„Wie kannst du noch Fleisch essen?“
22.02.2018 / Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion, Essen & bewusster Konsum
Entrüstet sich neulich eine Bekannte. „Wo du doch jetzt genau weißt und es vorort gesehen hast, wie die Tiere gehalten und geschlachtet werden.“ Darauf ich: „Ja eben, genau deshalb.“
Weil ich bei den Bauern, in den Ställen, bei Hofschlachtungen genauso wie in großen Schlachthöfen und sogar beim Transport der Tiere dorthin live dabei bin. Weil ich mit eigenen Augen sehe, was dort im Normalfall „abgeht“. Weil ich mit den Verantwortlichen spreche und dabei auch die heiklen Themen nicht ausspare. Weil ich, indem ich danach frage, mitbekomme, wie sich Bauer X, Tiermediziner Y, Schlachthofbetreiber Z zusammen mit Tierschutzorganisationen und den jeweiligen Branchenmächtigen um Lösungen bemühen für erkannte Problembereiche – die es gibt und die ich nicht leugnen will.
Weil ich bei den Bauern, in den Ställen, bei Hofschlachtungen genauso wie in großen Schlachthöfen und sogar beim Transport der Tiere dorthin live dabei bin
Weil ich sehe, dass es viele Ansätze gibt, das ausufernde Thema Tierwohl mit dem ausufernden Thema ökonomische Machbarkeit und Konkurrenzfähigkeit unter einen Hut zu bringen. Weil ich Initiativen gut finde, die sich in Nischenmärkte begeben. Weil ich in Österreich die Möglichkeit habe, mich genau zu erkundigen, welche Standards dieser oder jener Fleischproduktion unterlegt sind (Nicht zuletzt durch unsere Arbeit als Verein Land schafft Leben und die Bereitschaft der Branchen mit uns zusammen zu arbeiten, uns die Türen zu öffnen!) Weil ich es mit in der Hand habe, durch meine bewusste Kaufentscheidung, durch mein Interesse an dem Thema, durch genaues Hin-schauen einen Produktionsauftrag zu erteilen. Weil ich will, dass es in Österreich weiterhin bäuerliche Betriebe mit Nutztierhaltung gibt.
Weil ich in Österreich die Möglichkeit habe, mich genau zu erkundigen, welche Standards dieser oder jener Fleischproduktion unterlegt sind
Weil ich will, dass in Österreich Tiere nach strengen gesetzlichen Auflagen und unter behördlicher Kontrolle transportiert und geschlachtet werden. Weil ich zu gut weiß, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist. Weil ich von potentiellen Hofnachfolgern immer öfter höre, dass sie es leid sind, vom veganen Zeitgeist als Tierquäler hingestellt zu werden – und den Hut nehmen. Weil ich gutes und gut produziertes Fleisch liebe. Deshalb esse ich Fleisch. Fleisch aus heimischer Produktion. Welches jetzt, willst du wissen? Das weiß ich für mich genau. Und du hast die Chance dich ebenfalls für "dein Fleisch" zu entscheiden!
Weil ich gutes und gut produziertes Fleisch liebe
Fleisch-Vielfalt am Beispiel Schwein
Schauen wir uns zum Beispiel die Möglichkeiten an, die wir in Österreich beim Schweinefleisch haben. Wenn du willst, dass dein Schnitzellieferant zu Lebzeiten so naturnah wie möglich aufgezogen und gemästet wurde, wirst du dich für ein Schwein aus Bio-Freilandhaltung entscheiden. Kostenfaktor: Das 3- bis 4-fache vom „Normalpreis“. „Standard-Bio“ spielt sich dann nicht mehr im Freiland, sondern in einer Stallhaltung mit Auslauf ins Freie und unter Verwendung von Stroh ab. Bio ist ungefähr doppelt so teuer wie Standard. Konventionelle Haltung bedeutet in aller Regel keinen Auslauf ins Freie und Haltung auf Vollspaltenböden. Ich gebe hier nur ein paar ausgewählte Basisdaten zur Haltung wieder. Wenn du es genauer wissen willst, dann empfehle ich unsere Videos bzw. unserer Website zum Schwein.
Freiland- Bio- und konventionelle Haltung auf Spaltenböden - (nicht nur) eine Preisfrage
Angenommen nun, dir ist Bio oder gar Bio-Freiland Schwein zu teuer und dir will gleichzeitig die „Standardproduktion“ nicht recht gefallen – ob zu Recht oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden –, dann hast du in Österreich die Möglichkeit auf „Tierwohl+“ Produkte zurückzugreifen. Diese werden unter verbesserten Standards produziert und sind vergleichsweise nur geringfügig teurer.
Zwischen Bio und Konventionell: Beispiel Hütthalers "Hofkultur"
Ich hab mir dazu einige Betriebe des Hofkultur-Programms angeschaut, die sich in dieser Nische zwischen Konventionell und Bio ansiedeln. Das Traditionsunternehmen Hütthaler hat hier einen Kriterienkatalog zur Verbesserung des Tierwohls aufgelegt, der meines Erachtens definitiv Sinn macht. Geschäftsführer Florian Hütthaler und Betriebstierarzt Dominik Eckl arbeiten dazu mit Forschern der BOKU Wien zusammen.
Projektleiter Tierarzt Dominik Eckel beim Interview auf einem Hofkultur-Betrieb
Mit einigem an Überzeugungsarbeit konnten und können sie bäuerliche Partnerbetriebe dafür gewinnen. Mittlerweile müssen sie eher bremsen, weil es immer mehr Interessenten gibt. Initiativen wie diese weisen meines Erachtens in eine Erfolg versprechende Richtung.
Im Gespräch mit Florian Hütthaler und einem seiner Hofkultur Bauern
In diesem abschließenden Video gewinnst du Einblicke in die „Spielarten“ der vom Standard abweichenden Schweine-Haltungssysteme in Österreich. Auch dabei: Hofkultur Betriebe...