Fleischskandal zeigt Dringlichkeit der Herkunftskennzeichnungspflicht
29.08.2023
Herkunft und Produktion unserer Lebensmittel machen den Unterschied: Land schafft Leben fordert Herkunftskennzeichnung bis auf jeden Teller.
Der Skandal um das polnische Hühnerfleisch hat die Diskussion um die Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln in der Gastronomie neu entfacht. Denn wo ein Lebensmittel herkommt und vor allem, wie es dort produziert wird, hat einen großen Einfluss auf die Qualität des Endproduktes. Mehr Platz pro Tier, kleinere Herden, ein eigener Geflügel-Gesundheitsdienst, Kontrollen durch den Betriebstierarzt: All diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Standards in der österreichischen Hühnerfleischproduktion – und jener vieler anderer Lebensmittel – noch einmal deutlich höher sind, als es die EU-Mindeststandards erfordern. Auch auf die Lebensmittelsicherheit haben diese Faktoren eine Auswirkung.
Damit sich die Konsumentinnen und Konsumenten aktiv für die hohen österreichischen Standards entscheiden können, müssen sie jedoch auch wissen, wo ein Lebensmittel herkommt. Der Verein Land schafft Leben fordert daher bereits seit Anbeginn eine durchgängige Herkunftskennzeichnung bis auf jeden einzelnen österreichischen Teller – auch in der Gastronomie. Vereins-Gründerin Maria Fanninger betont, wie wichtig eine solche sei:
„Dass die Produktionsbedingungen von Hühnerfleisch in Österreich höher sind als in den allermeisten anderen Ländern, ist eine Tatsache. Fakt ist aber auch, dass wir in großem Stil billiges Hühnerfleisch importieren, das nicht einmal unsere eigenen gesetzlichen Anforderungen erfüllt – und damit Einbußen bei der Tiergesundheit, beim Kontrollwesen, bei den Haltungsbedingungen und der Klimaeffizienz in Kauf nehmen. Wenn dieses Fleisch dann aber auch noch ein gesundheitliches Risiko darstellt, ist es völlig unverantwortlich, die Konsumentinnen und Konsumenten weiterhin im Dunkeln darüber zu lassen, was sie eigentlich auf ihren Tellern liegen haben.“
Kein Hindernis für die Gastronomie
Seitens der Wirtschaftskammer wird immer wieder das Argument vorgebracht, dass der bürokratische Aufwand einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung zu groß sei; außerdem würden in Österreich nicht genügend Lebensmittel hergestellt, um die Gastronomie vollständig versorgen zu können. Land schafft Leben-Obmann Hannes Royer sagt dazu:
„Länder wie die Schweiz zeigen vor, wie problemlos die Herkunftskennzeichnung funktionieren kann. Dort wird die Gastronomie aber auch von ihrer Interessensvertretung unterstützt und nicht wie bei uns blockiert. Die Kennzeichnungspflicht bedeutet außerdem nicht, dass keine Lebensmittel aus anderen Ländern mehr verkocht werden dürfen – man muss eben nur auf die Karte schreiben, woher sie kommen. Wenn man dort dann liest „Hühnerfleisch aus Polen“, wird sich der eine oder andere vermutlich überlegen, ob er das wirklich möchte. Das ist in Anbetracht der jüngsten Ereignisse meiner Meinung nach aber alles andere als ein Nachteil.“
Hoher Anteil an importiertem Hühnerfleisch in der Gastronomie
Obwohl sich Österreich fast zu 90 Prozent selbst mit Hühnerfleisch versorgen könnte, wurde 2021 knapp die Hälfte des Bedarfs aus anderen Ländern importiert – unter anderem aus Deutschland, Ungarn und Polen. Gleichzeitig wurde fast dieselbe Menge exportiert, wobei Re-Exporte hier eingeschlossen sind. Dennoch tauschen wir einen Teil unseres eigenen, hochwertigen Hühnerfleisches gegen solches aus anderen Ländern aus, wo wir keinen Einfluss auf die Produktionsbedingungen haben.
Das importierte Hühnerfleisch landet größtenteils in der Gastronomie. Gegenüber dem heimischen Fleisch hat es einen entscheidenden Vorteil: den Preis. Auf dem internationalen Markt bezahlt man für österreichisches Hühnerfleisch fast doppelt so viel wie für polnisches, das durch die geringeren Standards deutlich günstiger produziert werden kann.
Zu diesen Tiergesundheits-Standards zählt zum Beispiel die Besatzdichte, also der Platz, der jedem Tier zur Verfügung steht. Dieser ist in konventionellen österreichischen Hühnerställen auf 30 Kilogramm pro Quadratmeter beschränkt. Damit ist die österreichische Tierhaltungsverordnung in diesem Punkt die EU-weit strengste, denn die EU-Mindestvorschrift erlaubt bis zu 33 Kilogramm pro Quadratmeter. Ausnahmeregelungen erlauben sogar bis zu 42 Kilogramm. Während also EU-weit zwischen 15 und 20 Hühner pro Quadratmeter gehalten werden dürfen, entspricht die österreichische Beschränkung etwa 14 Hühnern, nimmt man das durchschnittliche Lebendgewicht eines Masthuhns zum Schlachtzeitpunkt.