„Wo Österreich nicht draufsteht, ist Österreich auch nicht drin“

04.05.2022

Land schafft Leben: Herkunftskennzeichnung ist wichtiger Schritt in richtige Richtung, Kennzeichnungspflicht muss aber noch erheblich ausgebaut werden.

Die Herkunft von Fleisch, Milch und Eiern, die als primäre Zutat in verpackten verarbeiteten Lebensmitteln sowie in Gerichten der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung enthalten sind, muss künftig verpflichtend angegeben werden. Für den Verein Land schafft Leben stellt die heute im Ministerrat beschlossene Kennzeichnungspflicht einen richtigen und wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Herkunftskennzeichnung dar, sagt Vereinsobmann Hannes Royer:

„In der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung und auch bei verarbeiteten Produkten ist man einen ersten wichtigen Schritt in Richtung Transparenz gegangen, wenn es um die Herkunft tierischer Produkte geht. Speziell im Handel wird sich bei (Eigen-)Marken mit oft anonymen Rohstoffen zeigen, wer primäre Rohstoffe aus Österreich bezieht und sie auch hier verarbeitet. Wir schätzen diesen Schritt auf dem Weg zu einer umfassenden Herkunftskennzeichnung, jedoch ist bis zur klaren Transparenz für Konsumentinnen und Konsumenten noch einiges zu tun. Schließlich werden wir irgendwann zurückblicken und uns wundern, dass wir gar nicht gewusst haben, welche Produktionsbedingungen wir uns auf unsere Teller gelegt haben.“

Um die Transparenz weiter auszubauen, müsse die Kennzeichnungspflicht auch in der Gastronomie schnell umgesetzt werden, sagt Hannes Royer:

„In vielen Bereichen werden die Konsumentinnen und Konsumenten aber nach wie vor im Dunkeln gelassen. Woher kommen die Eier für den Kaiserschmarren und aus welcher Haltung stammen sie? Oder das Fleisch für das Wiener Schnitzel? Jeden Tag werden rund vier Millionen Portionen Essen außer Haus konsumiert. Konsumentinnen und Konsumenten wollen heute wissen, woher ihre Lebensmittel stammen, wie sie produziert oder wie die Tiere gehalten wurden – das hört nicht an der Türschwelle zum Gasthaus auf.“

Hat die EU-Kommission keine Einwände, soll die nationale Herkunftskennzeichnungspflicht mit 2023 in Kraft treten. Gleichzeitig arbeitet die Kommission selbst daran, die in der EU verpflichtenden Ursprungs- oder Herkunftsangaben für bestimmte Erzeugnisse zu erweitern. Dies soll sogar noch Ende dieses Jahres verkündet werden.

Öffentliche Gemeinschaftsverpflegung als notwendiger erster Schritt im Außer-Haus-Verzehr

Laut Branchenschätzungen stammen im Außer-Haus-Verzehr bis zu 5 % des Putenfleischs, bis zu 10 % des Hühnerfleischs, ca. 50 % des Rindfleischs und ca. 66 % des Schweinefleischs aus Österreich – der Rest wird importiert. Der Begriff „Außer-Haus-Verzehr“ umfasst die Gemeinschaftsverpflegung sowie die Gastronomie. Die neue Kennzeichnungspflicht bezieht sich auf Gemeinschaftsverpflegungseinrichtungen in öffentlicher Hand. Tagtäglich werden etwa 450.000 Personen in öffentlichen Kantinen verköstigt. Dazu sagt Hannes Royer:

„Wir haben im Außer-Haus-Verzehr unglaublich große Mengen an Lebensmitteln, die tagtäglich verarbeitet werden. Das betrifft uns alle: Unsere Kinder essen in der Schulkantine, Erwachsene in der Betriebskantine oder Studierende in Mensen. In Kantinen der öffentlichen Hand wird künftig mehr Transparenz wahrgenommen werden können. Jedoch kann das nur ein erster Schritt sein, dem zukünftig auch die private Gemeinschaftsverpflegung und in jedem Fall auch die Gastronomie folgen muss.“

Klarheit im Primärzutaten-Dschungel

Was als primäre Zutat gilt, kann entweder quantitativ oder qualitativ definiert werden. So handelt es sich dabei entweder um jene Zutat, die einen Anteil von 50 Prozent oder mehr an einem verarbeiteten Lebensmittel hat, oder um jene, die der Verbraucher oder die Verbraucherin üblicherweise mit der Bezeichnung des Lebensmittels assoziiert. Ein Lebensmittel kann eine (z. B. Milch im Käse), mehrere (z. B. Milch und Erdbeeren im Erdbeerjoghurt oder Fleisch und Käse in der Käsewurst) oder keine (z. B. Marmorkuchen) Primärzutat(en) haben.

In der öffentlichen Gemeinschaftsverpflegung muss die Herkunft solcher Primärzutaten künftig angegeben werden, wenn es sich dabei um Fleisch, Milch oder Eier handelt. Gleiches gilt für abgepackte verarbeitete Lebensmittel im Supermarkt. In beiden Fällen genügen die Angaben „EU“, „Nicht-EU“ oder „EU und nicht-EU“, wenn das Ursprungsland ein anderes als Österreich ist. Weiters kommt die Kennzeichnungspflicht nur für solche Produkte zur Anwendung, die in Österreich produziert wurden. Für im Ausland produzierte Produkte gibt es aus EU-wettbewerbsrechtlichen Gründen bislang noch keine Verpflichtung zur Herkunftskennzeichnung. Hannes Royer dazu:

„Bei der Herkunftskennzeichnung den Überblick zu bewahren, ist für die Konsumentinnen und Konsumenten kein Leichtes. Die neuen Bestimmungen bedeuten im Umkehrschluss aber vor allem eines: Wenn nicht explizit ‚Österreich‘ draufsteht, dann ist auch nicht Österreich drin.“