Wo unser Einkauf stattfindet – und zu welchem Preis
Das findest du in diesem Kapitel:
Wie viel geben wir für Lebensmittel aus?
Hinter Essen und Trinken, so alltäglich es auch scheinen mag, steckt viel mehr als die reine Energiezufuhr, um durch den Tag zu kommen. Unser Griff ins Regal beeinflusst neben der eigenen Gesundheit die Haltungsbedingungen von Nutztieren, aber auch die Arbeitsbedingungen von Menschen, die Teil der Wertschöpfungskette eines Lebensmittels sind. Nicht zuletzt gestaltet, was wir zu uns nehmen, unsere Kulturlandschaften und den Lebensraum Österreich mit. Dennoch geben wir nur einen Bruchteil unseres Einkommens für Lebensmittel aus wie Erhebungen von Statistik Austria zeigen. Gerade einmal durchschnittlich zwölf Prozent der gesamten Haushaltsausgaben werden heute für Ernährung und alkoholfreie Getränke aufgewendet. Laut der letzten Konsumerhebung 2019/2020 entspricht dieser Prozentsatz pro Monat und Haushalt mit durchschnittlich 2,2 Bewohnerinnen beziehungsweise Bewohnern einem Betrag von etwa 390 Euro – Ausgaben in Restaurants und außer Haus nicht mitgerechnet.
Diese zwölf Prozent erscheinen verschwindend gering, wenn man sie mit den Ernährungsausgaben im Jahr 1954 vergleicht: Damals machten Lebensmittel noch 45 Prozent der Haushaltsausgaben aus – fast viermal so viel wie heute. In Geld ausgedrückt: Bei den durchschnittlichen Verbrauchsausgaben von 3.250 Euro pro Haushalt im Jahr 2019/2020 wären diese 45 Prozent 1.463 Euro, die man jeden Monat für Essen und Trinken aufwenden müsste.
Dass in der EU heute kaum noch jemand auf solche Summen kommt, liegt nicht nur an der Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft. Auch die bessere Infrastruktur, eine effizientere Logistik und der Wettbewerb im Handel führen zu günstige(re)n Lebensmittelpreisen. Im EU-Vergleich ist Österreich im Jahr 2021 laut den jährlich in der EU erhobenen Eurostat-Daten mit seinen anteilsmäßig geringen Lebensmittelausgaben von knapp über zehn Prozent auf Platz drei der Länder mit den geringsten Aufwendungen. Zum Vergleich: In Rumänien betragen die Ausgaben für Lebensmittel 25 Prozent, in Litauen sind es 20 Prozent. Die Ursache dafür liegt vor allem an der geringeren Kaufkraft in diesen Ländern. Der durchschnittliche Haushalt in der EU wendet 14 Prozent seiner Ausgaben für die Ernährung auf. Rund um den Globus findet man auch heute noch Länder mit Ernährungsanteilen, die über 25 Prozent der Haushaltsausgaben betragen. Vor allem auf dem afrikanischen Kontinent und im asiatischen Raum ist es in verschiedenen Regionen Realität, dass Menschen die Hälfte ihrer Ausgaben aufwenden müssen, um Hunger und Durst zu stillen.
Laut der 2019/20 von Statistik Austria durchgeführten Konsumerhebung fallen beim einkommensschwächsten Zehntel der Haushalte rund 22 Prozent seiner gesamten Ausgaben auf Lebensmittel aus dem Supermarkt und den Außer-Haus-Verzehr, während es beim einkommensstärksten Zehntel rund 16,5 Prozent sind. Der Anteil, den Lebensmittel aus dem Supermarkt an den gesamten Ausgaben haben, ist bei den einkommensschwächsten Haushalten fast um die Hälfte höher als bei den einkommensstärksten Haushalten. Wertmäßig geben erstere monatlich rund 210 Euro im Lebensmitteleinzelhandel aus, bei zweiteren belaufen sich die Ausgaben dort auf rund 290 Euro pro Monat.
Die aktuellsten Daten stammen aus einer Befragung der Bundeswettbewerbsbehörde im September 2023. Hier wurden die monatlichen Ausgaben von 1.000 Personen laut Eigeneinschätzung erhoben. Ihr zufolge gaben die Befragten durchschnittlich je 540 Euro pro Monat für Lebensmittel aus – ein Wert, der allerdings keinen direkten Vergleich mit den Zahlen der Statistik Austria zulässt, da sich die beiden Erhebungsmethoden unterscheiden.
Im Jahr 2023 verteuerten sich Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke um durchschnittlich elf Prozent – damit stiegen die Preise ähnlich stark wie im Jahr davor. Nicht alle Lebensmittelgruppen wurden gleich viel teurer, wie aus einer Veröffentlichung der Statistik Austria hervorgeht: Zucker, Marmelade, Honig, Schokolade und Süßwaren legten am meisten zu. Sie kosteten um rund 13 Prozent mehr als 2022. Für tierische Lebensmittel wie Fleisch, Milch, Käse und Eier musste man 2023 durchschnittlich rund zehn bis elf Prozent mehr bezahlen als noch im Jahr 2022. Gemüse wurde um rund 13 Prozent teurer, während der Preisanstieg bei Obst nur etwa vier Prozent ausmachte, ähnlich wie im Vorjahr. Für Öle und Fette legten die Kosten 2023 lediglich 3,5 Prozent zu – 2022 waren sie um fast 23 Prozent gestiegen, wofür insbesondere der Butterpreis verantwortlich war.
„Die hohen Preise für Butter beispielsweise, die wie alle Öle und Fette auf der Börse global gehandelt wird, werden international festgelegt. Anders bei Kartoffeln, die vorwiegend im Inland erzeugt und konsumiert werden – ihr Preis ist unabhängiger von Bewegungen an der Börse. Die knappe Verfügbarkeit von Sonnenblumenölen und seine Teuerung im Sommer 2022 übertrug sich also auch bei uns auf den Preis für Butter, die ersatzweise eingesetzt wurde. Dennoch sind die Preise von Lebensmitteln nur zu einem kleinen Teil von der Preisentwicklung bei Agrargütern abhängig. Einen Großteil der Teuerung verursachen steigende Kosten bei der Verarbeitung, insbesondere aufgrund der verwendeten Energie.“
– Franz Sinabell, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).
Petra Lehner, Lebensmittelexpertin bei der Arbeiterkammer Wien, ergänzt weitere Faktoren:
„Die teils hohen Teuerungsquoten in Österreich liegen unter anderem am mangelnden Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel, aber auch an der hierzulande hohen Ladendichte.“
Die Marktbeobachtungen der Bundeswettbewerbsbehörde lassen dennoch den Schluss zu, dass trotz nationaler und lokaler Dominanz von vier bis fünf Lebensmitteleinzelhändlern ein intensiver Wettbewerb zwischen diesen herrscht.
Nicht zuletzt beeinflusst die Teuerung bei Konsumentinnen und Konsumenten deren Wahrnehmung von Lebensmitteln und führt zu einem veränderten Einkaufsverhalten. So gaben in einer Umfrage der Lebensmittelrettungs-App „Too Good To Go“ rund 95 Prozent der Befragten an, Preissteigerungen im Lebensmittelbereich am stärksten zu spüren. 89 Prozent äußerten, ihr Einkaufsverhalten verändert zu haben und verstärkt rabattierte Produkte, Handelseigenmarken und Diskontprodukte zu kaufen. Dennoch scheint die Teuerung einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung des Werts von Lebensmitteln zu haben: Rund 42 Prozent schätzen Lebensmittel mehr als zuvor. Die Hälfte nimmt an, dass dadurch weniger Lebensmittel verschwendet werden.
Verglichen mit dem Vorjahr gingen die eingekauften Lebensmittelmengen im November 2022, als die Teuerungsrate bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken über 15 Prozent betrug, um neun Prozent zurück. Franz Sinabell sieht die Ursache dafür unter anderem in reduzierten Abfallmengen. „Aber auch die erhöhte Nachfrage während Corona könnte für den Rückgang verantwortlich sein. Genaueres wissen wir erst in ein paar Jahren“, so Sinabell.
Geht man vom durchschnittlichen Haushaltseinkommen aus, ist gesunde Ernährung, wie sie die Österreichische Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, für den Großteil der Bevölkerung keine Kostenfrage. Eine gesunde Ernährung liefert ausreichend, aber nicht zu viel Energie, sowie alle lebensnotwendigen Nährstoffe – also Kohlenhydrate, Fette, Eiweiße, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Da kein einziges Lebensmittel alle lebensnotwendigen Nährstoffe enthält, sollte abwechslungsreich gegessen werden. Sofern diese Lebensmittel aus vergleichsweise günstigen Quellen bezogen werden, können sich die meisten Österreicherinnen und Österreicher in ausreichenden Mengen damit versorgen. Rund 3,7 Prozent der hier lebenden Menschen gelten jedoch als „erheblich materiell depriviert“ – ihr Einkommen ist so gering, dass sie sich wesentliche Güter, unerwartete Ausgaben oder etwa jährliche Urlaube nicht leisten können. Global ist es laut Hanna Richie von „Our World in Data“ knapp 40 Prozent der Bevölkerung nicht möglich, ausreichend und dabei gesund zu essen. So könnten es sich Menschen in der Demokratischen Republik Kongo oder in Nigeria selbst dann nicht leisten, sich entsprechend ihrer Ernährungsempfehlung gesund zu ernähren, wenn sie ihr gesamtes Einkommen für Lebensmittel ausgäben: Gesunde Ernährung würde dort täglich etwa drei US-Dollar kosten, der Durchschnittsverdienst liegt jedoch bei nur etwa einem US-Dollar pro Tag. In Indien, wo man ebenfalls etwa drei US-Dollar aufwenden müsste, würde gesunde Ernährung das gesamte Einkommen eines Tages „verschlingen“. Und in Mexiko oder China müsste man immer noch fast die Hälfte des Tagesverdienstes von unter zehn US-Dollar auf den Tisch legen, wollte man gesund essen und trinken. Während also in großen Teilen der Welt gesunde Ernährung ein Luxus ist, den sich nur der einkommensstärkste Teil der Bevölkerung leisten kann, ist sie in den reichsten Ländern im Überfluss zu leistbaren Preisen verfügbar. In Japan, den USA und europäischen Ländern wie Frankreich, Deutschland und Österreich etwa beträgt das Durchschnittseinkommen ein Vielfaches der Kosten, die eine gesunde Ernährung dort wie da ausmachen würde: Weniger als zehn Prozent des durchschnittlichen Einkommens müsste man laut „Our World in Data“ in vergleichsweise günstige Lebensmittel investieren, um sich gesund zu ernähren.
Wo kaufen wir unsere Lebensmittel?
Sieht man vom Außer-Haus-Verzehr ab, erwerben wir in Österreich wertmäßig mehr als 90 Prozent dessen, was wir essen und trinken, im Lebensmitteleinzelhandel. Er machte 2022 einen Jahresumsatz von knapp 26 Milliarden Euro und damit rund sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Sieht man sich an, wie sich diese Supermarkteinkäufe hierzulande aufteilen, so entfallen wertmäßig 35 Prozent auf die Handelskette Spar, gefolgt von REWE mit rund 31 Prozent, Hofer mit rund 18 Prozent und Lidl mit rund sieben Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland werden 76 Prozent der Lebensmittel in den Top 4 der Lebensmitteleinzelhandelsketten Edeka, Rewe, Schwarz-Gruppe (zu der Lidl zählt) und Aldi eingekauft. Unter zehn Prozent unserer Lebensmittel erwerben wir über alternative Vertriebsquellen wie etwa in der Direktvermarktung und im Fachhandel, zum Beispiel bei Fleischerei- oder Bäckereibetrieben. Laut der Österreichischen Hagelversicherung verfügt Österreich im Europavergleich über die höchste Filialdichte an Supermärkten, nämlich rund 60 Filialen pro 100.000 Personen. Die aktuellen Zahlen zur Verkaufsfläche pro Kopf auf Bezirksebene hat die Bundeswettbewerbsbehörde erhoben: So standen Bewohnerinnen und Bewohnern kleiner, städtisch geprägter Bezirke wie Eisenstadt, St. Pölten und Krems im Jahr 2022 etwa 1,1 Quadratmeter Verkaufsfläche zur Verfügung, während die Bevölkerung in ländlichen Bezirken, die städtische umgeben, lediglich 0,3 Quadratmeter Verkaufsfläche pro Kopf vorfanden.
„Fest steht, dass der Lebensmittelhandel in Österreich einen – auch im gesamteuropäischen Vergleich – sehr hohen Konzentrationsgrad aufweist. Wettbewerbsdruck geht vorwiegend vom wachsenden Diskonthandel aus, der "traditionelle" Lebensmittelhandel hingegen ist hochkonzentriert",
stellt der Bericht der Bundeswettbewerbsbehörde im Jahr 2007 fest. Eine Verfestigung dieser Struktur konnte 2023 beobachtet werden: So hatten die Top 4 des Lebensmitteleinzelhandels ihr Filialnetz in der Zeit nach 2007 weiter ausgebaut, während im Jahr 2019 mehr als 200 Nahversorger vermutlich in Folge der Pandemie aus dem Markt ausgetreten waren.
Zeit ist Geld: Die aktuelle Branchenuntersuchung der Bundeswettbehörde 2023 ergab, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in der Lage ist, innerhalb von zehn Minuten den nächstgelegenen Supermarkt zu erreichen. Für einen um zehn Minuten längeren Weg würden sich die Befragten im Durchschnitt eine Einkaufsersparnis von 25 Euro erwarten. Die Bundeswettbewerbsbehörde leitet daraus ab, dass die hohe Filialdichte in Österreich aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten also durchaus wünschenswert ist. Dazu, ihren Lebensmittelhändler für eine Ersparnis von zehn Euro pro Woche zu wechseln, waren über 40 Prozent der Befragten bereit.
RollAMA-Analysen der AMA-Marketing zeigen die Folgen der hohen Konzentration: "Handelsketten sind bestrebt, Marktanteile zu halten oder zu gewinnen und Kunden mit attraktiven Aktionsangeboten und Eigenmarken an sich zu binden. Entsprechend sind Jahr für Jahr steigende Aktionseinkäufe und Handelsmarkenanteile zu beobachten", berichtet Micaela Schantl, Leiterin der Marktforschung der AMA-Marketing
Auch wenn der Lebensmitteleinzelhandel als größter Player in der österreichischen Versorgungslandschaft betrachtet werden kann – alternative Vertriebsquellen behaupten ihren Nischenplatz und gewinnen in den vergangenen Jahren an Bedeutung. So boomte ab 2020, geprägt durch die Corona-Pandemie und die damit zusammenhängenden Lockdowns, die Direktvermarktung. Sie umfasst Erzeugerinnen und Erzeuger von Lebensmitteln, die ihre eigenen Produkte selbst vermarkten, etwa direkt am Hof oder auf Bauernmärkten. Gesamt finden mehr als acht Prozent der Lebensmitteleinkäufe im Fachhandel, etwa der Fleischhauerei oder Bäckerei aber auch bei Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern statt – also außerhalb von Supermärkten und Diskontern. Laut Landwirtschaftskammer verkaufen rund 30.000 Betriebe in Österreich ihre Produkte direkt „ab Hof“. Vor allem Frischmilch, gefolgt von Eiern, wechselte auf Bauernmärkten, in Hof- oder Selbstbedienungsläden und ähnlichen Verkaufsstätten den Besitzer. Kartoffeln, Frischgemüse und -obst sowie Fleisch und Fleischprodukte kaufen wir ebenfalls gerne bei Direktvermarkterinnen und Direktvermarktern.
„Durch Corona und während der Lockdowns hatten die Menschen Zeit und haben den Fokus verstärkt auf eine bewusste Lebensmittelversorgung gelegt – etwa über die Direktvermarktung. Nach Corona sind die Anteile dort wieder zurückgegangen, auch wenn die Direktvermarktung grundsätzlich nach wie vor deutlich im Aufwind ist. Übertroffen wird dieser Trend von der Tendenz, Lebensmittel im klassischen Supermarkt einzukaufen“,
so Johannes Mayr, KeyQuest.
Besonderen Aufschwung erlebte der Online-Lebensmitteleinzelhandel während der Coronakrise: So stieg dessen Umsatz in den letzten Jahren um 30 bis 70 Prozent. Fast ein Viertel der Konsumentinnen und Konsumenten gab 2023 bei einer Befragung an, Lebensmittel auch per Online-Hauszustellung zu kaufen. Besonders Wienerinnen und Wiener nutzen die Online-Angebote des Lebensmitteleinzelhandels häufiger: Rund 67 Prozent von dessen Umsatz werden in der Bundeshauptstadt erwirtschaftet. Der Anteil an Lebensmitteln, die über das World Wide Web in den Korb wandern, ist gemessen am Gesamtumsatz aber von relativ geringer Bedeutung. Er erreichte 2021 nach Zahlen der RollAMA bei allen erfassten Lebensmittelgruppen – also Fleisch, Milchprodukten, Gemüse, Obst, Eiern und Fertiggerichten – zwei Prozent. Die Bundeswettbewerbsbehörde gibt für 2022 einen Umsatzanteil von einem Prozent an.
„Beim Onlineeinkauf von Lebensmitteln gilt: Je haltbarer, je unproblematischer und je weniger kühlbedürftig, desto mehr werden Produkte online gekauft – zum Beispiel Nudeln, aber auch Kisten mit Mineralwasser, die man sich liefern lassen möchte. Je frischer und individueller ein Produkt ist – etwa ein Salathäuptel, dass Konsumentinnen und Konsumenten selbst aussuchen möchten – desto weniger wird es online gekauft“, erläutert Johannes Mayr von Key Quest.
Die Rollierende Agrarmarktanalyse wird im Auftrag der AMA-Marketing durchgeführt. 2.800 repräsentativ für die österreichische Bevölkerung ausgewählte Haushalte dokumentieren ganzjährig ihre Lebensmitteleinkäufe für den Haushaltskonsum.
"Seit nunmehr 30 Jahren liefert die RollAMA valide Daten zum Einkaufsverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich", so Micaela Schantl, AMA-Marketing
Enthalten sind dabei die Produktgruppen Milch, Milchprodukte, Fleisch, Wurst, Frischobst und Frischgemüse, Kartoffeln, Eier, Tiefkühlobst und -gemüse, Obst- und Gemüsekonserven und Fertiggerichte. Unter Fertiggerichten werden alle bereits zum Verzehr geeigneten oder nur mit wenigen Zutaten zu ergänzenden Gerichte verstanden. Das sind frische Fertiggerichte (gekühlt), Tiefkühlfertiggerichte, Nassfertiggerichte (zum Beispiel Dosengulasch) und Trockenfertiggerichte (zum Beispiel Packerlsuppen). Seit 2024 veröffentlicht die RollAMA der AMA-Marketing zusätzlich Daten zu den Produktgruppen Brot, Gebäck, Feinbackwaren und Mehl.
Für welche Lebensmittel geben wir in Österreich am meisten aus?
Etwa die Hälfte unserer monatlichen Ausgaben beim Einkauf machen laut RollAMA tierische Lebensmittel aus. Dabei geben wir am meisten für Produkte wie Wurst und Schinken aus, gefolgt von Joghurt und Butter sowie Fleisch. Bei Fleisch, von dem wir in den vergangenen Jahren immer weniger konsumierten, ging vor allem der Verbrauch von Schwein und Rind zurück, während jener von Geflügel und Faschiertem stieg. Auch die verkauften Mengen von Milch und Milchprodukten sind seit einigen Jahren leicht rückläufig. Die andere Hälfte unserer Ausgaben für Lebensmittel machen pflanzliche Produkte wie Obst, Gemüse und Brot oder Gebäck, aber auch Fertiggerichte aus. Besonders bei Letzteren greifen wir im Lebensmitteleinzelhandel seit 20 Jahren vermehrt zu und kaufen 85 Prozent mehr dieser Produkte als noch im Jahr 2003.
Mahlzeiten sollen uns bei Bedarf fertig zubereitet zur Verfügung stehen – darüber hinaus wollen wir weniger Zeit für Kochen oder die Verarbeitung von Lebensmitteln aufbringen. Diesem aktuellen Zeitgeist entsprechend werden ganz oder teilweise vorverarbeitete Produkte und Speisen nachgefragt. So findet man in urbanen Filialen meist ein breiteres Lebensmittelsortiment mit einem höheren Anteil an Convenience-Produkten. Dazu zählen etwa essfertig zubereitete Salate, aber auch Menüs, die schnell erwärmt werden können oder Fertigpizzen. Für Johannes Mayr ist Convenience in einer sehr weit gefassten Form der vorherrschende Trend: „Vor 25 Jahren ist etwa der Großteil der Wurst noch über die Bedienungstheke gegangen, jetzt wird das meiste in Selbstbedienungs-Verpackungen verkauft. Der Vorteil für Konsumentinnen und Konsumenten ist die längere Haltbarkeit und dass nicht mehr geplant werden muss.“
Knapp 100 Millionen Euro stark ist der Markt für pflanzliche Alternativen tierischer Produkte in Österreich: Pflanzendrinks, vegane Wurst und Käse sowie Fleischersatzprodukte sind im Trend – das lässt sich auch am Bericht "Entwicklung des Marktes für pflanzliche Lebensmittel im Einzelhandel“ von GFI Europe ablesen. So hat der Umsatz mit pflanzlichen Imitaten tierischer Produkte zwischen 2020 und 2022 um 22 Prozent zugelegt und macht nun 0,5 Prozent des Gesamtumsatzes im Lebensmitteleinzelhandel aus. Mit durchschnittlich etwa elf Euro pro Person und Jahr liegen wir, was die Ausgaben für pflanzliche Alternativen angeht, an achter Stelle der insgesamt 13 untersuchten EU-Länder. Hier führen die Niederlande und Deutschland mit rund 23 Euro, gefolgt von Schweden mit fast 19 Euro pro Person und Jahr.
Fast die Hälfte des Gesamtumsatzes pflanzlicher Alternativen machen pflanzliche Milchalternativen aus. Ihr Umsatz stieg zwischen 2021 und 2022 um vier Prozent. Ein Viertel des Umsatzes verbuchen pflanzliche Fleischalternativen, die im Vergleichszeitraum um neun Prozent zulegten. Ein Siebtel entfällt auf pflanzliches Joghurt, das ein Minus von zwei Prozent verbucht.
Gemessen am jeweiligen Marktanteil ergeben sich laut RollAMA für pflanzliche Milchalternativen etwa drei Prozent am Gesamtumsatz von Milch, sowie ein Prozent für Fleischimitate am Gesamtumsatz von Fleisch und Wurstwaren. Besonders gefragt sind Imitate bei Jüngeren. "Besonders gefragt sind Imitate bei Jüngeren und im urbanen Raum", so Micaela Schantl, AMA-Marketing
Neben der Menge beeinflusst der Preis die Gesamtausgaben für Lebensmittel – diese Preisentwicklung bildet der Verbraucherpreisindex für Ernährung der Statistik Austria ab. Hier wird ein Ausgangsjahr als Basis mit dem Wert 100 für die verschiedenen Lebensmittelkategorien festgelegt. Ausgehend vom Jahr 2010 ist der Preis für Zucker bis April 2023 um knapp 80 Prozent gestiegen. Öle und Fette, darunter auch Butter, wurden im gleichen Zeitraum um knapp 67 Prozent teurer. Die Preise für Lebensmittel in den Kategorien Milch, Milchprodukte und Eier kletterten um 58 Prozent nach oben. Fleisch und Fleischwaren, Brot und Getreideerzeugnisse sowie Gemüse verzeichneten einen fast ebenso hohen Sprung. Lediglich Obst wurde mit knapp 20 Prozent um nur etwa ein Fünftel teurer. Ökonom Franz Sinabell vermutet die Ursache dafür darin, dass Obst nicht im gleichen Maß verarbeitet ist wie andere Lebensmittel. Daraus resultiere ein niedrigerer Energie- und Arbeitsaufwand, der sich schlussendlich in einem geringeren Preis niederschlägt.
Insbesondere in den letzten Jahren kommen bei den Preissteigerungen steigende Kosten für Energie, Rohstoffe und Dünger zum Tragen. „Global gesehen werden Lebensmittel grundsätzlich teurer, ganz einfach, weil sie knapper werden. Die Produktionssteigerungen sind geringer als der zunehmende Verbrauch“, erläutert Franz Sinabell vom WIFO. Krisen wie die Corona-Pandemie oder die Inflation verschärfen diesen Prozess zusätzlich.
Was Lebensmittel kosten, wenn wir sie im Regal vorfinden, bestimmt nicht allein der Handel. Vielmehr kommen auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette zahlreiche Faktoren ins Spiel, die schlussendlich den Verbraucherpreis beeinflussen. Dieser unterscheidet sich je nach Lebensmittel stark, was eine genaue Aufschlüsselung des Preises quer über alle Produktgruppen schwierig macht. So benötigt etwa Rohmilch bei der Verarbeitung keine weitere Energie als jene zur Kühlung, während andere Konsummilch zur Haltbarmachung wärmebehandelt werden muss. Auch Mehl durchläuft, vom Transport des Korns in die Mühle bis zu seiner Ankunft im Regal, mehrere Verarbeitungsschritte. Beim Fleisch erzeugen etwa die Haltung, Fütterung und Schlachtung Kosten, während bei Äpfeln oder Kartoffeln zum Beispiel die gekühlte Lagerung den Endpreis beeinflusst.
Aus Handelssicht beinflussen vier verschiedene Faktoren den Verkaufspreis. Einer davon ist der Einkaufspreis, der rund 50 Prozent des späteren Verkaufspreises ausmacht – die andere Hälfte setzt sich unter anderem aus Kosten für Personal, Filialflächen, Werbung und Gewinn zusammen. Ein weiterer Faktor für den Verkaufspreis ist der Wettbewerb, der in Österreich vergleichsweise hoch ist und sich vor allem zwischen den vier großen Lebensmitteleinzelhandelsketten abspielt. So reagieren Handelketten auf Preisänderungen beim Mitbewerb, indem sie eigene Preise entsprechend anpassen. Eine weitere Rolle spielen psychologische Preisschwellen: So verändern Preissprünge, bei denen etwa ein Produktpreis von 99 Cent auf 1,09 Euro angehoben wird, das Einkaufsverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten stärker als Preissteigerungen innerhalb eines Euros, also etwa von 89 auf 99 Cent. Ein weiterer Faktor, der sich auf den Verkaufspreis auswirkt, ist die „Drehung“ eines Lebensmittels. Sie bezeichnet die Zeit, die zwischen Ein- und Verkauf eines Produktes vergeht. So werden Lebensmittel, die ihr Mindesthaltbarkeitsdatum in Kürze erreichen würden, vergünstigt verkauft.
Auch Mischkalkulationen wirken sich auf den Regalpreis eines Produktes aus. So werden unterschiedliche Gewinnspannen für verschiedene Lebensmittel festgesetzt, um schlussendlich ein über alle Produktgruppen ausgeglichenes Verkaufsergebnis zu erhalten. Niedrige Preise für zum Beispiel Bier oder Grillfleisch sollen dazu führen, dass in Kombination damit Knabbergebäck oder Beilagen gekauft werden. Wie groß die Handelsspanne, also die Differenz zwischen dem Einkaufs- und Verkaufspreis verschiedener Lebensmittel ist, hat die Bundesbewettbewerbsbehörde 2022 erhoben. Am höchsten lag diese bei Brot und Gebäck, nach dessen Auslieferung im gefrorenen Zustand in den Handel noch weitere Verarbeitungsschritte vor Ort notwendig sind.
Franz Sinabell vom WIFO erläutert: „Brot und Semmeln werden mit hohem Energieaufwand vorgebacken und anschließend mit noch höherem Aufwand tiefgefroren und transportiert. Im Handel werden sie erneut mit großem Energieaufwand aufgebacken, damit sie 'frisch‘ sind – und das kostet natürlich.“ Simon Lindenthaler, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Lidl Österreich, begründet diese Vorgehensweise damit, dass unter anderem Brot und Gebäck so bedarfsgenauer vor Ort ‚produziert‘ werden kann.
Die geringste Handelsspanne zeigte sich bei Frischfisch, Rotem Frischfleisch, Röstbohnenkaffee, Gelben Fetten, Frisch und TK-Geflügel sowie Speiseöl. Gerade bei diesen Lebensmitteln ist die so genannte Preiselastizität jedoch am höchsten – ändert sich hier der Preis, steigt oder sinkt die Nachfrage stark.