Österreichischer Weizen: viel Transport herein und hinaus

25.11.2019

Österreichs Bauern versorgen heimische Mühlen statistisch gesehen ausreichend mit Getreide für die Mehlproduktion. In der Praxis werden aber große Mengen Getreide sowohl ex- als auch importiert. Das trifft im besonderen Maße auch für Bio-Getreide zu, dessen Anbau im Zuge des Bio-Umstellungsbooms sprunghaft zugenommen hat.

Mehl, das dann zu Brot und Gebäck weiterverarbeitet wird, ist in Österreich Grundnahrungsmittel Nummer eins und das dafür notwendige Getreide fixer Bestandteil jeder Fruchtfolge unserer Ackerbauern. Der eher theoretische Selbstversorgungsgrad liegt bei erntebedingt starken jährlichen Schwankungen im langjährigen Schnitt bei +/- 100 Prozent. Theoretisch ist der Selbstversorgungrad deshalb, weil erhebliche Warenströme von Getreide unterschiedlicher Qualitäten die Grenzen Österreichs in beide Richtungen passieren. Der Schladminger Verein Land schafft Leben gibt erstmals einen ganzheitlichen Einblick in die heimische Mehlproduktion und stellt fest, dass die Herkunft des Getreides nicht immer nachvollziehbar ist. Hannes Royer, Obmann von Land schafft Leben, zieht nach der ausführlichen Recherche von der Aussaat des Getreides über die Vermahlung in der Mühle bis hin ins Supermarktregal folgende Schlüsse:

„Anders als bei Obst, Gemüse oder Frischfleisch erkennt man am Mehlpackerl oft nicht, woher das Getreide für das Mehl kommt, denn das Herkunftsland muss am Etikett nicht angegeben sein. Man hat keine andere Wahl, als sich auf freiwillige Angaben der Mühle zu verlassen. Woher das Getreide in verarbeiteten Lebensmitteln, zum Beispiel in unserem Brot oder unseren Semmeln stammt, bleibt in vielen Fällen unbekannt. In Summe weiß man meist nicht, wo österreichisches Getreide drinnen ist, und wo nicht.“ 
 

Getreideherkunft bleibt verschleiert

Branchenschätzungen zufolge werden 15 bis 20 Prozent des Getreides für unser Mehl und unser Gebäck aus dem Ausland importiert. Zugleich wird etwa die Hälfte des heimischen Brotweizens exportiert. Das hat erstens damit zu tun, dass Getreide aus deutschen Anbaugebieten zu Mühlen in den westlichen Bundesländern kürzere Transportwege hat und zweitens produziert die österreichische Landwirtschaft im internationalen Vergleich außergewöhnlich guten Weizen. Da Abnehmer im Ausland bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen, finden die besten Weizenkörner häufig den Weg nach Italien. Qualitativ schlechterer Weizen wird aus anderen Ländern importiert, damit genug im Land ist. Für welche Produkte der ausländische Weizen genau verwendet wird, kann in der offiziellen Statistik nicht nachverfolgt werden. Er wird entweder industriell zu Bioethanol oder Stärke verarbeitet, als Futtermittel verwendet oder landet in heimischen Mühlen und wird dort zu Mehl vermahlen.

Interessant ist, dass der Bio-Boom der letzten Jahre in der heimischen Landwirtschaft dazu führte, dass viel mehr Bio-Getreide erzeugt als nachgefragt wird. Deshalb wird ein großer Teil des Biogetreides ins Ausland abgesetzt oder gar unter konventionellem Label verkauft.
 

Vier Mühlen machen 55 Prozent des Mehls

Das Mehlgetreide Nummer 1 in Österreich ist Weizen – drei Viertel des Mehls wird aus Weizen gemacht, 12 Prozent aus Roggen und 3 Prozent aus Dinkel und anderen Getreidearten wie Emmer, Einkorn, Hafer oder Gerste. Dazu kommen 10 Prozent Hartweizen, der zu Gries verarbeitet das Ausgangsprodukt für die Nudelherstellung liefert. Grund für die Weizendominanz ist seine hervorragende Backeigenschaft. Weizen hat von allen Getreidearten die beste Eiweißzusammensetzung für lockere, voluminöse Gebäcke.

In Österreich gibt es 99 Mühlen. Die vier größten mahlen 55 Prozent des österreichischen Mehls, die 40 kleinsten produzieren nicht einmal ein Prozent des Mehls. Bevor das Getreide zu Mehl vermahlen werden kann, werden mehrstufige Reinigungsprozesse durchgeführt, damit das Getreide frei von Unkrautsamen, Stroh oder schadhaften Körnern ist. In den größeren Mühlen kommt dabei ein Scanner zum Einsatz, der optisch jedes einzelne Korn ebenso erfasst wie unerwünschte oder gar giftige Kontaminationen, wie das einst gefürchtete Mutterkorn, und diese aussortiert.

  „Österreich hat als relativ kleines Land noch eigene Getreidezuchtunternehmen, die heimische Sorten züchten. Der Vorteil daran ist, dass sie für die Bedingungen in unseren Hauptanbaugebieten gezüchtet werden. Änderungen der Niederschlagshäufigkeit und -intensität, wie sie dem Klimawandel geschuldet sind, heißen für die Züchtung aber auch, dass eine möglichst große Vielfalt der Sorten gewährleistet wird. So sind etwa nicht weniger als 285 Getreidesorten in der österreichischen Sortenliste zugelassen.“, fasst Hannes Royer eine Besonderheit der österreichischen Getreideproduktion zusammen.
 

Links:

Pressebilder: www.landschafftleben.at/service-aktuelles/meldungen/pressebereich/pressebilder  

Videoreihe über Mehl: www.landschafftleben.at/lebensmittel/mehl/videos

Alles über Mehl aus Österreich: www.landschafftleben.at/lebensmittel/mehl

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Kurzinfo Land schafft Leben

Land schafft Leben ist österreichischen Lebensmitteln auf der Spur. Der unabhängige und unpolitische Verein wurde 2014 in Schladming von Bergbauer Hannes Royer gemeinsam mit seinen langjährigen Weggefährten Maria Fanninger und Mario Hütter gegründet und verfolgt das Ziel, Bewusstsein für in Österreich produzierte Lebensmittel zu schaffen. Land schafft Leben steht Konsumenten und Medienvertretern mit umfassenden Informationen und als erster Ansprechpartner rund um österreichische Lebensmittel zur Verfügung. Über die aufklärende Webseite www.landschafftleben.at, Facebook, WhatsApp, YouTube, Newsletter, Blog, durch Vorträge sowie Medien- und Pressekooperationen bekommen Konsumenten realistische Bilder und objektive Informationen rund um die Produktion heimischer Lebensmittel und deren Wirkung auf unseren Körper. Land schafft Leben greift auf umfangreiches Wissen von Experten aus Landwirtschaft, Wissenschaft und Forschung zurück und zeigt transparent und ohne zu werten den Weg vom Bauern über die Verarbeitung bis hin zum fertigen Produkt. Das 14-köpfige Team gibt hilfreiche Tipps, beleuchtet die österreichischen Lebensmittel auch in Bezug auf Gesundheit und Ernährung und thematisiert zusätzlich brisante Aspekte wie beispielsweise Lebensmittelkennzeichnung, Gentechnik oder Glyphosat. Land schafft Leben wird unterstützt von 59 Förderern, darunter Verarbeiter, Erzeugergemeinschaften und Vertreter des Lebensmittelhandels, sowie von privaten Spendern und gemeinnützig engagierten Personen.

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