Eine Woche Alm und zurück: Von Tiroler Grauvieh und Steirerkas

13.08.2021 / Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion, Lebensraum & Nachhaltigkeit

Die Land schafft Leben Redakteurinnen Laura und Luisa haben eine Woche auf der Tuchmoaralm im steirischen Sölktal verbracht. Beim Stall Ausmisten und Steirerkas Herstellen haben die beiden ihre Liebe für zehn Tiroler Grauvieh Kühe entdeckt. Lies rein in ihren zweiteiligen Blog und erfahre, was sie auf der Alm erlebt haben und welche Bedeutung diese eigentlich für uns alle hat. 

Als um 5 Uhr der Wecker klingelt, ist es in der Schlafhütte noch stockfinster. Mit der Handy-Taschenlampe ausgerüstet ziehen wir uns das Stall-Gewand an und versuchen, nicht über die Treppe hinunter zu stolpern. Um 5:15 Uhr stapfen wir zum Stall, ziehen die Gummistiefel an und holen unsere Holzstöcke. Es ist Anfang August, hat etwa fünf Grad und nieselt. Die Nebelschwaden verdecken uns noch die Sicht auf den imposanten Gipfel des Gjoadeck. Wir starten los, unserer morgendlichen Challenge entgegen: Die Kühe holen. Jeden Abend nach dem Melken spazieren die zehn Tiroler Grauviehdamen taleinwärts und suchen sich den passenden Platz für die Nacht. Unsere Aufgabe ist es, sie dort einzusammeln und zum Stall zu bringen. Das kann eine halbe Stunde dauern. Es kann aber auch – wenn sie sich so wie an diesem Morgen besonders gut verteilen und zudem durch ihre graue Fellfarbe leicht mit einem Stein zu verwechseln sind – zwei Stunden dauern.

Acht der Kühe grasen zufrieden inmitten eines Lärchenwaldes in einer Talsenke, von zwei Kühen fehlt jede Spur. Wir kämpfen uns durch ein Dickicht an Farnen den steilen Hang hinunter zu ihnen. Der Boden ist vom vielen Regen schon ganz aufgeweicht und matschig und macht unser Vorhaben umso schwieriger. Die silbergrauen Tiere mit ihren hübschen schwarzen Köpfen und geschwungenen Hörnern bleiben in aller Ruhe stehen und grasen weiter, völlig unbeeindruckt von unserer Ankunft. In der diesigen Morgendämmerung ist es keine leichte Aufgabe, die zwei fehlenden ausfindig zu machen. Früher oder später würden sie sich sowieso von selbst in Richtung Stall zum Melken bewegen, für die morgendliche Almroutine ist das aber zu spät. Nachdem wir schließlich alle eingesammelt haben, sind wir klatschnass und erschöpft. Doch jetzt beginnt erst die eigentliche Arbeit: das Melken.

Bei jeder Kuh muss zuerst mit der Hand probiert werden, ob aus den Zitzen Milch kommt und diese keine Auffälligkeiten zeigt. Für Stall-Unerfahrene wie uns anfangs gar nicht so einfach, wie es vielleicht klingen mag. Ist man erfolgreich, wird die Melkmaschine angehängt. Ganz wichtig ist dabei die richtige Melk-Reihenfolge der Kühe. Diese wird jeden Tag strikt eingehalten – Laeticia kann schließlich nicht vor Edelweiss gemolken werden. Das hängt mit der Gesundheit des Euters zusammen, so werden in der Regel die jüngeren Kühe vor den älteren gemolken. Auch den Stall zu machen zählt zu unseren Aufgaben: Wir schaufeln Kuhfladen weg, kehren und füllen frisches Heu in die Futtertröge. Parallel dazu trennt eine Zentrifuge bereits im Stall die frische Milch in Magermlich und Rahm. Der Rahm wird für die Butterprodukton verwendet, die Magermilch für den Steirerkas.

 

Um letzteren herzustellen, setzen wir gemeinsam mit der Sennerin Viktoria die Magermilch für 24 Stunden mit speziellen Kulturen an. Ganz traditionell – und richtig kitschig anzusehen – wird die saure Milch jeden Morgen in einem Kupferkessel über dem offenen Feuer aufgekocht. Dadurch trennt sich die Molke vom Käse und wird nach und nach abgeschöpft, bis die passende Konsistenz erreicht ist. Die flockige Käsemasse leeren wir in eine mit einem Leinentuch ausgelegte Schottwiege, um die restliche Flüssigkeit herausrauszubekommen. Den übrig gebliebenen festen und noch relativ geschmacklosen Klotz zerbröseln wir und fügen Salz und Pfeffer hinzu. Das Ganze sieht nun schon mehr nach dem fein bröseligen Steirerkas aus, nur fehlt noch die typische gräuliche Färbung und natürlich der Geschmack. Dafür wird die Masse mit einer handvoll fertigem Steirerkas vermischt, damit die richtige Schimmelkultur entstehen kann. Wir füllen die weißen Brösel in eine mit Salz eingeriebene, runde Holzform. Nach einem Tag wird der mittlerweile stabile Klotz herausgestürzt und muss nun für mindestens zwei Wochen reifen, um den unverkennbar intensiven Geschmack und die gräuliche Farbe zu erhalten.

Für uns, eine Niederösterreicherin und eine Vorarlbergerin, war es am Anfang noch unvorstellbar, ein Butterbrot mit Steirerkas zum Frühstück zu essen. Jeder, der den würzigen Graukäse kennt, weiß, wovon wir reden. Der Geschmack ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Wer aber um fünf Uhr in der Früh aufsteht und zur Frühstückszeit schon einige Stunden Arbeit auf der Alm hinter sich hat, probiert dann doch einmal ein Stück. Und tatsächlich – er schmeckt auch uns richtig gut. :)

Im nächsten Teil des Blogs erfährst du, was Laura und Luisa sonst noch alles erlebt haben. Außerdem haben wir uns erkundigt, wie man sich als Wanderer auf einer Alm am besten verhält.

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