Einkaufen – ein sinnliches Erlebnis?

26.11.2024 / Essen & bewusster Konsum

Kennen Sie das? Sie stehen vor dem Kühlschrank, öffnen die Milchpackung und das Erste, was Sie tun, ist einmal daran zu riechen, ob die Milch noch gut ist. Oder Sie drücken ein wenig an der Birne, um zu sehen, ob sie schon schön weich ist. Oder Sie schließen durch das Schütteln der Verpackung darauf, was drin ist. Wir Menschen sind multisensorische Wesen und zeigen dies auch oft durch unser Verhalten im Alltag. In Verbindung mit Produkten wie Lebensmitteln ist das auch zum Teil automatisch, gelernt. Interessanterweise reduzieren wir im Konsum aber gleichzeitig vieles auf das rein Visuelle, das Aussehen von Produkten.

Dies ist speziell beim Einkaufen relevant. Wenngleich wir mit unseren unterschiedlichen Sinnesmodalitäten ausgestattet sind, beim Gang in den Supermarkt sind unsere Kaufentscheidungen oft von visuellen Eindrücken (z.B. Marke, Farbe, Information) bestimmt. Wir haben uns diese Thematik in unserer Forschung etwas näher angesehen. Im Speziellen haben wir uns auf das „aktive Riechen im Rahmen des Einkaufens“ fokussiert. D.h., ob Konsument:innen z.B. an Produkten im Supermarkt riechen. Im Marketing gibt es schon einiges Wissen zu anderen geruchsspezifischen Themen beim Einkauf, wie z.B. der Verkaufsraumbeduftung. Hier liegt der Geruch bzw. oft ein spezifischer Duft sozusagen „in der Luft“ und kann sowohl Auswirkungen auf die Wahrnehmung als auch auf das Verhalten im Geschäft haben. Das aktive Riechen an Produkten seitens der Konsument:innen beim Einkaufen wurde bislang jedoch noch selten beleuchtet.

 

Konkret untersuchen wir den sogenannten „Need for Smell“, also das Bedürfnis, im Zuge des Einkaufens auch an den Produkten riechen zu wollen. Die Motive dafür sind mehrdimensional: Informationen zu sammeln (z.B. Rückschlüsse auf die Qualität), eine evolutionär bedingte Schutzreaktion (ist das Produkt „sicher“ im Sinne von genießbar?), aber auch, weil das Riechen Spaß macht und positive Gefühle auslöst. Letzteres, also im Sinne von „ich rieche an Produkten, weil es mir Freude bereitet und ich mich gut fühle“, ist unseren Studien zufolge übrigens bei Frauen stärker ausgeprägt. Wird das Riechbedürfnis von Personen mit einem hohen „Need for Smell“ nicht befriedigt – etwa wenn Produkte verpackt sind –, kann sich das aber auch negativ auf das Einkaufserlebnis bzw. die Wahl der Geschäfte auswirken. Auch die Situation hat einen Einfluss: Manche Personen riechen z.B. an Obst und Gemüse direkt im Supermarkt, andere Personen würden zwar gerne riechen, tun es aber in der öffentlichen Situation nicht, zu Hause riechen sie aber doch.

Wird das Riechbedürfnis von Personen mit einem hohen „Need for Smell“ nicht befriedigt – etwa wenn Produkte verpackt sind –, kann sich das aber auch negativ auf das Einkaufserlebnis auswirken.

Ein Bewusstsein für den individuellen „Need for Smell“ kann einen tatsächlichen Mehrwert im Konsumerlebnis für die Konsumentinnen und Konsumenten bringen. Einige Geschäfte ermöglichen durch die Art ihrer Produktpräsentation auch bereits das aktive Riechen oder Angreifen. Unsere qualitativen Studien dazu weisen aber auch darauf hin, dass hier auch andere Faktoren wie etwa Hygiene wichtig sind.

Wenngleich für uns Menschen visuelle Reize in den vergangenen Jahren – auch nochmals gesteigert durch die Digitalisierung und unser Kommunikationsverhalten auf Social Media – immer wichtiger geworden sind: Die „älteren“, evolutionär aber sehr wichtigen Sinne wie das Riechen werden oft unterschätzt. Vor allem auch in Hinblick darauf, wie wir beim Einkaufen unsere unterschiedlichen Sinne kombinieren. Als wir das Riechverhalten im Geschäft beobachtet haben, hat sich gezeigt: Wenn Personen riechen, greifen sie zuerst das Produkt an und führen es dann zur Nase, nur vereinzelt bewegt sich die Nase zum Produkt.

Um den „Need for Smell“ näher zu ergründen, haben wir die ENFAS-Scale entwickelt, einen Fragebogen, bestehend aus 11 Items, um den individuellen „Need for Smell“ der Konsument:innen zu messen. Für alle, die vielleicht auch mehr über den eigenen „Need for Smell“ erfahren möchten, hier der Link zu unserem Paper mit der ENFAS-Scale

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