Karpfen – Freitage sind Fischtage

06.03.2019 / Ernährung & Gesundheit, Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion

Binnenaquakultur mit langer Geschichte

Von Robert Brungert

Zu den christlichen Essgewohnheiten gehört es, dass es an Freitagen kein Fleisch gibt. Fisch hingegen ist erlaubt. Doch woher den Fisch nehmen in einem Binnenland wie Österreich? Im Salzkammergut wurde bereits 3000 v. Chr. Speerfischerei betrieben. Die römischen Gelehrten Cicero und Plinius haben ab ca. 100 v. Chr. die Anfänge der künstlichen Fischzucht dokumentiert, die sich vermutlich erst deutlich später in vielen Gebieten christlicher Dominanz etablierte.

Das Fischsymbol war unter den verfolgten Frühchristen ein geheimes Erkennungszeichen. Zu Karfreitag und damit zu Freitagen wurde auf Fleisch verzichtet, um Fisch zu bevorzugen. Doch diesen Fisch gab es für die Gläubigen in den benötigten Mengen nicht, weshalb sich für einfache Leute ein vegetarischer Tag etablierte. Die Mönche aber legten Teiche an und pflegten diese, um Karpfen zu halten. Dort, wo sich Teiche anlegen ließen, entstand damit die Teichwirtschaft, weshalb der Ablass am unteren Teich noch heute „Mönch“ heißt.

Das Fischsymbol war unter Frühchristen ein geheimes Erkennungszeichen, das griechische Wort für Fisch ist ein Akronym für "Jesus Christus Gottes Sohn Erlöser"

 

Möglicherweise wurden bereits ab dem 10. Jahrhundert auf Gebieten des Steirischen Teichlandes Karpfenteiche künstlich angelegt, um die Fischproduktion im Einflussgebiet der Salzburger Erzbischöfe zu steigern. Es wurden große Mengen Fisch benötigt. Karpfen können sehr einfach in künstlichen Teichanlagen gehalten und auch gefüttert werden. Im Gegensatz zu Forellen sind Karpfen Pflanzenfresser und vertilgen Kleinlebewesen, weshalb die Forellenzucht erst viel später losging. Vor allem im 16. und 17. Jahrhundert wurden besonders viele Teiche angelegt.

 

Heutige Bedeutung der Karpfenzucht

In Österreich werden rund 3300 Tonnen Fisch im Jahr produziert, rund 2400 Tonnen für Speisezwecke, rund 900 Tonnen als Besatzfische. Mit 800 Tonnen nehmen Karpfen nach Forellen (2000 Tonnen) Platz zwei ein. Die Forellenzucht benötigt Fließgewässer mit einem sehr sauberen, kühlen und sauerstoffreichen Wasser. Karpfen fühlen sich in stehenden Gewässern mit höheren Wassertemperaturen wohler, die Wasserqualität ist weniger wichtig, aber nicht unwichtig. Weil Karpfen zudem die Teichpflanzen und Kleinlebewesen fressen, muss nur wenig zugefüttert werden. Auch Karpfen brauchen ihre Zeit, bis sich der Fang und die Verarbeitung lohnen. Diese Fische können über 1,2 Meter lang, über 40 Kilo schwer und 30 Jahre alt werden. Doch die meisten Karpfen sind bei ihrer Verwertung 30 bis 60 cm lang und wiegen „nur“ einige Kilo.

Wegen der einfachen Zuchtmöglichkeiten gehören Karpfen aus künstlichen Teichanlagen schon sehr lange zur österreichischen Küche. Fisch wird vielfach noch an Freitagen gegessen. Doch zusammen mit allen anderen Speisefischen der Binnenaquakultur in Österreich machen heimische Fische vielleicht noch 5 Prozent des Verbrauchs aus. Diese heimische Produktion ist für viele Landwirte ein lohnender Nebenerwerb. Es findet meist ein Direktverkauf an Endverbraucher oder Gastronomen statt, der mit kurzen Transportwegen ökologischer ist.

Zusammen mit allen anderen Speisefischen der Binnenaquakultur machen heimische Fische vielleicht noch 5 Prozent des Verbrauchs in Österreich aus

Knappe 60 Prozent der Karpfenzucht befinden sich im Waldviertel, knappe 35 Prozent in der Weststeiermark. Mit den vorhandenen Gewässern wäre es gewiss möglich, weitere Karpfenteiche anzulegen. Doch wurden diese zum Teil schon wieder zugeschüttet, um die Flächen als Weiden oder Felder zurückzuerhalten. In der globalisierten Welt mit schnellen Transporten ist die heimische Binnenaquakultur weniger konkurrenzfähig, doch viele Genussmenschen zahlen für frischen heimischen Fisch gerne etwas mehr. Die in Österreich produzierten Fische werden fast zur Gänze direkt von den Erzeugerbetrieben vermarktet. Die hohe Qualität und Frische ermöglicht einen Absatz in der qualitätsorientierten Gastronomie und im Ab-Hof-Verkauf. Über den Großhandel werden infolge des Preisdruckes durch industriell erzeugte Importware nur mehr wenige Prozent der heimischen Produkte abgesetzt.

In jedem Fall ist die Binnenaquakultur positiv zu betrachten, wenn für das Fischfutter nicht Fischprodukte aus den Weltmeeren benötigt werden und die Gewässer nicht übermäßig durch die intensive Fischzucht belastet werden. Da in der Karpfenzucht der Großteil des Futters in den Karpfenteichen entstehen soll, ist die Gewässerbelastung weniger problematisch als bei intensiv bewirtschafteten Forellenteichen, deren Abwasser zum Teil erst nach einer Aufbereitung zurück in die Gewässer darf.

 

Knappe 60 Prozent der Karpfenzucht befinden sich im Waldviertel

Eigenen Karpfenteich anlegen?

Ein Teich strahlt Ruhe aus, er ist ein Ort der Erholung. Doch für den Karpfenteich braucht es etwas mehr, als eine Kunststoffwanne. Die Fische benötigen im Winter eine Wassertiefe von wenigstens 1,5 Metern. Karpfen ruhen genau wie andere Fische am Teichboden, reduzieren den Kreislauf auf ein Minimum und werden erst wieder im Frühjahr fit.

Zudem mögen Karpfen warmes Wasser. Es ist durchaus möglich, von einer Wasserquelle oder einem Bach etwas Wasser in den Karpfenteich hinein und anschließend wieder hinauszuleiten. Doch das Wasser soll allerhöchstens sehr langsam fließen. Zudem soll der Karpfenteich genügend Flachwasserbereiche haben, in denen sich das Wasser schneller aufheizt und sich viel Wasserleben tummelt. Karpfen fressen sehr gerne Wasserpflanzen, benötigen aber als Jungfische Zooplankton. Teils wird neben dem Karpfenteich noch ein Teich für die Zucht von Zooplankton betrieben, um die Jungkarpfen durchzufüttern. Auch ab mittlerer Größe benötigen Karpfen weiterhin Kleinlebewesen als Eiweißquelle. Wird doch noch zugefüttert, dann sind Schleien gute Beifische. Diese fressen das zu Boden sinkende Futter.

Ein Teich strahlt Ruhe aus, er ist ein Ort der Erholung

Wer seine Karpfen als Zierfische oder zum gelegentlichen Angeln hält, der soll für einen Karpfen 1000 Liter Wasser kalkulieren. Diese Wassermenge und die Oberflächengröße werden schließlich auch benötigt, damit genug Futter entsteht. Sobald zugefüttert wird, werden Nährstoffe in das Gewässer eingetragen, die auch wieder entnommen werden müssen. Wer nicht ein klein wenig Wasser durch den Karpfenteich leitet, der sollte einen Teichfilter einplanen, der leider auch ins Geld geht. Alternativ kann das Wasser in einem genügend großem Filterteich mit Kies und nährstoffhungrigen Pflanzen hochgepumpt werden, um durch die Schwerkraft über einen Filtergraben zurück in den Teich zu strömen. Das Wasser nimmt dabei Sauerstoff auf. Dieser kann im Sommer wichtig werden, da mit höheren Temperaturen der Sauerstoff während der Nacht im Wasser knapp wird. Am Tag schütten Algen oder Wasserpflanzen genug Sauerstoff aus. Doch in der Nacht wird dieser bei hohen Wassertemperaturen schnell durch das Wasserleben aufgebraucht, womit über eine Teichbelüftung nachzudenken wäre.

 

Zum guten Schluss

Der Naturfreund sollte es sich also schon genau überlegen, ob er sich einen großen Karpfenteich anlegt oder ob er direkt Karpfen hält und vermarktet. Karpfen benötigen hohe Temperaturen zum ablaichen, weshalb die meisten Karpfenteiche mit gekauften Jungkarpfen besetzt werden, da die Fische sich selten von selber vermehren. Der angehende Fischwirt könnte sich daher schneller in die Materie einarbeiten. So würde aus dem Hobby direkt noch ein kleiner Nebenverdienst, wobei die Binnenaquakultur bei richtiger Umsetzung die Weltmeere etwas entlastet.