aufgrund ihres deutlich höheren Gewichts eine entsprechend größere Menge an Antibiotika benötigen als Masthühner. Außerdem leben Truthühner deutlich länger, bevor sie geschlachtet werden. Mit steigender Lebensdauer steigt aber die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung, die medizinisch behandelt werden muss.”
Diese Reduktion erscheint gerade im Lichte der Debatte um multiresistente Keime, umgangssprachlich auch Krankenhauskeime genannt, erfreulich. Im QGV Antibiotika Monitoring Report berichtet die Qualitätsgeflügelvereinigung über die Entwicklung des Antibiotikaeinsatzes in der heimischen Putenmast.