Am 1. März ist Tag des Schweins: Haltungsbedingungen spiegeln Konsumverhalten wider
01.03.2022
Der Ruf nach mehr Tierwohl wird in der Gesellschaft immer lauter, der Griff ins Regal verändert sich aber noch kaum. Der Verein Land schafft Leben gibt am Tag des Schweins eine Momentaufnahme über Konsumgewohnheiten und Haltungsbedingungen. Rund 97 Prozent der Schweine werden konventionell gehalten, zwei Prozent davon in Tierwohlprogrammen, drei Prozent der Schweine leben in biologischer Haltung.
Ausgenommen Brot und Gebäck verkauft der heimische Lebensmitteleinzelhandel kein anderes Frischeprodukt in derart großen Mengen wie Schweinefleisch. In Österreich wird davon mehr als in jedem anderen EU-Land gegessen: Pro Kopf und Jahr bringen wir es auf durchschnittlich 35,4 Kilogramm. Schweinefleisch muss dabei vor allem eines sein: günstig.
„Der klassische Schweinefleischkonsument ist sehr preissensibel und lässt sich gerne durch ein günstiges Schnitzel ins Lokal oder durch rabattiertes Fleisch ins Geschäft locken. Ein Umstand, der vom Lebensmittelhandel genutzt wird – und durch die ständigen Vergünstigungen dazu führt, dass Konsumentinnen und Konsumenten der Normalpreis für Schweinefleisch bereits zu teuer erscheint. Für höhere Produktionsstandards mit mehr Tierwohl bleibt dann kaum Spielraum“, erklärt Hannes Royer, Obmann des Vereins Land schafft Leben.
Solange Konsumentinnen und Konsumenten Schweinefleisch und Wurstwaren zum billigsten Preis kaufen wollen, wird sich die Entwicklung zu einer hochwertigeren Produktion, die auch gesellschaftlich relevante Faktoren wie Ökologie oder Tierwohl miteinschließt, weiterhin nur langsam vollziehen. Der Handel listet schließlich nur jene Produkte, die auch gekauft werden – und beim Schweinefleisch ist das noch kaum jene Ware, die etwa unter verbesserten Haltungsbedingungen produziert wurde. „Erstaunlicherweise“, sagt Royer, „denn sobald wir den Supermarkt verlassen haben, fordern wir plötzlich wieder laut eine artgerechtere Haltung unserer Nutztiere mit mehr Platz, Stroh und Auslauf. Dabei haben wir bei jedem Einkauf selbst die Möglichkeit, etwas zu verändern – mit jedem Griff ins Regal erteilen wir schließlich auch einen Auftrag an die entsprechende Produktion.“
Wie leben Österreichs Schweine?
Sowohl das Tierwohl- als auch das Bio-Segment haben nur einen geringen Marktanteil: Knapp drei Prozent des Schweinefleisches werden biologisch produziert, der Anteil von Tierwohl-Linien der konventionellen Produktion wird auf etwa zwei Prozent geschätzt. Die restliche Produktion bewegt sich wie in den meisten europäischen Ländern auf dem EU-Mindeststandard. Das bedeutet: Ein Großteil der Schweine – Expertenschätzungen gehen hierzulande von etwa 80 Prozent aus – wird auf Vollspaltenböden ohne Einstreu und Auslauf gehalten. Typische Verhaltensweisen wie Wühlen können die Schweine in einem solchen Haltungssystem nicht ausleben. Gleichzeitig ist es laut Branchenaussagen das effizienteste System, um möglichst günstiges Schweinefleisch zu produzieren, das derzeit am meisten von Gastronomie und Konsumentinnen sowie Konsumenten im Handel nachgefragt wird.
In der biologischen Schweinehaltung darf der Anteil von Spaltenböden an der Gesamtfläche maximal 50 Prozent ausmachen. Zusätzlich müssen die Schweine Zugang zu einem befestigten Auslauf haben, ein Weidezugang ist allerdings nicht vorgeschrieben. Bio-Schweine haben in Österreich außerdem mehr Platz: Während die gesetzlich vorgeschriebene Mindestfläche für ein konventionell gehaltenes Mastschwein bis zu einem Gewicht von 110 Kilo bei 0,7 Quadratmetern liegt, müssen einem Bioschwein in dieser Gewichtsklasse 1,3 Quadratmeter Stallfläche und ein Quadratmeter Auslauf zur Verfügung stehen.
Schweinebranche: Wie kann es weitergehen?
Auch wenn die Situation der Schweinebranche aufgrund des hohen Preisdruckes festgefahren scheint, gibt es innovative Konzepte und neue Stallsysteme, die Tierwohl einen höheren Stellenwert geben. Einer, der sich damit intensiv beschäftigt, ist Eduard Zentner, Leiter der Abteilung Tierhaltungssysteme, Technik und Emissionen an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Im Podcast „Wer nichts weiß, muss alles essen“ des Vereins Land schafft Leben spricht er mit Vereinsobmann Hannes Royer darüber, wie Forschung, Landwirtschaft und Gesellschaft zusammenarbeiten müssen, um die heimische Schweinewirtschaft zukunftsfähig zu machen – und damit nicht zuletzt auch die Versorgung durch die heimische Landwirtschaft zu sichern. Bestrebungen, die Schweinehaltung neu zu denken, gibt es auch seitens der Landwirtschaft. Wie diese aussehen, erklärt Schweinebauer Thomas Reisecker in Episode 63 des Podcasts.
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