Game Changer Wolf

12.08.2022

Die steigende Wolfspopulation bedroht das Weidevieh der heimischen Bäuerinnen und Bauern. Doch der Wolf ist nicht nur eine Herausforderung für die Landwirtschaft, sondern hat auch Einfluss darauf, wie wir alle den ländlichen Erholungsraum künftig nutzen werden. Das österreichische Wolfsmanagement ist damit ein gesamtgesellschaftliches Anliegen.

Wie sollen wir in Österreich mit dem Thema Wolf umgehen? Gute 150 Jahre musste diese Frage nicht gestellt werden, schließlich gab es den Wolf in Österreich lange Zeit nicht mehr. Nun ist er zurück und stellt nicht nur Bäuerinnen und Bauern vor große Herausforderungen. In der neuen Folge von Wer nichts weiß, muss alles essen, dem Podcast des Vereins Land schafft Leben, spricht Vereins-Obmann und Bio-Bergbauer Hannes Royer mit dem WWF-Artenschutzbeauftragten Christian Pichler und dem Professor für Wildtierbiologie und Jagdwirtschaft an der BOKU Wien sowie Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Wildtier Stiftung Klaus Hackländer über den Status Quo beim Thema Wolf.

Der gesellschaftliche Diskurs dreht sich schnell um die Frage nach Abschuss oder Nicht-Abschuss des Wolfes. Im Podcast stellen die Gesprächspartner klar: Hier gibt es mit der sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) der Europäischen Union einen klaren Rechtsrahmen. Demzufolge darf der Wolf in Österreich grundsätzlich nicht bejagt werden. Lediglich im Einzelfall dürfen „Problemwölfe“ abgeschossen werden, etwa wenn sie durch Risse einen großen wirtschaftlichen Schaden verursachen oder die öffentliche Sicherheit gefährden. Erst, wenn im heimischen Alpenraum 39 Wolfsrudel leben, ist der sogenannte günstige Erhaltungszustand des Wolfes erreicht. Dann ist eine Entnahme aus juristischer Perspektive einfacher, als es derzeit der Fall ist. Hannes Royer, Obmann des Vereins Land schafft Leben und selbst Bergbauer, sagt dazu:

„Als Bergbauer, der seine Tiere über den Sommer selbst auf der Alm hat, nehme ich den Wolf natürlich als große Bedrohung wahr, und zwar nicht nur für meine Kalbinnen, sondern auch für die Almwirtschaft selbst. Doch – und so ehrlich muss man sein – abseits der verständlicherweise emotionsgeladenen Diskussion gibt es einen Rechtsrahmen, der die Frage nach dem Umgang mit dem Wolf herausfordernder macht, als es oft den Anschein hat.“

Wie viele Wölfe sich aktuell in Österreich aufhalten, ist nicht bekannt, da es kein aktives Monitoring gibt. Klar ist jedoch: Von 39 Rudeln ist die Wolfspopulation in Österreichs Alpen noch weit entfernt. Fest steht aber auch, dass die Anzahl an Wölfen steigt. Das liegt aber nicht nur daran, dass sich die Wölfe in Österreich vermehren. Die Tiere legen oft mehrere hundert Kilometer zurück und kommen Großteils aus den umliegenden Ländern nach Österreich. Im italienischen Friaul etwa gibt es aktuell sechs Rudel, in Slowenien 14, im Trentino sind es sogar 26. Christian Pichler erklärt: „Ein Teil dieser Wölfe wandert nach Österreich ab. Es ist also eine Illusion zu glauben, wir schaffen es, jeden Wolf zu schießen – selbst, wenn es die rechtlichen Möglichkeiten dazu gäbe.“

Keine Almen ohne Almwirtschaft  

Unmittelbar von der steigenden Wolfspopulation betroffen sind die heimischen Bäuerinnen und Bauern, die ihre Schafe, Ziegen und Rinder auf der Weide oder Alm halten. Der Wolf macht ein Problem sichtbar, das kein neues ist: Die Almen zu bewirtschaften und die Tiere dort zu betreuen wird immer schwieriger, denn es fehlt an Geld und Arbeitskräften. Daher treiben immer weniger Bäuerinnen und Bauern ihr Vieh auf.   

Das hat mitunter weitreichende Folgen: „Der Wolf ist ein echter Game Changer. Der ändert nicht nur, wie viele Nutztiere wir in zehn Jahren auf der Alm stehen haben werden, sondern auch, wie unsere Landschaft aussehen wird“, erklärt Klaus Hackländer. Denn wenn etwa Almen nicht mehr bewirtschaftet werden, weil der Wolf eine zu große Bedrohung für die Tiere darstellt, verwalden diese über die Jahre und verschwinden. Wandern, Mountainbiken, Tourengehen: Für diese und viele weitere Freizeitaktivitäten stehen die einst bewirtschafteten Flächen dann nicht mehr zur Verfügung. Damit geht auch ein wichtiger Tourismusfaktor verloren.

Zum Podcast

Nachdem in dieser ersten Podcastfolge der mehrteiligen Reihe zum Thema Wolf ein Überblick über die gesetzliche Lage und die Herausforderungen gegeben wird, die uns der Wolf bringt, beschäftigen sich weitere Folgen unter anderem mit dem Thema Herdenschutz und möglichen Lösungsansätzen. Die zweite Folge erscheint am Donnerstag, den 18. August.  

 

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