Fermentieren leicht gemacht – Rezepte zur Verlängerung der Saison
04.06.2021 / Rezepte zum Nachkochen, Essen & bewusster Konsum, Ernährung & Gesundheit
Die Saison von Rhabarber und Spargel neigt sich dem Ende zu. Damit du die beiden Geschmackswunder noch länger genießen kannst, haben die Diätologin Karina und die Redakteurin Marlene Fermentier-Rezepte für dich zusammengestellt und im neuen Wiener Land schafft Leben-Büro ausprobiert. Außerdem – weil sie schon dabei waren – haben sie gleich noch ein paar andere Gemüsesorten fermentiert und die Rezepte mit spannenden Gesundheits-Facts für dich aufgeschrieben. Lass dich überraschen!
Die Erntezeit von Rhabarber und Spargel ist bekanntlich recht kurz. Sie beginnt für beide Sorten ab Anfang April. Bis zum 24. Juni, dem Johannistag, wird dann geschmaust und genossen, bis es heißt: „Spargel und Rhabarber adé!“ Doch muss das nicht die Regel sein: Durch die Kunst des Fermentierens verlängerst du die Saison und hast auch noch ein paar Wochen später vollen Geschmack inklusive wertvoller Milchsäurebakterien. Diese sorgen für einen angenehmen mild-säuerlichen Geschmack und können sich positiv auf die Darmgesundheit auswirken. Ein weiterer Vorteil des Fermentierens ist, dass Vitamine sowie sekundäre Pflanzenstoffe erhalten bleiben.
Damit Rhabarber und Spargel in guter Gesellschaft sind, haben wir noch ein paar weitere Gemüsesorten fermentiert: Mit dabei sind eine Radieschen-Frühlingszwiebelmischung, Karottenstifte sowie ein Mix aus Knoblauch und Zwiebel.
Nun aber kurz zurück zum Anfang: Was ist Fermentieren genau und warum macht man das?
Fermentieren hat zum Ziel, neue Aromen in Lebensmitteln zu entwickeln und das Lebensmittel länger haltbar zu machen. Dafür werden bestimmte Mikroorganismen im Lebensmittel gezüchtet. In unseren Rezepten wenden wir die sogenannte wilde Fermentation an. Wir nutzen also Salz, um das Wachstum von Milchsäurebakterien zu fördern. Denn diese haben – im Gegensatz zu anderen Bakterien – eine hohe Salztoleranz. Sie sorgen in den fermentierten Lebensmitteln für die typische mild-säuerliche Note.
Für dich als Tipp vorab: Damit die Fermentation gelingt, brauchst du Fermentationsgewichte zum Beschweren. (Wir waren kreativ und haben Deckel, kleine Gewichte und Wassergläser zum Beschweren verwendet. Um sicher zu gehen, dass wirklich nichts aufschwimmt, sind passende Fermentationsgewichte aber sicher die bessere Lösung.)
Genug Info zum Fermentieren für den Anfang? Dann wasch dir die Hände, bereite einen sauberen (ganz wichtig beim Fermentieren!) Arbeitsplatz vor und los geht es mit dem ersten Rezept.
Fermentierter Grüner Spargel mit Rhabarber
Fermentierter Spargel und Rhabarber passen wunderbar zu Fischgerichten, Antipasti oder zu Salat. Ist dir die Mischung zu kurios, kannst du das Rezept auch anpassen und nur Spargel verwenden.
Zutaten
- 250 g grüner Spargel aus Österreich
- 1 Stange Rhabarber aus Österreich
- Korianderkörner
- Salz ohne Zusätze (20 g pro Liter Wasser)
- Wasser
Zubereitung
1. Spargel waschen
2. Die holzigen Enden abschneiden und – wenn der Spargel unten sehr hart ist – das untere Drittel schälen und die Spargelstangen anschließend mit dem Messer halbieren oder dritteln (je nach Größe des Einmachglases)
3. Rhabarber waschen, schälen und in 1 cm dicke Stücke schneiden
4. Nun den Spargel in sterile Einmachgläser schlichten, Rhabarber und Korianderkörner hinzufügen
5. Wasser mit dem Salz gut verrühren und Spargel und Rhabarber übergießen, sodass dieser komplett mit der Flüssigkeit bedeckt ist, oberhalb 2-3 Zentimeter Platz lassen
6. Spargel und Rhabarber am besten mit passenden Fermentationsgewichten beschweren, sodass keine Korianderkörner oder Rhabarberstückchen aufsteigen
7. Deckel oben nur auflegen (nicht dicht verschließen, da sich Gase im Glas bilden)
8. Nun die Gläser ca. 3-6 Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen – sobald sich kleine Bläschen bilden, beginnt die Fermentation. Dabei sollte man immer darauf achten, dass alle Gemüsestücke von der Salzlake bedeckt sind.
9. Sind die Bläschen verschwunden und der Spargel weist einen säuerlichen Geruch und Geschmack auf, ist der Fermentationsprozess beendet. Dann die Gläser luftdicht verschließen und im Kühlschrank aufbewahren.
10. Nach ca. 2-3 Wochen Fermentationszeit kannst du den Spargel probieren. Schmeckt er dir, ist dein Ferment fertig!
11. Im Kühlschrank aufbewahrt hält dein Ferment einige Wochen bis Monate.
Schon gewusst?
Jedes Jahr zur Spargelzeit tritt die Frage auf: Warum riecht mein Urin nach dem Spargelgenuss so streng? Das liegt an einem Enzym, das bei der Verdauung der Asparagusinsäure schwefelhaltige Stoffe erzeugt. Und Schwefel riecht eben etwas unangenehm. Genetisch bedingt hat dieses Enzym aber nicht jeder von uns. Bei manchen Spargelessern riecht der Urin ganz normal. Außerdem gibt es Menschen, die den Geruch nicht wahrnehmen können.
Fermentierter Rhabarber mit Anissternen
Fermentierter Rhabarber passt gut zu Desserts oder kann z.B. im Chutney beim Grillen verwendet werden.
Zutaten:
- 1 Stange Rhabarber aus Österreich
- Anissterne (Menge nach Geschmack, doch war unser Learning: weniger ist oft mehr ?)
- Salz ohne Zusätze (20 g pro Liter Wasser)
- Wasser
Zubereitung:
1. Rhabarber waschen, schälen und in ca. 1 cm dicke Stücke schneiden
2. Rhabarberstücke in ein Einmachglas geben und Anissterne hinzufügen
3. Wasser mit Salz vermischen und die Salzlake auf die Rhabarberstücke und die Anissterne gießen, bis alles bedeckt ist, oberhalb 2-3 Zentimeter Platz lassen
4. Rhabarber zusammenpressen und mit Fermentationsgewichten beschweren
5. Deckel oben nur auflegen (nicht dicht verschließen)
6. Nun die Gläser ca. 3-6 Tage bei Zimmertemperatur stehen lassen – sobald sich kleine Bläschen bilden, beginnt die Fermentation. Dabei sollte man immer darauf achten, dass alle Gemüsestücke von der Salzlake bedeckt sind.
7. Sobald der Rhabarber an Farbe verliert und die Salzlake trüb wird, kann man davon ausgehen, dass der Fermentationsprozess abgeschlossen ist. Dann die Gläser gut verschließen und den fermentierten grünen Spargel im Kühlschrank aufbewahren.
8. Nach ca. 2-3 Wochen Fermentationszeit kannst du von dem Rhabarber probieren. Schmeckt er dir, ist dein Ferment fertig!
9. Im Kühlschrank aufbewahrt hält der Rhabarber einige Wochen bis Monate.
Schon gewusst?
Der typische leicht säuerliche Geschmack des Rhabarbers entsteht für allem durch die enthaltene Apfel- und Zitronensäure. Für die rötliche Farbe mancher Sorten sind sogenannte Anthocyane, also Farbstoffe, zuständig. Sie zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen, welche gesundheitsfördernd wirken.
Außerdem enthält Rhabarber noch einen anderen Stoff: die Oxalsäure. Sie ist der Grund dafür, warum man Rhabarber nicht roh essen sollte. Denn Oxalsäure hemmt die Aufnahme von Nährstoffen wie Kalzium, Eisen und Magnesium. Eine hohe Zufuhr kann außerdem die Bildung von Harnsteinen begünstigen. Wässert man oder kocht man Rhabarber (ohne das Kochwasser zu verwenden), kann man den Gehalt reduzieren. Von deinem fermentierten Rhabarber solltest du also am besten nicht zu viel auf einmal essen, sondern ihn in geringen Mengen genießen.
Weitere Rezepte mit fermentiertem Gemüse
Du hast Lust bekommen, alles zu fermentieren, was dir zwischen die Finger kommt? Wir haben hier noch ein paar mehr Inspirationen für dich.
Fermentierte Radieschen mit Frühlingszwiebeln
Das rot-grüne Farbspiel aus Radieschen und Frühlingszwiebeln passt zu Salaten oder Kartoffeln und kann auch auf dem Brot oder als Beilage zu herzhaften Gerichten gegessen werden.
Zutaten
- 2 Bund Radieschen
- Frühlingszwiebeln (Menge je nach Geschmack)
- Wacholderbeeren
- Salz ohne Zusätze (20 g pro Liter Wasser)
- Wasser
1. Radieschen waschen, Wurzeln und Radieschengrün abschneiden (aus dem Radieschengrün lassen sich übrigens noch tolle Rezepte zaubern, probier’s aus)
2. Radieschen in Scheiben schneiden oder alternativ im Ganzen lassen – hier könnte sich jedoch der Gärungsprozess verlängern
3. Frühlingszwiebel waschen, in dünne Ringe schneiden.
4. Salz und Wasser mischen
5. Radieschen nun abwechselnd mit den Frühlingszwiebeln und ein paar Wacholderbeeren dicht in das Einmachglas bis zum Rand schichten, sodass nur noch 3-4 cm oberhalb frei sind
6. Salz und Wasser mischen und aufgießen, sodass zum Rand noch 2-3 cm Platz bleiben
7. Gemüse zusammenpressen und mit einem Fermentationsgewicht (oder alternativ mit einem Glas Wasser oder Deckeln mit Gewichten) beschweren, aufpassen, dass nichts aufschwimmt
8. Deckel oben nur auflegen (nicht dicht verschließen)
9. Das Glas die ersten 3-6 Tage bei Raumtemperatur stehenlassen, damit die Fermentation gut in Gang kommt
10. Danach das Glas luftdicht verschließen und in den Kühlschrank geben – das ist sehr wichtig, sonst wird es zu sauer.
11. Nach ca. 2-3 Wochen Fermentationszeit kannst du von den Radieschen und Frühlingszwiebeln probieren. Schmeckt es dir, ist dein Ferment fertig!
12. Im Kühlschrank aufbewahrt halten sich die Radieschen einige Monate.
Schon gewusst?
Radieschen würde man wohl sogar blind durch ihren typischen leicht scharfen Geschmack erkennen. Für diesen sorgen sekundäre Pflanzenstoffe, insbesondere Glucosinolate (Senfölglykoside). Die Pflanze bildet diese, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Beim Zerkauen oder Aufschneiden des Gewebes, werden die Glucosinolate aufgespalten und es entstehen scharfe Senföle.
Frühlingszwiebeln nennt man auch Jungzwiebeln, denn sie sind tatsächlich genau das: die kleinen Geschwister der „erwachsenen“ Gemüsezwiebel. Sie werden also geerntet, bevor sie ihre dicken Knollen ausbilden. Im Vergleich zur Gemüsezwiebel schmeckt sie milder und ist leichter verdaulich. Außerdem besticht sie mit einer gehörigen Portion an Vitamin C. Mit 100 Gramm Frühlingszwiebeln ist ein Viertel des Tagesbedarfs gedeckt.
Fermentierter Knoblauch mit Zwiebeln
Passt gut zu Salaten, zur Jause, zu Gegrilltem und kann für Saucen verwendet werden.
Zutaten:
- 1 Knoblauchknolle aus Österreich
- 1/2 Zwiebel aus Österreich
- Gewürzmischung aus Paprika, Chili, Rosmarin, Thymian
- Salz ohne Zusätze (20 g pro Liter Wasser)
- Wasser
Zubereitung:
1. Knoblauchzehen schälen und Zwiebel würfeln
2. Salz und Wasser mischen
3. Knoblauch und Zwiebeln dicht in das Einmachglas bis zum Rand schichten, sodass nur noch 3-4 cm oberhalb frei sind
4. Salz und Wasser mischen und aufgießen, sodass zum Rand noch 2-3 cm Platz bleiben
5. Knoblauch und Zwiebeln zusammenpressen und mit einem Fermentationsgewicht (oder alternativ mit einem Glas Wasser oder Deckeln mit Gewichten) beschweren, aufpassen, dass nichts aufschwimmt
6. Deckel oben nur auflegen (nicht dicht verschließen)
7. Das Glas die ersten 5-7 Tage bei Raumtemperatur stehenlassen, damit die Fermentation gut in Gang kommt
8. Nach dieser Zeit luftdicht verschließen und in den Kühlschrank geben
9. Nach ca. 2-3 Wochen Fermentationszeit probieren – schmeckt es, ist dein Ferment fertig!
Schon gewusst?
Knoblauch hat Superkräfte namens Alliin und Allicin. Allicin entsteht beim Schneiden des Knoblauchs und wirkt antibakteriell und antiviral. Knoblauch wirkt so gegen Grippeviren und kann erfahrungsgemäß begleitend oder vorbeugend gegen Formen von Erkältungen verwendet werden.
Fermentierte Karottenstifte
Fermentierte Karottenstifte passen zu Salat, zu asiatischen Gerichten oder einfach als Beilage zu herzhaften Gerichten.
Zutaten:
- 2-3 Karotten aus Österreich
- Salz ohne Zusätze (20 g pro Liter Wasser)
- Wasser
Zubereitung:
1. Karotten waschen (falls nicht Bio, auch schälen) und in kleine dünne Stifte schneiden
2. Salz und Wasser mischen
3. Karottenstifte dicht in das Einmachglas bis zum Rand schichten, sodass nur noch 3-4 cm oberhalb frei sind
4. Salz und Wasser mischen und aufgießen, sodass zum Rand noch 2-3 cm Platz bleiben
5. Karottenstifte zusammenpressen und mit einem Fermentationsgewicht (oder alternativ mit einem Glas Wasser oder Deckeln mit Gewichten) beschweren, aufpassen, dass nichts aufschwimmt
6. Deckel oben nur auflegen (nicht dicht verschließen)
7. Das Glas die ersten 5-7 Tage bei Raumtemperatur stehenlassen, damit die Fermentation gut in Gang kommt
8. Nach dieser Zeit das Glas luftdicht verschließen und in den Kühlschrank geben
9. Nach ca. 2-3 Wochen Fermentationszeit probieren – schmeckt es, ist dein Ferment fertig!
10. Verschlossen im Kühlschrank aufbewahrt, hält dein Ferment mehrere Wochen bis Monate.
Wir wünschen dir viel Freude beim Verkosten deiner bunten Ferment-Vielfalt. Und ist eine Mischung schlecht geworden, etwa, weil ein Gemüsestückchen aufgeschwommen ist, mach dir nichts draus – uns ist das auch passiert. Daher unser größtes Learning am Schluss: Gut schauen, dass auch wirklich nichts aufschwimmt und darauf achten, passende Gewichte zu verwenden. So gelingt es bestimmt und du vermeidest obendrein Lebensmittelverschwendung.
Alles Liebe, deine Karina und Marlene
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Karina und Marlene haben eine bunte Salz-Variation kreiert, die ein absoluter Hingucker ist: Erfahre mehr.
Außerdem: Noch ist die Spargelzeit nicht zu Ende – nutze sie also: In diesem Blogbeitrag findest du köstliche Spargelrezepte von Spargel-Erdbeer-Salat über Gratiniertem Spargel aus dem Rohr bis hin zu Spargel „Cordon bleu“.
Rezepte: Karina Essmeister
Text: Marlene Kotz
Fotos: Peter Praxmarer & Marlene Klotz