Eine Woche Alm und zurück: Wie verhalte ich mich richtig?

20.08.2021 / Landwirtschaft & Lebensmittelproduktion, Lebensraum & Nachhaltigkeit

Gegenseitiger Respekt und ein rücksichtsvoller Umgang mit der Natur und den Tieren: Wie wichtig das für den Lebensraum Alm ist, haben die Land schafft Leben Redakteurinnen Laura und Luisa während ihrem Praktikum auf der Tuchmoaralm im steirischen Sölktal erfahren. Was mache ich, wenn eine Kuh auf mich zuläuft und wie verhalte ich mich, wenn ich einen Hund auf der Alm dabeihabe? Der steirische Alminspektor Franz Bergler liefert dazu Antworten.  

Lies rein in den ersten Teil ihrer Blogreihe über die Alm: Von Tiroler Grauvieh und Steirerkas!

„Glücka!“ „Segna!“ Nach gut einer Stunde Wanderung durch das Sölktal erreichen wir die Anhöhe, wo wir den Aufenthaltsort des Jungviehs vermuten. Karl, unser Begleiter und Landwirt auf der Alm, lässt sich vom eintretenden Regen nicht beirren und ruft die Namen seiner Rinder – Glück und Segen hat er die Kuh-Zwillinge genannt. Die Suche wird uns durch die nebelige Sicht und die graue Fellfarbe des Tiroler Grauviehs zusätzlich erschwert. Ein- bis zweimal die Woche nimmt Karl den steilen und unbefestigten Weg auf sich, um zu überprüfen, ob seine Kalbinnen und Ochsen auf der Alm gesund und munter sind. Als Ochsen werden männliche kastrierte Rinder bezeichnet; unter Kalbinnen versteht man junge weibliche Rinder, die noch kein Kalb bekommen haben. Da diese nicht gemolken werden, können sie den ganzen Sommer über auf abgelegenen Weideflächen verbringen, viel weiter entfernt vom heimischen Stall als die Milchkühe. Solche Flächen sind normalerweise durch Zäune abgegrenzt, oft verlaufen aber auch Wanderwege durch. 

Karl erklärt uns, wie wir an den Wiesen erkennen können, wann die Kühe hier gegrast haben und zeigt uns, wie dort schon neues Gras nachsprießt. Ein frisch aussehender Kuhfladen am Wegrand deutet darauf hin, dass die Tiere nicht allzu weit weg von uns sein können. Gerade als wir losstapfen wollen in Richtung des Fichtenwaldes, hören wir das Geräusch einer Kuhglocke – ein gutes Zeichen. Als die Rinder uns erblicken, kommen sie mit Begeisterung auf uns zugelaufen. Vielleicht denken sie sich schon, dass wir Salz zum Lecken für sie dabeihaben. Salz ist nicht nur lebensnotwendig für sie, sondern schmeckt ihnen schlicht und einfach auch sehr gut. Die silbergrauen Tiere mit ihren geschwungenen Hörnern und schwarzen Köpfen sehen beeindruckend aus, als sie auf uns zulaufen – und mit einem Mal verstehen wir, wieso sie auf Wanderer furchterregend wirken können.

Wir sind froh, dass Karl, der Besitzer der Rinder, bei uns ist und weiß, wie wir uns richtig verhalten sollen. Er erklärt uns, dass es Sinn macht, immer einen Wanderstock dabei zu haben, damit man im Notfall die Tiere wegtreiben kann. Im Gegensatz zu uns ist man aber als Wanderer schließlich meistens ohne den Landwirt oder die Landwirtin unterwegs, und kann sich so schon einmal von einer Kuhherde bedroht fühlen. Das ist aber gar nicht nötig – wenn man ihr mit dem richtigen Respekt und Vorsicht begegnet.

Der steirische Alminspektor Franz Bergler beantwortet uns die wichtigsten Fragen rund um Verhaltensregeln auf der Alm.

LSL: Was macht man, wenn eine Kuh auf einen zukommt? 

FB: In erster Linie auf alle Fälle der Kuh laut zurufen. Rinder sehen vorne schlecht, da ihre Augen ja seitlich ausgerichtet sind. Das hat übrigens einen wichtigen Grund: Damit sehen sie Beutegreifer besser, die für sie eine Gefahr darstellen, weil diese ihre Kälber fressen wollen. Zweitens: Nie davonlaufen oder den Tieren den Rücken zudrehen. Das wäre die Einladung zum Spiel, also zum Mitlaufen. Drittens: Sich mit Handbewegungen bemerkbar machen und sich dann langsam rückwärts von dem Tier entfernen. Wenn das Tier weiterhin auf die Person zugeht, das Tier verscheuchen. Die Weidetiere sind es ja gewöhnt, dass sie von den Bäuerinnen und Bauern Salz oder Lockfutter bekommen und gehen deshalb oft auf Menschen zu. 

LSL: Was gilt es zu beachten, wenn man einen Hund auf der Alm dabeihat? 

FB: Nur ein ausgebildeter Hundeführer sollte seinen Hund mit auf die Alm nehmen. Schoß-Hunde gehören nicht auf die Alm. Diese Hunde kennen in der Regel kein Fluchtverhalten, das heißt, dass sie den Befehl „voraus“ nicht kennen. „Voraus“ ist der Befehl für einen Hund, vom Tierhalter wegzulaufen, er wir also vorausgeschickt. Wenn der Hund von der Herde wegläuft, ist die Gefahrenquelle für die Weide-Tiere beendet und die Herde wird den Hund und somit auch den Hundeführer in Ruhe lassen.

LSL: Welche weiteren wichtigen Verhaltensregeln gibt es?

FB: Keine eingezäunten Weideflächen betreten. Weidekoppeln umgehen. Auf keinen Fall Tiere streicheln, die Alm ist kein Streichelzoo. Außerdem sollte man keine Bilder mit Kindern oder anderen Personen mit den Tieren machen, denn Rinder sehen wie gesagt schlecht. Liegende Rinder tun dies in der Regel, weil sie gerade wiederkäuen – dabei sollte man sie in Ruhe lassen und auf keinen Fall auf sie zugehen. Ein Weidetor ist eine wichtige Einrichtung, man sollte es auf jeden Fall immer schließen und die Haltegriffe in die vorgesehene Halterung geben. Die Haltegriffe bei E-Zäunen sind isoliert, das heißt, da ist kein Strom drinnen. Viele Leute machen den Zaun auf und werfen aus Angst vor Strom den Griff auf den Boden. Damit ist der Zaun unterbunden, das heißt, es fließt kein Strom mehr, und die Tiere können verschwinden, was nicht nur eine Suchaktion auslöst, sondern auch dazu führt, dass die Tiere auf Flächen kommen, wo sie nicht sein sollen oder dürfen. Dazu ist der Weidezaun schließlich da!

 

LSL: Wie sieht es mit Biomüll aus – kann man Apfelreste und Bananenschalen liegen lassen?

FB: Kein Müll, auch kein Biomüll hat auf der Alm etwas verloren. Wanderer sollten ihr Zeug, das sie mit auf die Alm nehmen, wieder mit nach Hause nehmen.

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